Uniformierte Patrouille durch Wolfsburg: Polizei stoppt „Bürgerwehr“
Eine so genannte „Bürgerwehr“ veranstaltete einen uniformierten „Kontrollgang“ durch Wolfsburg. Hinter der Aktion stand die NPD.
Die rückte auch an und im Bereich des Zentralen Busbahnhofs schritten Zivilbeamte dann ein. Sie setzten die Männer, einen 26 Jahre alten Braunschweiger, einen 38-Jährigen aus Königslutter und einen 39-jährigen Wolfsburger, fest. Ermittlungen wegen einer nicht angemeldeten Versammlung und wegen des Verstoßes gegen das Uniformverbot wurden eingeleitet. Die drei roten Westen wurden beschlagnahmt. „Offensichtlich sollten diese Streifen den Bürgern suggerieren, dass diese Innenstadtbereiche schutzbedürftig und damit nicht sicher sind“ sagt Sven-Marco Claus, Sprecher der Polizei Wolfsburg.
Die Facebook-Seite der „Bürgerwehr“ offenbart schnell: Die NPD steht hinter dieser vermeintlichen Schutztruppe. Im Impressum der Seite wird die Neonazi-Partei als Herausgeberin angegeben.
Gestartet wurde die ganze Kampagne zur Bundestagswahl 2017. Unter dem Slogan „Solidarität schafft Sicherheit“ führt die NPD anfänglich noch vermeintlich moderat aus, dass „die massive Zunahme von Gewaltkriminalität und Einbrüchen und der gleichzeitige Abbau von Polizeistellen“ zur einer „weitgehenden Kapitulation des Rechtsstaats geführt“ habe. Sie machen dann aber in gewohnter Weise einen vermeintlichen Verursacher aus: „Ob es No-Go-Areas in den Großstädten sind, Übergriffe auf Frauen (…) oder die Dominanz von Fremden in vielen Regionen unserer Heimat: man ist der importierten Kriminalität oft schutzlos ausgeliefert.“
Die NPD ist nicht so desolat aufgestellt, wie oft angenommen – also keinesfalls harmlos. Die „Bürgerwehr“-Webseite bei Facebook haben knapp mehr als 11.300 Personen abonniert und die Patrouillengänge finden in verschiedenen Städten statt. Im August 2018 trat beispielsweise im niedersächsischen Salzgitter erstmals eine zehn Personen umfassende „Schutzzonen-Gruppe“ bei einem Stadtfest auf. In Bad Harzburg und Osterholz-Scharmbeck verteilten sie Aufkleber und vor der Europawahl im Mai patrouillierten sie bereits einmal in Wolfsburg.
Auf der zusätzlichen Webseite erklären NPD-Anhänger auch, wie man sich denn schützen könne. Sie empfehlen nicht bloß „Bürgerwehren“, sondern auch Telefonketten, Rückzugsräume und Schulwegwachen zu bilden. Im hauseigenen Internet-Shop können auch gleich passende Utensilien erworben werden: Westen, Flugblätter, Visitenkarten, Plakate, Aufkleber, das Energy-Getränk „Schutzzone“ und auch CS-Breitstrahlspray.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Klimaschützer zu Wahlprogrammen
CDU/CSU und SPD fallen durch, Grüne punkten nur wenig
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge