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Union und SPD kritisieren BahnRegierungsfraktionen für günstige Familienreservierung

Der Unmut über die Bahn-Pläne zum Ende günstiger Reservierungen für Familien wächst auch in den Regierungsparteien. Die Union warnt vor Imageverlust.

Noch fährt der Nachwuchs umsonst mit Foto: imago

Berlin dpa/afp | In der Regierungskoalition von Union und SPD wächst die Kritik an der Deutschen Bahn wegen der geplanten Abschaffung der günstigeren Sitzplatzreservierung für Familien. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, sagte der „Bild“-Zeitung, „mit der Abschaffung der Familienreservierung riskiert die Bahn leichtfertig einen weiteren Imageverlust“.

Die Maßnahme treffe ausgerechnet diejenigen, die auf bezahlbare Mobilität angewiesen seien und auf Sitzplatzreservierungen nicht verzichten könnten. „Bahnreisen muss familienfreundlich sein“, sagte Bilger. „Wer mehr Menschen für die Bahn begeistern will, muss familienfreundliche Angebote stärken, nicht streichen.“

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Ich hoffe, dass es noch ein Umdenken gibt. Die Bahn ist nicht so attraktiv, dass man sich solche Preissprünge einfach mal leisten kann.“

Die bundeseigene Bahn will ungeachtet wachsender Kritik an der Neuregelung festhalten. „Die Familienreservierung werden wir ab dem 15. Juni nicht mehr anbieten“, hatte eine Konzernsprecherin bekräftigt. Es bleibe jedoch dabei, dass Kinder und Jugendliche bis einschließlich 14 Jahren in Begleitung kostenfrei reisen. Der Konzern hatte im vergangenen Jahr 1,8 Milliarden Euro Verlust eingefahren.

Hin- und Rückweg 44 Euro teurer

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Familienreservierung von diesem Sonntag an wegfällt. Zusätzlich steigt der Preis für eine Reservierung in der zweiten Klasse um 30 Cent und liegt dann bei 5,50 Euro. In der ersten Klasse kostet der feste Platz dann 6,90 Euro statt 6,50 Euro.

Für Familien wird das Bahnfahren mit reservierten Plätzen dadurch deutlich teurer. Anstelle der 10,40 Euro für eine Familienreservierung in der zweiten Klasse sind es mit zwei Kindern künftig 22 Euro. Für Hin- und Rückweg kommen 44 Euro zusammen.

Ein fester Sitzplatz in der zweiten Klasse in Fernverkehrszügen kostet ab Sonntag 5,50 Euro statt wie bisher 5,20 Euro. In der ersten Klasse steigt der Preis für eine Sitzplatzreservierung von bisher 6,50 auf 6,90 Euro. Bei Flexpreistickets in der ersten Klasse ist die Sitzplatzreservierung weiterhin inklusive.

Trotz der Kritik aus den eigenen Reihen will die Bundesregierung nicht eingreifen. Der Bund als Eigentümer der Bahn sieht das geplante Aus für die Familienreservierung in den Fernzügen als unternehmerische Entscheidung, lässt aber auch Zweifel daran erkennen. Die Entscheidung falle ins operative Geschäft der Bahn, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Berlin. „Gleichwohl kann man wohl hinterfragen, ob es aktuell das richtige Signal ist.“ Dennoch bleibe es Aufgabe der Bahn, ihre Tarifpolitik selbst zu gestalten.

Weitere Änderungen bei der Bahn

Bei Flexpreistickets gilt anders als bei Sparpreisen keine Zugbindung. Reisende können am Reisetag eine Verbindung ihrer Wahl nehmen. An „ausgewählten, nachfrageschwächeren Reisetagen“ sind die Tickets laut DB im zweiten Halbjahr bis zu 20 Prozent günstiger zu haben.

Bis zum 31. Juli läuft zudem noch eine Rabattaktion für Frühbucher: Wer ein Flexpreisticket für eine Fahrt bis Mitte Dezember mehr als vier Wochen vor Abfahrt bucht, bekommt 20 Prozent Rabatt im Vergleich zu einer Buchung am Tag der Abfahrt.

