Uni bewirbt schräge Studie: Totalversagen der Uni
Ein Physikprofessor schreibt eine fragwürdige Studie zum Corona-Ausbruch. Die Uni Hamburg bewirbt sie offensiv. Wie konnte das passieren?
W ieso der Physikprofessor Roland Wiesendanger seine Arbeitszeit damit verbringt, aus Youtube und anderen populären Plattformen fragwürdige Quellen für seine Corona-Ausbruch-These zusammen zu sammeln, ist nicht nachvollziehbar. Dass er das dann aber als wissenschaftliche „Studie“ verkauft – immerhin setzte er das Uni-Logo über seine Veröffentlichung –, ist schon ziemlich schräg. Ein Totalversagen ist aber das Handeln der Uni Hamburg.
Viele Medien nahmen die Mitteilung der Uni, dass einer ihrer Forscher:innen eine Studie mit bemerkenswerten Ergebnissen veröffentlicht hatte, auf. Werbewirksam und offensiv pries die Uni die bahnbrechend klingende „Studie“ an. Zugleich aber schien selbst der Presseabteilung die Studie nicht ganz geheuer zu sein: Sie versuchte zaghaft zu betonen, dass das Papier keine hochwissenschaftlichen Beweise hervorgebracht habe. Wohl aber, so heißt es, solle es zur breiten Diskussion anregen.
Wenn dies das Ziel war, dann hat die Uni alles richtig gemacht: Es wird breit diskutiert. Genau das ist jedoch das Problem. Der Schaden für die Uni, die ja angeblich eine Exzellenzuniversität sein soll, ist riesig. Dadurch, dass sie diese „Studie“ verbreitet und vermarktet hat, ist auf einen Schlag ein großer Teil des wissenschaftlichen Renommees zerstört worden.
Hinzu kommt: Wenn es der Wahrheit entspricht, dass Wiesendanger die Veröffentlichung zusammen mit Uni-Präsident Dieter Lenzen geplant hat – Lenzen also wusste, was dort veröffentlicht wird – dann ist das großspurige Bewerben des Thesenpapiers nicht nur ein ärgerlicher Ausrutscher der Presseabteilung. Es wäre ein Totalversagen an der Spitze der Uni. Aufklärung ist dringend geboten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale