Umweltzerstörung in Brasilien: Sonnenfinsternis durch Waldbrände
Düsternis in São Paulo – und das mitten am Tag: Weil Brasiliens Wälder brennen, verdunkelt sich 2.700 Kilometer südlich die Sonne.
Meteorologen führen die plötzliche Verdunklung des Himmels einerseits auf eine Kaltfront zurück, die die dicken Wolken aus dem Nordosten in die 2.700 Kilometer südwestlich gelegene Metropole leitet. Doch das mit Präsident Jair Bolsonaro in Konflikt geratene Weltrauminstitut Inpe sieht noch einen anderen Grund für die Wolkenmassen. Riesige Gebiete im Amazonas-Becken und im Sumpfgebiet Pantanal brennen seit Tagen.
Aus den nördlichen Bundesstaaten Acre, Rondônia, Mato Grosso und Mato Grosso do Sul ziehen Rauchschwaden über Paraguay und Bolivien in den Süden und tragen, laut Marcelo Pinheiro vom meteorologischen Institut Clima Tempo, zur Verdunklung des Himmels bei.
In diesem Jahr hat es in Brasilien bisher rund 71.500 Waldbrände gegeben. Laut dem Institut Inpe ist die Zahl der Brände in diesem Jahr um 82 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.
45 Prozent mehr illegale Abholzung
Waldbrände treten vermehrt in der Trockenzeit auf. Auslöser sind aber vor allem illegale Abholzung und Brandrodung in der Region. Brasiliens ultrarechter Präsident Bolsonaro will den Amazonas gegen internationalen Protest zum Rohstoffabbau freigeben und dafür auch Naturschutzgebiete und Reservate der Ureinwohner opfern. Experten erwarten in diesem Jahr einen Anstieg um insgesamt 45 Prozent der illegalen Abholzung im Vergleich zum Vorjahr.
Waldbrände im Amazonas
Auch in Bolivien stehen derzeit rund 460.000 Hektar Land in Flammen. Die Behörden der Region Santa Cruz de la Sierra haben den Notstand erklärt.
Präsident Bolsonaro sieht in den Waldbränden eine Verschwörung. Gegenüber der Zeitung Folha de São Paulo sagte er, die Brände könnten „eine kriminelle Aktion dieser NGOs gewesen sein, um die Aufmerksamkeit auf mich und gegen die Regierung zu richten. Das ist der Krieg, in dem wir uns befinden.“ Er wolle das Unmögliche möglich machen, um diese kriminellen Brände aufzuhalten.
Unter dem Hashtag #PrayForAmazonia (#BeteFürAmazonien) haben sich Tausende Menschen weltweit sowie Umweltschutzorganisationen über die sozialen Medien zusammengeschlossen. Sie werfen Präsident Bolsonaro Umweltverbrechen vor.
Aus Protest gegen Bolsonaros Umweltpolitik haben Deutschland und Norwegen bereits ihre Hilfszahlungen ausgesetzt, die seit Jahren in Schutzprogramme für die Wälder Brasiliens fließen. Nun fürchten Umweltschützer um die Fortführung weiterer wichtiger Projekte. Organisationen wie der WWF, Oro Verde und Urgewald forderten in den vergangenen Tagen gegenüber der taz von der Bundesregierung eine klare Haltung. Um die zunehmende Abholzung des Regenwaldes zu stoppen, müsse Bundeskanzlerin Angela Merkel den Freihandelsvertrag der EU mit den Mercosur-Staaten infrage stellen, hieß es. Zudem müsse man Importverbote für Güter einführen, für die der Regenwald abgeholzt werde. Dazu zählen Soja und Rindfleisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen