Umstrittener Klimaschützer Wasserstoff: Eine Rettung fürs Klima?

Wasserstoff schützt angeblich das Klima. Doch zu den Risiken und Nebenwirkungen darf nicht geschwiegen werden.

Ein Werk, viele Rohre

Die Wasserstoff-Produktionsanlage der Firma Linde AG in Leuna Foto: Rolf Schulten/imago, Warming Stripe: showyourstripes.info

Ein Mittel gegen alles Übel gibt es weder in der Medizin noch beim Klimaschutz. Dennoch wird häufig der Eindruck erweckt, Wasserstoff könnte die Lösung für alle klimapolitischen Probleme sein. Doch so einfach ist es nicht. Die Liste an Risiken und Nebenwirkungen ist lang.

Die Herstellung und Nutzung von Wasserstoff sind sehr ineffizient: Es werden gigantische Mengen erneuerbaren Stroms benötigt ebenso wie Wasser und seltene Rohstoffe, etwa Iridium für den Bau von Elektrolyseuren. Zudem gibt es für viele Anwendungsbereiche deutlich bessere, weil ausgereiftere und effizientere Alternativen.

Darum ist Wasserstoff vielmehr ein Antibiotikum, das nur bei spezifischen Symptomen, hier der klimapolitischen Alternativlosigkeit, eingesetzt werden darf. Dies gilt für die Stahl- und Grundstoffchemie-Herstellung sowie im Schiffs- und Flugverkehr.

Klimapolitisch ist klar, dass von Beginn an das richtige Mittel eingesetzt werden muss und nicht übergangsweise auf ein weniger wirksames mit chronischen Langzeitfolgen zurückgegriffen werden sollte. Nur grüner Wasserstoff auf Basis 100 Prozent zusätzlicher erneuerbarer Energien ist zielführend. Übergangsweise auf CO2-reduzierten Wasserstoff auf Erdgasbasis zu setzen, verzögert die Genesung (Klimaneutralität) nur unnötig. Die Wasserstoffstrategie muss sich an klimapolitischen Fortschritten messen lassen.

Gefahren globaler Lieferketten

Zu guter Letzt ist es essenziell, die benötigte Menge des Wundermittels zu kennen und den Konsum gesundheitsschädigender Produkte möglichst zu unterlassen. Leider liefert die Nationale Wasserstoffstrategie hierzu nur grobe Eckpfeiler statt eine genaue Dosierung und Empfehlungen für einen suffizienten Lebensstil.

Für erneuerbare Energien nennt die Strategie unambitionierte Ausbauziele. Der aktuelle Entwurf zur Überarbeitung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes unterminiert diese noch. Dies öffnet die Pforten für blauen Wasserstoff und erhöht die Importabhängigkeit einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft.

Unsere Unfähigkeit, den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen, darf nicht dazu führen, dass im Kongo ein Riesenstaudamm ganze Dörfer und Ökosysteme zerstört, um Wasserstoff für den deutschen Markt zu produzieren.

Gerade durch die Coronapandemie haben wir gelernt, wie anfällig globale Lieferketten und eine hohe Importabhängigkeit sein können. Insoweit Wasserstoff ein globales Handelsgut wird, ist es vordringlich, ambitionierte Nachhaltigkeitsstandards und Herkunftsnachweise zu etablieren. Dafür werden wir uns im nationalen Wasserstoffrat einsetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Klima-Aktivist*innen übernehmen die taz: Am 25. September erscheint eine taz. die klimazeitung – geschrieben und konzipiert von Aktivist*innen. Sie schreiben, was die Klimakrise mit Rassismus gemeinsam hat und entwickeln konkrete Utopien. Alle Texte dazu finden Sie online in unserem Schwerpunkt Klimagerechtigkeit.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Erderwärmung bedroht uns alle. Die taz berichtet daher noch intensiver über die Klimakrise. Alle Texte zum Thema finden Sie unter taz.de/klimawandel.

Zudem bieten wir Ihnen das aktivistische Klima-Abo: Lesen Sie 10 Wochen die taz für nur 10 Euro. Davon geht 1 Euro als Spende an das Mangroven & Bienen Projekt in Nhangau/Mosambik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.