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Unglückliche Stadtwerbung in HamburgBeach für alle

Von Eimsbüttel fährt jetzt ein „BeachBus“ an die Elbe, beschriftet mit „Welcome to Eimsbeach!“. Sensibel gegenüber anderen ist diese PR-Aktion nicht.

Wenn es richtig heiß wird, will man da hin: Elbstrand in Hamburg Övelgönne Foto: dpa/Christian Charisius

Wohnst du in Eimsbüttel, kannst du künftig mit einer Buslinie direkt an den Elbstrand bei Neumühlen fahren, dort im Sand ein leckeres Bier trinken oder sogar die Füße im Wasser kühlen. Der Hamburger Verkehrsverbund und der grüne Verkehrssenator Anjes Tjarks stellten einen mit Cocktailgläsern, Hängematten und Palmen bunt bemalten Bus vor, der aus seiner Längsseite verheißungsvoll mit „Welcome to Eimsbeach!“ wirbt.

„Hier in Eimsbüttel war die Nachfrage nach einer neuen Buslinie hoch, da die Menschen mehrfach umsteigen müssen, um an den Elbstrand zu gelangen“, sagte Hochbahn-Chef Hendrik Falk dem Hamburger Abendblatt. Und Senator Tjarks, wie stets im blütenweißen Hemd, ergänzte: „Der direkte Weg hin zum Elbstrand mit dem Beach-Bus ist natürlich besonders an heißen Tagen wie diesen eine richtig gute Nachricht für die Menschen in Eimsbüttel“.

Ja, lieber Senator, für die Menschen im Stadtteil Eimsbüttel. An jenem Donnerstag waren es an die 30 Grad. Und was ist mit den Menschen in Barmbek, in Wandsbek, in Horn oder Billstedt? Wissen die an solchen Tagen nicht, dass es in Hamburg diesen Elbstrand gibt? Und müssen die nicht umsteigen, wollen sie an den Strand?

Gut, das sind vielleicht unangebrachte Eifersüchteleien. Aber das ist ja nicht alles. Da ist noch mehr. Nichts gegen Buslinien-Optimierung. Und nichts dagegen, dass der HVV-Chef den Menschen vermitteln will, dass Busfahren „nicht dröge sein muss“, und man mit der bunten Bemalung dem Ganzen etwas „Lifestyle“ verpassen will – abgesehen davon, das in Punkt Bequemlichkeit und Lebensgefühl so eine meist doch ruckelige Busfahrt niemals gegen das angenehme Dahingleiten in einer echten Straßenbahn antreten kann.

Aber hier kommt es mal wieder zum Matthäus-Effekt. Nach dem Motto: Wer hat, dem wird gegeben. Eimsbüttel ist zwar relativ dicht bebaut, es gehört aber zu den reichen Stadtteilen mit hoher Akademiker-Quote und gigantischem Grünen-Wähler-Anteil. Hier wohnen die Lehrer und Professoren in ihren Altbauwohnungen und ihr Nachwuchs in studentischen WGs.

In der Sandburg

Eimsbüttel hat auch mit dem „Kaifu“ eines der wenigen Freibäder, die der Senat noch nicht plattgemacht hat, und mit Schanzenviertel und St. Pauli in der Nachbarschaft genügend kulturelle Abwechslung und Aufregung. Wenn die jetzt einen Beach-Express kriegen, dann ist das so, als würde eine Lehrerin immer nur dem gleichen Lieblingsschüler ihre Einsen geben.

Oder ist es vielleicht gar keine Ignoranz, diese PR-Nummer? Können Altonaer und Eimsbüttler Livestyle-Grüne sich tatsächlich nicht vorstellen, was das einfache Volk aus Barmbek, Hamm oder Horn am Elbstrand zu suchen hat? Es gibt Schulkinder aus den ärmeren Randstadtteilen, die beim Ausflug in der 4. Klassen zum ersten Mal das Wasser sehen.

Hinzu kommt: Der Slogan „Welcome to Eimsbeach!“ suggeriert, dass den an dieser 113er-Linie Wohnenden ein Platz am Elbufer gehört. So als hätten Eimsbüttels Bürger dort schon ihr Handtuch hingelegt oder ihre eigne Sandburg abgesteckt. Dabei dauert laut Google-Maps die reine Fahrt von Barmbek, Horn oder Wandsbek aus nur vier bis acht Minuten länger.

