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Umfrage in Brandenburg und SachsenDie Mär vom Sprechverbot

Die große Mehrheit der Ostwähler*innen findet: Bestimmte Meinungen würden ausgegrenzt. Auch die Hälfte des linken Lagers denkt so.

Wer glaubt, dass es Ausgrenzung ist, sich gegen Rassismus zu stellen? Nur Rechte? Foto: dpa

„Bei bestimmten Themen wird man heute ausgegrenzt, wenn man seine Meinung sagt.“ Dieser Aussage stimmen 69 Prozent der Wähler*innen in Sachsen zu – laut einer Vorwahlumfrage von Infratest dimap. Unter AfD-Wähler*innen sind es sogar 98 Prozent, doch auch unter den Grünen- und Linken-Wähler*innen aus Sachsen stimmen mindestens die Hälfte der Aussage zu. Und in Brandenburg sehen die Umfrageergebnisse ähnlich aus.

Die Zahlen sind erschreckend, zeigen sie doch in erster Linie, dass sich ein bestimmtes rechtes Narrativ nicht nur in rechten Milieus, sondern in allen Teilen der Gesellschaft durchgesetzt hat. Nämlich das Narrativ von den zunehmenden „Denk- und Sprechverboten“, ein Framing, das vor allem Menschen im Umfeld der AfD immer wieder aufrufen – aber nicht nur.

Die Feuilletons, Bücherregale und Magazine sind voll solcher Texte, die Autor*innen kommen aus allen politischen Richtungen. Das reicht von Zeit-Herausgeber Josef Joffe über Alice Schwarzer und verschiedensten Autor*innen großer deutscher Medienhäuser bis hin zu Politiker*innen. Meist ist dabei ein Widerspruch augenfällig: Menschen, die Zeitungsseiten und gar Bücher vollschreiben und gleichzeitig lamentieren, sie dürften nichts mehr sagen.

Mit welchen Meinungen sich die Sachsen-Wähler*innen ausgegrenzt fühlen, geht aus der Vorwahlumfrage nicht hervor. Vermuten kann man, dass es um Reizthemen wie Einwanderung oder Gleichberechtigung geht kur, um die zu Unrecht verschriene „Politische Korrektheit“.

Richtig ist: Es findet eine Veränderung statt

Dabei geht es bei der Politischen Korrektheit um genau das Gegenteil von Ausgrenzung, nämlich um den Versuch, ein respektvolles Sprechen und Umgehen zu entwickeln. Doch wann immer jemand sagt, man solle das N-Wort nicht mehr sagen oder erwachsene Frauen nicht als „Mädchen“ bezeichnen, kommt jemand anderes mit einem „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Spruch um die Ecke – und das nicht nur in Ostdeutschland, sondern im ganzen Land.

Das größte Missverständnis bei der Mär der Sprechverbote ist aber wohl: Wer kritisiert wird für eine rassistische, sexistische oder anders diskriminierende Äußerung, bekommt kein Sprechverbot. Sondern erfährt Widerspruch – berechtigterweise.

Richtig ist, dass eine Veränderung in unserer Gesellschaft stattfindet: Statt nur weißer Männer bekommen nun auch (viel zu) langsam andere Perspektiven eine Stimme in der Gesellschaft. Und erstere befürchten wohl nun, ihre Deutungshoheit zu verlieren, da auf einmal nicht nur ihre Meinung zählt. Hinzu kommt, dass es schwieriger wird seine Ressentiments frei auszuleben – ohne eins dafür auf den Deckel zu bekommen.

Doch nach wie vor ist es leider so: ausgegrenzt werden nicht diejenigen, die Angst vor Sprechverboten haben – sondern diejenigen, die von Diskriminierung betroffen sind.

