Umstrittene Gaspipeline in der Ostsee: Gibt es noch Hintertüren für Nord Stream 2?
Wirtschaftsministerin Reiche soll die Betriebserlaubnis für die Gaspipeline zurücknehmen, fordert die Deutsche Umwelthilfe – auch für den Klimaschutz.

taz | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) drängt darauf, dass die Bundesregierung die Hintertüren für eine mögliche Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 schließt. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) soll die Betriebserlaubnis für die Gaspipeline zurücknehmen, fordert die Organisation.
Die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 gehen durch die Ostsee von Russland nach Deutschland. Sie bestehen aus jeweils zwei Unterwasserröhren. Nord Stream 1 wurde 2011 in Betrieb genommen. Nord Stream 2 ist knapp zehn Jahre später fertiggestellt, aber nie genutzt worden.
Wie bei solchen Projekten üblich, war mit der Bau- auch die Betriebsgenehmigung erteilt worden. Betrieben werden kann die Pipeline aber erst, wenn ein Zertifizierungsverfahren abgeschlossen ist. Das wurde im Februar 2022 gestoppt. Sieben Monate später wurde Nord Stream 1 bei einem Anschlag komplett zerstört, eine der beiden Nord-Stream-2-Röhren ist nach russischen Angaben noch intakt. Vor kurzem hat der US-Investor und Trump-Unterstützer Stephen Lynch Interesse an einer Übernahme von Nord Stream 2 signalisiert.
„Wir fragen uns, welche Gedankenspiele es im Ministerium für den Fall gibt, dass sich die politische Lage ändert“, sagt Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH. „Nord Stream 2 ist noch immer das größte fossile Projekt Europas.“ Aus Klimaschutzgründen und aus Solidarität mit der Ukraine dürfe darüber kein russisches Gas nach Deutschland geliefert werden.
DUH veröffentlicht Berichtsentwurf
Ob das Zertifizierungsverfahren wieder aufgenommen wird, hängt von einem sogenannten Versorgungssicherheitsbericht ab. Den Entwurf dafür wollte die DUH einsehen, das Ministerium lehnte ab und schrieb, eine „Wiederaufnahme des ruhenden Verfahrens“ zur Zertifizierung der Pipeline sei „nicht ausgeschlossen“. Mittlerweile wurde der DUH der Entwurf zugespielt, sie hat ihn veröffentlicht. „Er zeigt, dass das Projekt für Deutschland und Europa immer eine Gefahr war und dies auch bleiben wird“, sagt Zerger.
Dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge ist nicht die Betriebserlaubnis für Nord Stream 2, sondern die Zertifizierung entscheidend. Ministerin Reiche setze sich im Einklang mit der Bundesregierung weiterhin und unmissverständlich gegen eine Inbetriebnahme ein, so eine Sprecherin. Bei den Ausführungen in dem Bescheid an die DUH gehe es um reines Verfahrensrecht, nicht um die Frage einer Zulassung. Es bestehe die Pflicht, Anträge anzunehmen und zu prüfen. Diese Vorgaben umzusetzen bedeute nicht, dass die Regierung einer Inbetriebnahme der Pipeline offen gegenüberstehe. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagte sie.
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