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Ungarns EU-RatspräsidentschaftEine irre Personalie

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Orbán betreibt nicht nur zerstörerische Außenpolitik, er lässt sie sich auch noch von der EU bezahlen. Ein Bild in seinem Arbeitszimmer alarmiert.

Die Auswahl seiner Freunde lässt nicht unbedingt Vertrauen in Victor Orbàn wachsen Foto: REUTERS/Johanna Geron

V iktor Orbán hat schon einiges erreicht auf seinem neoliberal-nationalistischen Weg, das liberale Europa zu zerstören. Es ist also einfach irre, dass einer, dem es gelang, die Pressefreiheit zu beschneiden und unliebsame prodemokratische Organisa­tio­nen in Ungarn zu zerstören, und der sich von vornherein auf die Seite Putins gestellt hat, jetzt sogar den Vorsitz in der EU übernehmen darf. Und irre ist es auch, dass seine zerstörerische Außenpolitik von der EU finanziert wird.

Ohne die Gelder und Subventionen der EU hätte er niemals den Einfluss gehabt, die Hälfte des Balkans um sich zu scharen und die EU für seine Interessen zu instrumentalisieren. Ihm gelang es, wichtige Positionen der EU -Balkanpolitik zu besetzen: So ist der seit 2019 amtierende EU-­Erweiterungskommissar ein Ungar, ungarische Offiziere befehligen die Eufor-Truppen in Bosnien und Herzegowina, die bei Konflikten dort eingesetzt werden sollen. Er unterstützt die aggressiven Nationalisten in der Region, vor allem aber in Serbien, und finanziert sogar Milorad Dodik, der einen Teil Bosniens abspalten will.

Bei näherer Betrachtung ist die Veränderung von Grenzen, wie sie Putin in der Ukraine anstrebt, durchaus im Interesse Orbáns. Die ungarischen Nationalisten leiden heute nicht nur hinter verschlossenen Türen, sondern jetzt sogar öffentlich darunter, dass Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg 1918 zwei Drittel seines Landes verloren hat, etwa ­Transsylvanien im heutigen Rumänien, Teile Serbiens, der Ukraine und Kroatiens.

Europa völlig herausfordern wird Orbán nicht

Der Ministerpräsident Ungarns hat in seinem Arbeitszimmer die Karte Groß­ungarns hängen, mit den Grenzen der ­Habsburgerzeit. Putins Traum, das zaristische Russland wiederherzustellen, könnte als Anregung auch für Orbán und seine Partei dienen. Die Weichen für eine Politikwende mit nationalistischen Vorzeichen innerhalb der EU werden schon gestellt – seine Reden zu Transsylvanien müssten nicht nur die Rumänen alarmieren.

Er wird Europa klugerweise jetzt nicht völlig herausfordern. Doch Schritt für Schritt wird er versuchen, seine national fokussierte Sichtweise durchzusetzen.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Beim nächsten EU Gipfel sollten alle Staatschefs alte Karten ihrer Länder in maximaler Ausdehnung mitbringen. Besser kann man die Keistung des gemeinsamen Europa gar nicht visualisieren.

  • Man stelle sich hier vor...



    "Der Präsident Ungarns hat in seinem Arbeitszimmer die Karte Groß­ungarns hängen, mit den Grenzen der ­Habsburgerzeit."



    Österreich, Serbien, Albanien, dasselbe stößt automatisch auf Konfliktlinien, das muss ja, unterschwellig adressiert, auch gewollt sein. Es ist für den annoncierten Kontext innerhalb Europas skandalös.

  • Man muss Orbans Sichtweisen und Politik nicht gut finden - gleichwohl ist dieser Artikel durchaus grobschlächtig verfasst: Er hat es also geschafft, „die Hälfte des Balkans um sich zu scharen“. Wow, das könnte auch von Karl May sein. Nach Macht zu streben, ist in der Politik nicht gänzlich ungewöhnlich, auch ist die EU nicht gerade unter Orbans Fuchtel. Wenn seine Nationalisten Gebietsansprüche stellen (wollen), werden die betreffenden/davon betroffenen Länder schon antworten können; Serbien wird sogar auch genannt, das einige Zeilen davor noch als Verbündeter dasteht.