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42 Kommentare

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  • Wenn uch eine Meinung habe, kann uch die äußern und muss zwungend damit rechnen, daß andere eine andere Meinung haben und äußern und damit auch meine Meinung bewerten, das nennt sich diskutieren oder streiten und ist integraler Bestandteil des demokratischen Prozesses, kommt endlich klar damit

  • Die Autorin behauptet, es gebe kein "Sprechverbot" und bringt mit ihrem Artikel doch ein typisches Beispiel dafür.

    Es behauptet ja niemand, es gebe eine klassische Zensur mit gesetzlichen Verboten.

    Das "Sprechverbot" entsteht, indem man den Anderen die moralische Integrität abspricht, ihn als rassistisch, sexistisch oder sonstwie diskriminierend markiert.

    Die Anderen erfahren nämlich keinen Widerspruch, wie die Autorin behauptet. Der Diskurs wird verweigert.

    Und ein Prachtbeispiel liefert die Autorin dann auch gleich mit:



    Die weißen Männer bangen um ihre Deutungshoheit.

    Mal abgesehen davon, dass in Brandenburg 20 % und in Sachsen 22 % der Wählerinnen für die AfD stimmten - den ostdeutschen Männern Angst um Deutungshoheit vorzuwerfen, ist eine Lachnummer.

    Welche Deutungshoheit im öffentlichen Diskurs haben denn bitte sächsische Dörfler???

    Deutungshoheit haben Ostdeutsche nicht mal über ihre eigenen Biographien.

    Selbst die wird von Leuten aus dem Westen gedeutet.

    Und seines Ressentiments kann man auch freien Lauf lassen, wenn man sich die richtige Zielgruppe sucht.

    Sachsenbashing läuft beispielsweise prima, wie zahlreiche Foristen in der Taz zeigen.

    (Und ja, na klar gibt es Nazis, Rassismus und Sexismus. Und man muss auch nicht wirklich jeden rechten Mist diskutieren.)

    • @rero:

      Wer rassistische und sonstige faschistische / faschistoide Scheiße verbreitet, dem spreche ich allerdings die "moralische Integrität" ab.



      Ich weise auch darauf hin, wenn typisch rechte Argumentationsmuster verbreitet werden.



      Ihr Kommentar ist mal wieder ein Beispiel dafür.

  • Die Interpretation der Autorin ist sehr gefällig. Sie tut so als finge Diskriminierung erst da an wo tatsächlich die Rechte einer Person so weit beschnitten werden das sie rechtlich dagegen vorgehen kann. Das dem aber nicht so ist weiß man bei der taz ganz genau, denn es erscheinen täglich Artikel in denen man sich über nicht justiziables aber dennoch diskriminierendes Verhalten beklagt.

    Politische Korrektheit ist nicht genuin links oder rechts, sie ist ein Machtinstrument und steht nur denen zur Verfügung, die großen Einfluss auf den gesellschaftlichen Diskurs haben. Das es dabei nicht immer nach demokratischen Maßstäben zugeht liegt auf der Hand. In meiner Jugend war sie vor allem für Evangelikale das Mittel der Wahl um Kirche und Glauben gegen die Naturwissenschaft zu verteidigen. Das funktionierte damals auch eine ganze Zeit lang, obwohl die Evangelikalen in einer deutlichen Minderheit waren.



    Entsprechend fand sich an der Tür einer lokalen Bar, die der linken Szene nahesteht die Aufschrift „Fuck Political Correctness“. Diese Aufschrift wurde nun im Zuge der Renovierung entfernt. Stattdessen findet sich an der gleichen Stelle nun ein Schild auf dem steht „If you are: Racist, Sexist, Homophobic, . . . Don’t come in!“. Das repräsentiert den kulturellen Wandel glaube ich ganz gut.

    Völlig falsch ist hingegen die Behauptung politische Korrektheit sei ein Mittel der Inklusion, dass Etikette und Höflichkeit gesellschaftlich bewahren will. Es geht vielmehr darum unangenehme Wahrheiten hinter der Höflichkeit anzustellen, um ganz bestimmte Personengruppen vor Kritik zu schützen. Entsprechend ist politische Korrektheit selber diskriminierend und bestenfalls ein Instrument das ausgleichende Ungerechtigkeit schafft.

