Umstrittenes Gleichstellungsgesetz: Alle gegen die Quote

Gegen das Frauenquotengesetz von Ministerin Schwesig gibt es Widerstand. Der Union geht es viel zu weit. Und auch andere finden es nicht gut.

Das Gesetz sieht mehr Gleichstellungsbeauftragte vor - auch bei der Bundeswehr. Bild: dpa

„Nein, er erwarte keine Probleme“, hatte Ralf Kleindiek, Staatssekretär von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), noch vor gut einer Woche im Hintergrundgespräch erzählt. Ein Quotengesetz in einer großen Koalition – und keine Probleme?, fragten die JournalistInnen ungläubig. Kleindiek, ein großer, ruhiger Mann mit einer ganzen Portion Humor, machte ein extra lahmes Schafsgesicht, nach dem Motto: Ich weiß gar nicht, was Sie meinen. Und alles schmunzelt.

Und natürlich: Kein Quotengesetz ohne Protest. Aus der Wirtschaft war der erwartet worden – aus dem öffentlichen Dienst dagegen eher nicht. Schließlich sollte sich dort gar nicht so viel ändern. Doch deren oberste Vertreter, Schwesigs KabinettskollegInnen, ist das Wenige offenbar bereits zu viel. Pikanterweise soll sich laut Spiegel sogar Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) beschwert haben. Dabei hatte sie das Quotengesetz damals überhaupt erst auf den Weg gebracht.

Am meisten beklagen sich nun aber Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) – und zwar über etwas, das sich gar nicht ändern soll: die 50-Prozent-Quote für den öffentlichen Dienst. Die nämlich gilt schon sehr lange.

Das war den Ministern offenbar bisher nicht aufgefallen. Kein Wunder, denn es drohen schon jetzt keinerlei Sanktionen, wenn die Quote nicht eingehalten wird. Auch im künftigen Gesetzentwurf ist dies nicht vorgesehen. Also: Nichts ändert sich, aber die Minister meckern – aus Prinzip. Aus dem Gesundheitsministerium gab es dazu keinen Kommentar. Man legte nur Wert auf die Feststellung, man „blockiere“ den Entwurf keineswegs.

Was sich tatsächlich mit Schwesigs Entwurf ändern würde: Die Zahl der Gleichstellungsbeauftragten dürfte steigen. Muss im Moment noch eine Dienststelle ab 100 Mitarbeitern eine Gleichstellungsbeauftragte bestellen, so soll dies nach dem neuen Gesetzentwurf schon für Dienststellen ab 50 Beschäftigten gelten. Das Verteidigungsministerium hat ausgerechnet, dass es dann 200 statt 100 Beauftragte brauchen würde – und protestiert.

Vorzimmerherren und Sekretäre

Ärger droht dem Entwurf auch von ganz anderer Seite: Die Frauenbeauftragten des öffentlichen Dienstes sind alarmiert, weil der Gesetzentwurf in Paragraf 8 vorsieht: „Sind Frauen oder Männer in einzelnen Bereichen unterrepräsentiert, haben die Dienststellen und Unternehmen Zugehörige des jeweis unterrepräsentierten Geschlechts bei Einstellung, Anstellung, beruflichem Aufstieg und Vergabe von Ausbildungsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen.“ Soll heißen: Wo es zu wenig Männer gibt, bräuchten diese Förderung.

Schon die Frauenbeauftragte des Frauenministeriums, Kristin Rose-Möhring, hatte das bemängelt. Nun legen weitere Frauenbeauftragte nach: Der Arbeitskreis von etwa 150 Gleichstellungsbeauftragten der Bundesbehörden schreibt in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf, der der taz vorliegt: Der Paragraf führe dazu, „dass sich die Masse der Gleichstellungsbeauftragten in Zukunft mit der Unterrepräsentanz von Männern in den niedrigen Lohngruppen der Dienststellen beschäftigen muss“. Denn in diesem Bereich, so die Gleichstellungsbeauftragten, „überwiegt, wie in der Privatwirtschaft auch, der Frauenanteil“. Setze man sich dort für mehr Männer ein, bleibe für wirksame Frauenförderung keine Zeit mehr.

Das Familienministerium will sich am liebsten gar nicht zu der Diskussion äußern. Dass nun auch Männer gefördert werden sollen, hält man dort aber für „moderne Gleichstellungspolitik auf allen Ebenen“. Es sei doch gut, heißt es aus dem Ressort, wenn es künftig auch Vorzimmerherren und Sekretäre geben würde.

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