Umstrittene Exporte aus Lingen: Atomtransporte ausgesetzt
Framatome bestreitet, dass die Brennelement-Exporte in die Schweiz illegal waren. Das zuständige Bundesamt widerspricht der Konzerndarstellung.
![Ein Produktionsfacharbeiter überprüft mit Uran angereicherte Brennstäbe und trägt dabei weiße Stoff-Handschuhe Ein Produktionsfacharbeiter überprüft mit Uran angereicherte Brennstäbe und trägt dabei weiße Stoff-Handschuhe](https://taz.de/picture/4633316/14/Lingen-atomtransporte-1.jpeg)
Diese Aussage steht allerdings im klaren Widerspruch zu den Angaben der zuständigen Genehmigungsbehörde, des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das Unternehmen sei am 16. Dezember schriftlich informiert worden, dass der Widerspruch des BUND „nicht offensichtlich unzulässig“ sei, stellte das BAFA auf taz-Anfrage klar. „Und das bedeutet damit, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat“, schreibt die Behörde. Auch das für das Widerspruchsverfahren zuständige Verwaltungsgericht Frankfurt hatte zuvor erklärt, dass von einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auszugehen sei.
Stattgefunden haben die fraglichen Transporte am 14. und am 28. Dezember. Zumindest der zweite wäre demnach nach dem Schreiben des BAFA durchgefürhrt worden – und wäre damit unzulässig gewesen. Der BUND hat daraufhin Strafanzeige wegen ungenehmigten Exports von Atombrennstoffen gestellt. Diese werde derzeit geprüft, erklärte die Staatsanwaltschaft Erlangen; dort hat Framatome Deutschland seinen Hauptsitz. Das BAFA hatte ebenfalls strafrechtliche Schritte angekündigt.
Und auch das Unternehmen selbst scheint von der eigenen Argumentation nicht wirklich überzeugt zu sein. Hatte Framatome in einer ersten Stellungnahme noch erklärt, ein Widerspruch habe „keinen Einfluss auf die Wirksamkeit einer Genehmigung“, äußerte sich der Atomkonzern in einer späteren Mitteilung deutlich zurückhaltender: „Um einer weiteren Eskalation entgegenzuwirken, hat die Framatome GmbH entschieden, bis zu einer gerichtlichen Klärung von weiteren Lieferungen an das Kernkraftwerk Leibstadt abzusehen“, heißt es nun.
Damit haben die Atomkraftgegner*innen ein Zwischenziel ihres Widerspruchsverfahrens erreicht. Sie sehen in der Belieferung alter ausländischer AKWs nahe der deutschen Grenze eine große Gefahr, die ihr Recht auf Leben, Gesundheit und Eigentum bedrohe. Ein erster Widerspruch von Privatpersonen gegen Exporte ins niederländische AKW Doel war vor allem deshalb gescheitert, weil Einzelpersonen sich nach Auffassung des Gerichts nicht auf das Atomgesetz berufen können, um ihr Schutzinteresse durchzusetzen. Diese Entscheidung ist aber nicht direkt auf das Leibstadt-Verfahren übertragbar, weil dort ein klageberechtigter Umweltverband Widerspruch eingelegt hat.
Auch die Große Koalition aus Union und SPD hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Exporte von deutschen Brennelementen in gefährliche ausländische Atomkraftwerke zu unterbinden. Dieses Vorhaben ist jedoch gescheitert.
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