Ist das alles nicht so gemeint, sollte jetzt ganz schnell eine „Welcome to Beach“-Kampagne für alle anderen Stadtteile folgen. Die Anreise funktioniert zum Beispiel auch mit der U-Bahn bis Landungsbrücken und Umstieg in die Fähre ganz gut. Ist doch nett, wenn sich alle dort treffen.

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17 Kommentare

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  • Beach Bus, der Vorwurf das es ein Guddi für die Reichen ist, hinkt. Die haben mindestens 1 Auto pro Haushalt und würden niemals mir daran denken mit dem Beachbus an die Elbe zu fahren. Und außerdem ist so als ob wir in Eimsbüttel meckern weil wir nicht so schnell am Flughafen sind wie die in Alsterdorf oder Herr Lindner das 9 Euro Ticket nicht für fair hält weil ein paar wenige auf den Land keinen Bahnhof haben.

  • Guter Bus, gute Emotionalisierung, gelungene Botschaft!



    Hamburg hat schon eine Bergziege und eine wilde 13 - gut dass da noch mehr positiv empfundener Zuwachs kommt. Oder wollen wir lieber mehr technokratische Hafenrandlinien und Alsterquerspangen? Eben!

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Können Hamburger auch Fahrrad fahren?

  • Seit dem massiven Ausbau Hamburgs zur Touristenstadt ist es für mich eh nicht mehr attraktiv in Övelgönne. Ich habe als Kind in Neumühlen gewohnt und bin schockiert, wie voll und vermüllt der Strand schon seit Jahren ist. Die meisten Ausflugsziele in Hamburg sind leider durch oft angetrunkene Touristenmassen überfüllt (und übermüllt), und dadurch für Hamburger:innen kaum noch nutzbar. Für mich daher eine überflüssige Debatte - ob mit oder ohne zusätzlichen Marketing-Gag-Bus, mir wäre es dort mittlerweile viel zu überfüllt.

    • @Suse Münch:

      Ich glaube nicht, dass Touristen nach Hamburg kommen um in der Elbbrühe zu schnorcheln. Es sind die Hamburger, die die Stadt vermüllen. Keine Angst der nächste Regen spült alles in den Fluss.

    • @Suse Münch:

      Das sehe und erlebe ich ebenfalls! Die Ballermannisierung nimmt auch am Övelgönner Strand weiter ihren Lauf. Und das liegt nicht nur an den Touristen; die Hamburger Eingeborenen lassen am abendlichen Strand gern mal die Sau raus, mit entsprechenden Hinterlassenschaften.

    • @Suse Münch:

      Das ist die Rache von uns Schleswig-Holsteinern, die nahe der Ostsee wohnen und seit 20 Jahren von Euch Hamburgern am Wochenende dichtgeparkt und zugemüllt werden ;-)

  • Also ich wohne mitten in Eimsbüttel und diese Linie ist wirklich sinnvoll und notwendig. Eimsbüttel ist mit der U2, dem 4er, 20er und 25er Bus natürlich schon gut angebunden, aber wenn man nicht gerade direkt an diesen Linien wohnt, werden kurze Wege in benachbarte Stadtteile zur großen Reise. Von meiner Wohnung aus brauche ich bspw. zum Bahnhof Altona genauso lange wie nach Wilhelmsburg, was doppelt so weit weg ist. Ich fahre aber viel öfter nach Altona als nach Wilhelmsburg... deshalb wohne ich ja hier und nicht dort. Die neue Linie verkürzt meinen Laufweg zum Bus um die Hälfte und die Fahrtzeit nach Altona auch nochmal fast um die Hälfte. Eine Kollegin kann mit dem Bus nach Hause fahren statt 15 Minuten zu laufen oder einen riesigen Umweg mit 1x umsteigen zu machen.



    Die Kampagne finde ich auch etwas unnötig. Habe auch erst gar nicht kapiert was die meinen. Wir haben uns hier alle gefragt wo zum Teufel Eimsbeach sein soll. Vielleicht auch weil ich einfach nicht gerne zum Elbstrand fahre. Im Übrigen gibt es für die ganzen erwähnten Stadtteile im Osten und Süden Hamburgs sehr viele schöne Strände an der Elbe und Seen, auf die wir in Eimsbüttel nur neidisch sein können mit unserem kleinen Eimsbüttler Weiher. Ungerecht ist das also nicht. Ich fahre regelmäßig weite Strecke im Sommer um dahinzukommen und das ist auch vollkommen in Ordnung so.

  • Und da ist er wieder der grüne Sozialneid!!!!

  • Wenn man tausende Leute zusätzlich nach Övelgönne verfrachtet als Initiative der Stadt sollte man auch für zusätzliche Toiletten sorgen. Es gibt viel zuwenige und wer die Leute gezielt an den Strand karrt sollte sich da auch für verantwortlich fühlen.

  • Hm,naja. Von Barmbek oder Wandsbek aus kann man recht gut an einen Badesee oder z.B. ins schöne strandbad Farmsen fahren?



    Da ist es doch gar nicht nötig, durch die ganze heiße Stadt zu kurven, um an einen sonnigen Strand mit eher schlechter Luft zu gelangen...

    Dass die Anbindung einiger (eher benachteiligter) Wohngebiete dort an den Rest der Stadt oder wichtige Infrastruktur deutlicher Verbesserungen bedarf, ist allerdings dennoch wahr.

    • @blutorange:

      Der Elbstrand ist auch nicht mein bevorzugtes Ziel im Sommer. Zu voll, zu viele Scherben, zu viele Menschen.



      Im Osen gibt es wirklich schönere Ausflugsziele.



      Das Strandbad Farmsen ist aber leider sehr schnell sehr überfüllt. Genau wie das Freibad Rahlstedt



      Das Parkbad in Farmsen ist auch schnell voll. Und im Bad Rahlstedt gibt es draußen ein Becken, eine Planschecke für kleinere Kinder und eine XL Liegewiese. Dort ist es auch sehr schnell sehr voll.



      Schade, dass das Freibad Ohlsdorf dem Wohnungsbau weichen musste. Als Kind und Jugendliche war ich gerne dort.



      Ich war gestern in Volksdorf im FKK Natursee-Freibad und sehr positiv überrascht. Nackt oder Textil - alles erlaubt. Es war nicht zu voll, es war sauber und es darf dort nicht fotografiert und gefilmt werden. Herrlich.

  • Hm,naja. Von Barmbek oder Wandsbek aus kann man recht gut an einen Badesee oder z.B. ins schöne strandbad Farmsen fahren?



    Da ist es doch gar nicht nötig, durch die ganze heiße Stadt zu kurven, um an einen sonnigen Strand mit eher schlechter Luft zu gelangen...

    Dass die Anbindung einiger (eher benachteiligter) Wohngebiete dort an den Rest der Stadt oder wichtige Infrastruktur deutlicher Verbesserungen bedarf, ist allerdings dennoch wahr.

  • Das sind wichtige Klarstellungen, besonders wenn man Hamburg nicht kennt, wäre das sonst wohl nicht wahrgenommen worden, danke dafür!

  • Da kann man in Wilhelmsburg ja froh sein, dass der Schnellbus 34 nicht wie nördlich der Elbe in einen Expressbus umgewandelt wurde und die einzige direkte Busverbindung in die Stadt zum letzten Fahrplanwechsel gestrichen wurde. Eine schlechtere Anbindung heißt ja, dass unser Elbstrand in Finkenriek dann nicht übervölkert wird. So langsam verstehe ich die ökosoziale Verkehrspolitik.

  • Sollen die Eimsbüttler doch alle an den Elbestrand fahren - zur Strandperle und sich da tümmeln!

    Viel, viel wichtiger wäre es jedoch eine Bus-(oder was auch immer)-Linie ans Blankeneser oder Falkensteiner Ufer einzurichten!

    Noch besser: Endlich den Eichbaumsee sanieren - und zwar mit einem Durchstich zur Dove-Elbe, damit Frischwasser eingeleitent wird!



    Und wo wir gerade an der Dove-Elbe sind: Bringt endlich die beliebte (angeblich verseuchte) Badewiese wieder in Ordnung und saniert das Ufer!

    Öjendorfer See ist auch so ein Fall und was weiß ich noch - Hamburg hätte einiges an Badegewässern zu bieten - die Politiker müssen nur wollen, saubere Gewässer für alle Hamburger:innen zur Verfügung zu stellen!

    Ich mein ja nur .... 🙄

  • Eine Erklärung: der grüne Verkehrssenator in HH hat seinen Wahlkreis z.T.



    In Eimsbüttel