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Umstrittene Zoll-Einigung von USA und EUZusage für fossile Energiekäufe empört Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen

Der Plan, enorme Mengen fossiler Energie aus den USA zu importieren, stößt auf Unverständnis. Kri­ti­ke­r:in­nen sehen darin ein falsches Signal.

Öl- und Gasförderung in New Mexico, USA. Die EU plant, in Zukunft viel Öl und Gas in den USA zu kaufen Foto: Nick Oxford/reuters

Berlin taz | Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen sind empört über die Vereinbarung zwischen der EU-Kommission und US-Präsident Donald Trump zur Beilegung des Handelsstreits. Teil des Zollabkommens ist ein Passus zu Energieimporten in die EU. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zugesagt, künftig in großem Stil fossile Energien aus den Vereinigten Staaten zu importieren. Das ist ein falsches Signal und untergräbt das europäische Klimaschutzprogramm, sagen die Kritiker:innen.

Trump und von der Leyen haben am Wochenende den Handelsstreit beigelegt, den der US-Präsident nach seinem Amtsantritt losgetreten hat. Die Vereinbarung sieht nicht nur im Vergleich zur Vor-Trump-Zeit höhere Zollsätze für die meisten Exporte aus der EU vor – und keine oder niedrige für Importe aus den Vereinigten Staaten. Sie enthält auch die Zusicherung, dass die EU in den USA Investitionen in Höhe von 600 Milliarden Euro vornimmt. Darüber hinaus erklärt sich die EU dazu bereit, in den kommenden drei Jahren Energie für jeweils 250 Milliarden Euro einzukaufen, bis zu den kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA also für insgesamt 750 Milliarden Euro. „Die EU wird russisches Gas und Öl durch bedeutende Käufe von US-LNG, Öl und Kernbrennstoffe ersetzen“, teilte die EU-Kommission mit.

Die Details zu diesem Vorhaben sind allerdings noch unklar. Fest steht, dass es um enorme Mengen geht. Bislang importiert die EU aus den USA fossile Energie im Wert von rund 65 Milliarden Euro im Jahr. Die Vereinbarung sieht also ein Vielfaches vor. Um das Abkommen einhalten zu können, müssten möglicherweise bisherige Gas-Importe aus anderen Ländern wie Norwegen – das kein Mitglied der EU ist – ersetzt werden. En­er­gie­ex­pert­:innen warnen vor diesem Hintergrund vor neuen Abhängigkeiten. Die EU-Kommission selbst kann die Energie nicht einkaufen, dafür hat sie weder Mandat noch Geld. Wer den Handel abwickeln soll, ist offen.

Die Vereinbarung sendet ein falsches Signal, betonte der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) Wolfram Axthelm. „Europa muss den Weg für Klimaneutralität im Rahmen des European Green Deal fortsetzen“, sagte er. Mit dem „Green Deal“ genannten Programm will die EU bis 2050 klima­neutral werden. Dieses Ziel dürfe nicht durch Zoll-Erleichterungen für fossile Energieträger untergraben werden, warnte Axthelm. „Es ist zwingend erforderlich, fossile Lock-ins abzubauen und fossile Abhängigkeiten zu verringern, statt sie vertraglich aufzuwerten.“ Mit fossilen „Lock-ins“ sind Strukturen oder langfristige Verträge gemeint, die eine Bindung an Gas oder Öl festigen und den Wechsel zu erneuerbaren Energien erschweren.

EU soll Ausstieg aus fossilen Energien vorantreiben

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht in dem Abkommen ebenfalls ein „katastrophales Signal“ für den Klimaschutz. „Anstatt auf langfristige Planungssicherheit für die Energiewende zu setzen, binden uns derartige fossile Abkommen an gestrige Technologien – auf Kosten von Klima, Innovation und Sicherheit“, sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraen­ner. „Wir fordern eine klare Positionierung gegen das Importversprechen durch Bundeskanzler Merz und eine Absage des Handelsabkommens durch Kommissionspräsidentin von der Leyen.“

Auf Empörung stößt die Vereinbarung auch bei den Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen von Fridays for Future. „Dass die EU inmitten von Klimakrise und Handelskrieg dem US-Präsidenten Donald Trump Hunderte Milliarden für Öl und Gas verspricht, ist eine fatale Idee“, sagt Carla Reemtsma von Fridays for Future. Nachdem die USA unter Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten sind, seien die EU und Deutschland gefragt, sich hinter dem Green Deal zu sammeln und den Ausstieg aus fossilen Energien konsequent voranzutreiben.

Nach Auffassung von Gerard Reid, Fellow bei der NGO Energy Transition Forum, steht die Welt an „einem kuriosen historischen Wendepunkt“. Länder müssten sich entscheiden, ob sie Ölstaaten bleiben oder zu Elektrostaaten werden wollten. Reid: „Leider scheint von der Leyen entschlossen, diese Chance zu verspielen, indem sie Europas Ölstaat-Referenzen aufpoliert und sich zu kostspieligen Importen fossiler Brennstoffe verpflichtet.“

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1 Kommentar

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  • Das ist Alles richtig.



    Trump ist das Gegenteil von Fortschritt.



    Die zarten Pflänzchen des green deals in den USA und Europa werden so zertrampelt.



    Wer allerdings behauptet, hier sei schlecht verhandelt worden, verschließt die Augen vor der Realität.



    Trump ist in der Lage, uns zu erpressen.



    Im Gegensatz zu China sind wir nicht nur wirtschaftlich, sondern vor Allem militärisch von den USA abhängig. Wer meint, das habe Nichts miteinander zu tun, liegt zwar richtig, doch trump schert sich nicht um solche Feinheiten.



    Es ist eine Verschnaufpause.



    Ob amerikanische Firmen willens und in der Lage sind, eine vielfache Menge an Gas und Öl zu liefern, wird sich zeigen. Ob sich genügend Firmen finden, diese Produkte zu kaufen, ebenfalls.



    Entgegen politischer Erwägungen, zurück zur Atomkraft und Fossiler Stromerzeugung zu gelangen, haben sich die entsprechenden Firmen für regenerative Energien entschieden.



    Der Grund ist einfach, dass es sich ( nicht) rechnet.



    Die EU wird keine Firmen zwingen können, hier anders zu verfahren.



    Es wird nicht Alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird.



    Mehr Unabhängigkeit ist Ziel, auf dem Weg dahin sitzen aber noch ein paar Kröten...