    • @Januß:

      "Es geht vielmehr darum unangenehme Wahrheiten hinter der Höflichkeit anzustellen, um ganz bestimmte Personengruppen vor Kritik zu schützen."



      Können Sie mal ein Beispiel geben? Ich kann jetzt so spontan die unangenehme, kritische Wahrheit nicht erkennen, die sich z.B. in der Nutzung der Bezeichnung "Zigeuner" ausdrückt.

      • @mats:

        Politische Korrektheit ist nicht das gleiche wie die Sprachpolizei. Die Sprachpolizei ist allenfalls ein Teilaspekt politischer Korrektheit, der für sich alleine genommen politische Korrektheit aber nicht verständlich machen kann.

        Entsprechend ist Ihre Frage eine nette Fangfrage, jedoch kein geeignetes Beispiel um ernsthaft über politische Korrektheit zu streiten.

        • @Januß:

          Danke für die Begriffsanalyse, aber haben Sie jetzt ein Beispiel für Ihre eigenen Vorlagen "unangenehme Wahrheiten" und "Kritik", ja oder nein?

          • @mats:

            1/2

            Freilich habe ich die, ich nehme sogar mal zwei ganz persönliche Erfahrungen.

            Meine Mutter arbeitet an einer Schule für Kinder mit starken körperlichen und geistigen Behinderungen. Die Schule ist in einer deutschen Großstadt und eine von drei derartigen Schulen in diesem Bereich. Die Schüler kommen zu gut 50% aus drei arabischen Großfamilien. Der Anteil dieser Großfamilien an der Population beträgt gut 1%. Der Grund für diese krasse Abweichung ist in der kulturellen Prägung dieser Familien zu suchen. Dort treibt man munter Inzest und verheiratet seit langem immer wieder Cousins und Cousinen. Zu gegebenem Anlass hat meine Mutter diese Problematik gegenüber einer Lokalpolitikerin der Grünen angesprochen und darum gebeten Aufklärungsarbeit zu leisten, was mit der Aussage "Das ist politisch nicht darstellbar" abgelehnt wurde. Ich habe hier bereits einmal einen Beitrag dazu verfasst und dieser Beitrag wurde zensiert. Grund für den Unwillen darüber zu sprechen ist m.E. die Sorge das derartige Geschichten rassistische Vorurteile fördern könnten und das ist sicher auch nicht ganz von der Hand zu weisen, es ist aber natürlich sehr schwer solche Probleme anzugehen, wenn man sie nicht benennen kann.

            Ich war vor 7 Jahren einer der ersten in Deutschland die Flüchtlinge in IT Berufen ausgebildet hat. Mit der Verwaltung, welche die Organisation übernommen hat, gab es jährlich ein Treffen auf dem alle Ausbilder eingeladen waren. Es waren Personen aus verschiedensten Berufsgruppen dort. Unsere Auszubildenen waren mit dem Deutschkurs sehr unzufrieden und ich wollte deshalb um 500€ pro Person zusätzlich bitten, um einen ordentlichen (ebenfalls subventionierten) Deutschkurs realisieren zu können. Eingangs gab es eine Vortsellungsrunde, in der u.A. auch die Frage beantwortet werden sollte ob es besondere Probleme mit den Auszubildenden gibt.

            • @Januß:

              2/2

              Etwa die Hälfte der Teilnehmer war vor mir dran und keiner hatte etwas zu beanstanden. Das hat mir schon zu denken geben aber ich habe dennoch die Sprachproblematik angesprochen. Nachdem ich das getan hatte fiel den Personen, die schon an der Reihe gewesen waren auf einmal alles mögliche ein von häufiger Krankheit und desolatem Gesundheitszustand über fehlende Grundkenntnisse in Mathematik oder einen unangemessenen Umgang mit weiblichen Kollegen war alles dabei was man sich so vorstellen kann.



              Der Witz an der Sache ist folgender: Alle anwesenden wussten das dieses Projekt ein Erfolg werden soll, um als Vorbild dienen zu können. Von diesem Geist beseelt haben Personen, denen man das nie explizit gesagt hat, den Mund zu relevanten aber unangenehmen Themen gehalten, um den Ruf des Projektes nicht zu gefährden. Die Veranstalter waren von dieser Wendung überhaupt nicht begeistert und wurden mir gegenüber sehr schmallippig. Der schlechten Leistungen der Auszubildenen war man sich allerdings wohl schon bewusst, denn später wurde angemerkt das man sich bemühe die IHK dazu zu bewegen die Bewertungsstandards für „Prüflinge mit Migrationshintergrund“ herabzusetzen. Dieser Versucht war glücklicherweise nicht erfolgreich. Länglich gesprochen wurde aber auch über Öffentlichkeitsarbeit und da kam es dann tatsächlich dazu das einzelne Begrifflichkeiten auf ihre politisch korrekte Tauglichkeit untersucht wurden. Von daher wurde auch diese Erwartung nicht enttäuscht. „Das kann man so nicht sagen!“ war vermutlich der häufigste Satz der Organisatorin in diesem Themenbereich. Der Punkt ist folgender: Politische Korrektheit schadet nicht nur dem politischen Diskurs, sondern auch denen die durch sie geschützt werden sollen. Sie ist paternalistisch und versucht unangenehme Wahrheiten hinter einem Schleier aus oberflächlicher Höflichkeit und passiv agressivem Verhalten andererseits zu verbergen.

              • @Januß:

                Hallo Janus, danke für die ausführlichen Beispiele. M.E. werfen Sie in der Ausdeutung drei Dinge zusammen: die individuelle Kommunikation, den gesellschaftlichen Diskurs und den politischen Diskurs. "Das ist politisch nicht darstellbar" oder "Wir wollen den politischen Gegnern keinen Vorschub leisten" sind gewöhnliche, politische Überlegungen. Das einzige, was diese in Ihrem Kontext mit Political Correctness in Verbindung bringt, ist das Thema "arabischstämmige Migrantenfamilien". Ginge es darum, politisch bloß nicht zu argumentieren, dass bestimmte deutschstämmige Schichten arbeitsscheu seien, würde man PC nicht einmal assoziieren.

                Auch beim zweiten: Jedes öffentlich geförderte soziale Projekt wird sich schwertun damit zuzugeben, dass maßgebliche Faktoren für den Projekterfolg in Planung und Durchführung nicht berücksichtigt wurden. Ginge es um die Lese-Rechtsschreibschwäche deutschstämmiger Hauptschüler, wer würde behaupten, hier würde PC einen offenen Diskurs verhindern?

                Und öffentlich sprechen konnten Sie ja. Das Ihre Argumentationen nicht von den betreffenden Organisationen übernommen werden, ist keine Zensur, sondern eine politische / taktische Entscheidung.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Oh gäbe es doch ein Sprechverbot. Deutlich weniger Dreck würde einem die Ohren verstopfen.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Angenehm wäre das vielleicht aber hätte es ein solches Sprechverbot vor 200 Jahren bereits gegeben würde man Homosexuelle vermutlich immer noch einknasten und Frauen hätten immer noch kein Wahlrecht.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Januß:

        Da ist was dran. Ich wollte eigentlich nur das Geheule um angebliche Sprechverbote karikieren.

        Die, die sich über dieses behauptete Verbot am meisten echauffieren, können dies 24/7 tun, ohne dass ihnen jemand ein Haar krümmt oder ihnen sonst etwas passiert.