  • Kopfschütteln! Ungarn ist also Schuld am desulaten Zustand der EU, an der Korruption und an dem Gekungele, sowie an der Demokratieferne.

  • Wieso werden keine Beweise in Bildform gezeigt? Auch bei Google waren keine Bilder zu finden. Nur ein Bild vom Büro des Pressesprechers wurde gefunden. Das ist aber nicht das gleiche wie Orbans Büro .

  • die EVP hat ihn zu lange gewähren lassen!

  • Er kann noch soviele Karten von Grossungarn hinter sich hängen haben, die Grenzen, besonders innerhalb der EU, kann er in seiner Lebenszeit nicht verschieben. Höchstens wenn es einen Russland - EU Krieg gibt, was aber wohl auch unwahrscheinlich ist. Dann könnte er sich auf die andere Seite schlagen, was aber wohl das Land zerreissen, nicht vergrößern, würde. Er nervt trotzdem.

    • @fly:

      Wer weiß, wie lange es noch die EU so gibt.

      Warten Sie mal ab bis zum Jahresende, wenn Trump gewählt wird.

      Er hat schon angekündigt, den Ukrainekrieg an einem Tag zu beenden.

      Wird er.

      Sobald Trump der Ukraine Waffen und Gelder streicht, ist der Krieg zu Ende.

      Im Anschluss wird es weitere "Grenzverschiebungen" geben.

      Die NATO wird ohne die USA weitgehend handlungsunfähig sein.

      Die EU ist kein Verteidigungsbündnis.

      In verschiedenen Staaten sind Rechte an der Regierung oder politisch sehr stark, die Putin mögen und die EU hassen.

      Wenn Putin die Balten heim ins Reich holt, um sie zu "entnazifizieren", glauben Sie, dass die ganzen Putinsymathisanten sich auf eine Verteidigungsstrategie einigen können?

      Und Marine Le Pen Franzosen für Estland sterben lassen wird?

      Das ist der richtige Zeitpunkt, um wenigstens einen Teil der Slowakei unter dem Radar wieder heim ins ungarische Reich zu holen.

      Putin wird es nicht stören.

      Nur mal so als Szenario.

      Was passiert, wenn Trump gewinnt, ist gerade für Europa spannend.

  • Es wird Zeit das die EU Mittel und Wege findet das sie sich neu aufstellt. So wie jetzt war das wohl nicht geplant, anstatt nach vorne zugehen hat man das Gefühl es entwickelt sich alles zurück. Es gibt eigentlich auch niemand mehr der den Laden wirklich zusammenhält. Europa muss neu gedacht werden.

    • @Garum:

      ich denke, hier spielen ganz unterschiedliche Aspekte rein:



      1. die EWG wurde von sehr konservativen Politikern gegründet, wie deGaulle und Adenauer; konservative Standpunkte sind also ersteinmal nicht im Widerspruch zur EU



      2. es stellt sich die Frage, welche Dinge heute anders sind, mit folgendem Details:



      2.a haben wir zu schnell zu viele Staaten aufgenommen, die einfach noch nicht "reif" waren? (DeGaulle sprach soch sogar gegen den Beitritt von GB aus)



      2.b haben wir unsere eigenen Maßstäbe geändert, was Spannungen hineinbringt? Z.B Merkels "Wir schaffen das", was so nicht einmal im Sinne der Erfinder des Asylrechts war?



      2.c machen weitere Änderungen wie fortwährende Verlagerung von Machtbefugnissen an die Zentralgewalt mehr pragmatische Strukturen notwendig, wie mehr Transparenz, Abbau des Lobbyismus, direktere Wahlen der Repräsentanten und der Exekutive, Verkleinerung des Parlaments und der Bürokratie etc etc (um zu Ihrem Punkt zu gelangen)



      2.d wie gehen wir mit anderen demokratischen Ansichten um? Schließlich steht hinter Orban eine Mehrheit in Ungarn. Sind wir da vlt weniger tolerant und vielfältig als in den 60ern des letzten Jahrhunderts?

    • @Garum:

      Es ist doch niemand mehr da, der Europa neu denkt.