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Unabhängiger PolizeibeauftragterUnter den Helm schauen

Rot-Rot-Grün will im Oktober einen Gesetzentwurf präsentieren. 2020 soll die Beschwerdestelle ihre Arbeit aufnehmen.

Undurchsichtig: Beamte eines Sondereinsatzkommandos Foto: dpa

Berlin taz | Wer kontrolliert die Polizei? An wen wenden sich Bürger mit ihren Beschwerden? Bislang fielen diese Antworten nicht so leicht; manche schreiben Petitionen, andere trauen sich aus Angst vor Gegenanzeigen nicht, über Polizeigewalt zu sprechen. Zukünftig soll all das besser werden mit einem unabhängigen Polizeibeauftragten für Berlin. Als Bürgerbeauftragter soll er auch für Anliegen ansprechbar sein, die mit anderen staatlichen, zum Eingriff in die Grundrechte befugten Behörden zu tun haben.

Am 1. Oktober soll eine innenpolitische Runde der Fachpolitiker von SPD, Linken und Grünen die Weichen stellen, Ende des Monats der Gesetzentwurf stehen. „Wir sind auf den letzten Metern“, sagte Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen, am Dienstag. 2020 könnte der Bürger- und Polizeibeauftragte seine Arbeit aufnehmen. Bereits 2019 stehen 200.000 Euro im Haushalt bereit, um den Aufbau der Struktur vorzubereiten.

SPD-Vizefraktionschef Andreas Kugler, der auch stellvertretender Chef des Petitionsausschusses ist, plädierte gegenüber der dpa dafür, in den Gesetzgebungsprozess „das ganze Parlament und die Stadtgesellschaft einzubinden“. Lux kündigte an, im ersten Halbjahr 2019 die öffentliche Debatte zu suchen, mit Bürgervereinen wie auch den Polizeigewerkschaften. Lux sagte, dass auch viele Polizisten eine solche Einrichtung begrüßen, die Idee eines Polizeibeauftragten resultiere nicht aus „Polizeifeindlichkeit“.

Der Beauftragte soll, so viel steht schon fest, unabhängig agieren, nicht der Polizei oder der Innenbehörde, sondern dem Parlament unterstellt sein. Er soll bei Vorfällen aktiv werden, die nicht befriedigend aufgeklärt werden können, moderieren und bei größeren Problemen auch innerhalb der Polizei ermitteln und dem Parlament Bericht erstatten, wie Lux sagte. Die Skandale zuletzt waren zahlreich: Missstände an der Polizeiakademie, Drohbriefe mit sensiblen Daten an Linke oder Gewaltvorfälle wie zuletzt am Freitag bei der Festnahme eines vermeintlichen Besetzers des Google Campus.

Bürgerrechtler fordern seit Langem die Einrichtung eines Polizeibeauftragten. Der UN-Menschenrechtsrat hat eine unabhängige Kontrolle der Polizeiarbeit in Deutschland mehrfach angemahnt. Bislang gibt es Bürger- und Polizeibeauftragte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.

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2 Kommentare

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  • Spannender Lösungsvorschlag - interessant daran finde ich insbesondere, dass er sich dann scheinbar auch als Bürger-Beauftragter handeln soll. Denn die stehen bei ungerechtfertigten bzw. überzogener Polizeigewalt meist ganz allein da.

  • Das wird das Vertrauen in die Politik Berlins noch weiter stärken. Generell sollte man solche Projekte viel schneller umsetzen bzw. legitimieren!