        Sie stoßen ja vielmehr auf jede Menge klebriges Verständnis.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Da ist was dran



          -----------------------------------------------------



          Da is' gar nix dran, das ist vielmehr Blödsinn.



          "Vor 200 Jahren" gab es echte "Sprechverbote", nannte sich auch "Zensur".



          Und Diejenigen, die hier ,bewusst irreführend, "Sprechverbote" behaupten, wollen keine Menchen- / Bürgerrechte erkämpfen, sondern im Gegenteil erkämpfte Rechte wieder abschaffen oder einschränken.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Das Verständnis kommt, wie hier beschrieben, ja sogar von nicht unerheblichen Teilen links eingestellter Mitbürgern.

          Denkt man mal über das nach was mit Sprachverbot i.d.R. gemeint ist dann ist das auch nachvollziehbar. Sich immer nur daran festzuhalten das dieses angebliche Verbot in echt "nur" gesellschaftliche Ächtung sind hilft ja auch nicht weiter.

          Wäre Ihre Reaktion eine andere, wenn sich Rechte in Zukunft über eine gesellschaftliche Ausgrenzung beschweren, die ernsthafte Konsequenzen für ihr Privat- und Berufsleben hat?

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @Januß:

            "Wäre Ihre Reaktion eine andere, wenn sich Rechte in Zukunft über eine gesellschaftliche Ausgrenzung beschweren, die ernsthafte Konsequenzen für ihr Privat- und Berufsleben hat?"

            Example?

  • Natürlich findet auf Grund von unbequemen Meinungen Ausgrenzung statt. Die taz gehört zu den Ersten, die das beklagt, wenn auf unbequeme Meinungen mit Hatespeech reagiert wird.



    Wir machen hier den Fehler, immer nur an eine Fallgruppe zu denken (rechtsextreme Meinungsäußerung). Die Fälle sind aber über das ganze Meinungsspektrum verteilt - weshalb die Grünen-Wähler*innen das Problem ebenfalls sehen.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Wer kritisiert wird für eine rassistische, sexistische oder anders diskriminierende Äußerung, bekommt kein Sprechverbot."

    Weil diese Themen mit deutscher Gründlichkeit verkopft werden, ist es für einen Normalo wirklich anstrengend sich im progressiven Minenfeld zu bewegen, ohne etwas zu triggern. In dem geht z. B. kindgerechter Spaß nicht ohne intensive Reflektion:

    "In diesem »KiDs aktuell« möchten wir dazu einladen, genauer hinzugucken und aufmerksamer zu werden für die Wirkung von Verkleidungen, die rassistische, kultu-ralisierende oder geschlechtsstereotype Bilder bedienen. Es geht darum, uns darüber klar zu werden, welche Botschaften auch bei Fasching an Kinder weitergegeben werden und wie diese Botschaften auf sie wirken. Ziel ist, das Fest so zu gestalten, dass alle daran Spaß haben können."

    situationsansatz.d.../kids_fasching.pdf

    • @83492 (Profil gelöscht):

      "ist es für einen Normalo wirklich anstrengend sich im progressiven Minenfeld zu bewegen"



      Och, die armen "Normalos".

    • @83492 (Profil gelöscht):

      "im progressiven Minenfeld"



      Können Sie mal konkretisieren, welche Mine genau hochgeht, wenn man unbedarft seinen kleinen Leon als Indianer in den Kindergarten gehen lässt, und mit welchen Verletzungen man als Vater/Mutter aufgrund der Detonation zu rechnen hat?

  • Besorgte Nazis möchten nunmal von anderen nicht gerne Nazis genannt werden. Untereinander ist das für sie aber überhaupt kein Problem - ganz im Gegenteil.



    Die eine Hälfte des linken Lagers hält es für klug, darauf Rücksicht zu nehmen, die andere Hälfte nicht. So what?