Die Rückgabe von Flexpreistickets ist künftig wieder bis einen Tag vor dem ersten Geltungstag kostenfrei. Die Bahn hatte dies Ende 2024 geändert: Mit dem Fahrplanwechsel wurde damals für die Stornierung eines Flex-Tickets nach dem achten Tag vor Reiseantritt eine Gebühr von zehn Euro eingeführt. Die Stornobedingungen werden laut DB auf vielfachen Kundenwunsch wieder dauerhaft zurückgedreht.

Fahrscheine für kurze Strecken mit einer Distanz von um die 100 Kilometer gibt es ab 6,99 Euro. Bisher kosteten sie ohne Bahncard oder andere Rabatte mindestens 9,99 Euro. Neuerdings können diese Tickets gegen Aufpreis auch mit einem Nahverkehrs- oder City-Ticket für die An- oder Weiterreise kombiniert werden.

Bahncard50 nicht mehr lange für Jüngere reduziert

Bis zum 28. Juni 2025 gibt es für Pendelnde im Fernverkehr 25 Prozent Rabatt auf die persönliche Monatskarte ohne Abo. Die Rabattaktion läuft bis September und gilt für die erste und zweite Klasse.

Für unter 27-Jährige ist die Bahncard50 noch bis zum 13. Dezember preisreduziert erhältlich. Das Angebot für jüngere Menschen kostet regulär 79,90 Euro im Jahr, in den kommenden Monaten sind es 49,99 Euro. Wer bereits eine Bahncard50 hat, erhält die Folgekarte automatisch zum reduzierten Preis, wenn die Vertragsverlängerung in den Aktionszeitraum fällt. Inhaber einer Bahncard50 erhalten 50 Prozent Abschlag auf Flexpreistickets und 25 Prozent auf Sparpreise.

Auf einer Reihe von Strecken baut die Bahn ihr Angebot aus, woanders kürzt sie. Von Berlin nach Chemnitz gibt es künftig eine direkte IC-Verbindung am Wochenende – morgens nach Chemnitz, am späten Nachmittag nach Berlin. Ebenfalls am Wochenende verkehrt ein zusätzlicher ICE von Berlin nach Rostock, der samstags bis Binz auf Rügen weiterfährt. Von Hamburg aus gibt es zusätzliche Verbindungen nach Kopenhagen, von München aus nach Bologna. Der ICE zwischen Brüssel und Frankfurt verkehrt am Abend ein zusätzliches Mal.

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3 Kommentare

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  • Die CDSU und vor allem die FDP tönen immer wieder "Privat vor Staat". Hier sieht man wieder mal ein Ergebnis solcher Blindheit: Die Bahn ist ebenso wie die Post oder Telekom privatisiert. Von dem Augenblick an ist deren Ausrichtung allein und ausschließlich auf den Gewinn fixiert. Die originären Aufgaben werden längst nicht mehr zufriedenstellend erfüllt und nur das was Profit bringt wird gemacht, alles andere fällt unter den Tisch. Das haben die Nutzer, Verbraucher zu tragen, die Politik schaut ungerührt zu und jammert vielleicht, dass man es halt nicht ändern könne... Doch, man kann wenn man wirklich will!

    • @Perkele:

      Das ist nicht ganz richtig. Anders als die Post oder Telekom gehört die Bahn vollständig dem Bund.

  • Wie viel plant die Bahn denn zu sparen mit der Abschaffung der Familienreservierung? Wie oft wird dieses Angebot in Anspruch genommen? (ich las irgendein Statement der Bahn, dass die Familienreservierung überwiegend in der Konstellation 1 Elternteil + 1 Kind genutzt würde, was gar keinen Preisvorteil darstellte).

    Also bevor sich hier wieder alle Berufs- wie Hobbypolitiker berufen/gedrängt sehen, ihre höchste Besorgnis über falsche Signale der Bahn oder deren Widerlegung zu verbreiten (Aufmerksamkeitsökonomie und so), wäre vielleicht ein bisschen Datenmaterial sinnvoll.