  • Vielleicht ist es der Analyse förderlich, man verzichtet auf das Gegensatzpaar versus als Quelle für die Wahrnehmung der Befragten. Natürlich existier(t)en Denk- und Sprechverbote in allen Gesellschaften zu jeder Zeit und wurden und werden sanktioniert - „Nestbeschmutzer“, „Vaterlandsverräter“, „unislamisch“, „untürkisch“, „unchristlich“, „eines Ehrenmannes nicht würdig“, „unritterlich“ - auch die Sanktionsformen haben sich prinzipiell nicht verändert: Pranger, Gesichtsverlust, Ausschluss aus Gemeinschaften, Verbot des Umgangs, Verbannung, Boykott oder wirtschaftliche Benachteiligung - gerichtet an Einzelpersonen, Unternehmen oder Gruppen von Menschen.

    Was sich allerdings verschoben/aufgelöst hat, ist das gemeinsame Verständnis



    der Grenze, die man überschritten haben muss, um ein Denk- oder Sprechverbot „begangen zu haben“, welches sodann von der gesellschaftlichen Mehrheit sanktioniert wird.

    Fehlt dieser Konsens - einzelne Menschen verfügen über unterschiedliche Toleranzlevel gegenüber Normverletzungen - und fühlen sich auch schon aktivistische Minderheiten dazu berufen, Sanktionen ohne Rückhalt oder in glatter Ignoranz der Mehrheitsgesellschaft, einzufordern oder umzusetzen, dann ist Verunsicherung, was sagbar ist, sowie ein Rückzug ins Private und Familiäre, wo die Sicherheit vor unvorhersehbarer Sanktion gegeben ist, verständlich.

    Ein Satz, den man im Vorfeld der Wahlen in Sachsen und Brandenburg so oder so ähnlich häufiger gehört hat:

    „Wenn der Ossi nicht endlich mal lernt, demokratisch zu wählen, zahlen wir ihm kein Geld mehr.“

    Weitestgehend kritiklos. Nicht sanktioniert. Schaffte es sogar auf das Spiegel Cover, „So isser, der Ossi.“

  • Die Leute können einfach nicht damit umgehen wenn man ihnen widerspricht. Wenn man ihre gefühlte Wahrheit mit Fakten wiederlegt, wird das halt als Sprachverbot gewertet. Am besten gleich noch eine Verschwörungstheorie hinterher schieben. Das solche Menschen nichts mit Demokratie anfangen können, ist kein Wunder.

    • @Andreas J:

      korrekt. Die Lunte ist auch bei vielen Menschen aus meinem Umfeld extrem kurz in letzter Zeit.

  • Die Ansicht der Autorin ist zwar verbreitet, trifft aber nicht den Punkt. Sie meint, man könne jede Meinung sagen, bekomme aber eben Widerspruch. Wäre dem so, hätte nicht nahezu jeder im Land einen gänzlich anderen Eindruck. Von den Vertretern der politischen Korrektheit hört man nämlich sehr selten ruhigen Widerspruch. Stattdessen werden einem hochemotional Floskeln wie "Nazi", "Rassist" oder "Klimaleugner" entgegengeschleudert. Es wird nicht auf die sachlichen Argumente eingegangen (wozu sehr vielen auch der intellektuelle Background fehlen würde), sondern es wird versucht, die Person gegenüber lautstark verächtlich zu machen. Das ist es, was sehr viele Menschen im Lande nervt.

    • @Minga:

      "Stattdessen werden einem hochemotional Floskeln wie "Nazi", "Rassist" oder "Klimaleugner" entgegengeschleudert."



      Können diese sich nicht glücklich schätzen, keine Rotze oder Fäuste ins Antlitz bekommen zu haben oder nicht die Reifen ihrer SUVs zerstochen bekommen zu haben? ;)

    • @Minga:

      Jedes ökonomische System, was kleptoman agiert, benötigt über kurz oder lang



      1.eine Beteiligung der Mehrheit der Bürger oder



      2.eine Polarisierung/Ausspielen unterschiedlicher Gruppen.



      3.Die Verdummung der Bevölkerung bezüglich der ökonomischen Absichten durch Indoktrinierung [rein emotionale Bindung] ist daher nur konsequent.

      "Wer kritisiert wird für eine rassistische, sexistische oder anders diskriminierende Äußerung, bekommt kein Sprechverbot. Sondern erfährt Widerspruch – berechtigterweise."



      Eine inhaltliche Kritik findet jedoch nicht mehr statt, da die ökonomischen Systeme sich durch Zwang zur Problemlösung selber schaden würden.



      Das nutzen entsprechende politische Kräfte natürlich aus.

  • „Bei bestimmten Themen wird man heute ausgegrenzt, wenn man seine Meinung sagt.“

    Nein.. man wird nur sehr deutlich darauf hingewiesen das die Meinung falsch bis verachtungswürdig (Migranten und so...) ist. Und das es nicht sein kann dieses Gedankengut wieder zuzulassen nur das sich ein paar Ewiggestrige, Enttäuschte und oder unaufgeklärte Menschen besser fühlen.

    • @danny schneider:

      Bitte werden Sie deutlicher, wenn Sie Gedankengut formulieren.



      Konkret geht es um Pauschalisierungen und wann diese valide oder nicht valide sind.

  • Schon klar: Es ist nicht so, dass man nicht sagen dürfte was man denkt. Es ist nur so, dass einem niemand garantiert, dass man dafür bejubelt wird.

    Das Missverständnis historische Gründe, denke ich. Bisher war es immer so, dass die jeweils Herrschenden abweichende Meinungen nicht hören wollten. Weil Respekt für sie Unterwerfung unter den Stärkeren hieß, haben sie geglaubt, ihre Kritiker ließen es an Respekt fehlen. Deswegen sind sie mehr oder weniger entschieden vorgegangen gegen Kritiker.

    Das wirkt bis heute nach. Konservativ sozialisierte Menschen setzen Respekt immer noch mit Angst gleich. Es fühlt sich bedrohlich a für sie, eine vom Konsens abweichende Meinung zu formulieren. Sie haben dabei immer das Gefühl, man könnte sie jederzeit verschwinden lassen dafür. Dieses Gefühl aber verwechseln sie mit der Realität, die sie vor lauter Angst und Hass nicht wahrnehmen.

    Mit dem trotzigen Ruf: „Das wird man wohl noch sagen dürfen!“, versuchen sie in aller Regel, sich selbst zu therapieren. Es beruhigt sie, wenn nichts Schlimmes passiert nach dem Tabubruch. Was bleibt ihnen anderes übrig? Probieren geht über studieren. Vor allem für die unter uns, die es a) mit dem eigenen Verstand nicht so sehr haben, und die b) den neuen, angeblich besseren „Herren“ nicht trauen, weil sie ganz anders sind als alle, die sie jemals kannten.

    Was „erschreckend“ ist an Zahlen, die unser aller Geschichte sichtbar machen im Hier und Jetzt, muss man mit erst erklären. Wer hätte ernsthaft geglaubt, gewisse „Narrativ[e]“ wären ein Minderheitenphänomen? Von nichts kommt nichts, heißt es. Wobei es eins ist, ein Phänomen (endlich) wahrzunehmen. Etwas ganz anders ist es, damit vernünftig umzugehen.

    Angst macht die Realität vor allem denen, die nicht wissen, wie sie damit klar kommen sollen. Wenn solche Leute führen, werden sie scheitern. Sie ticken nämlich genau so konservativ, wie ihre Gegner – und müssen sich entsprechend entschieden abgrenzen von ihnen. Das aber stoppt die (Selbst-)Therapie.

    • @mowgli:

      "Konservativ sozialisierte Menschen setzen Respekt immer noch mit Angst gleich." bis zu "Es beruhigt sie, wenn nichts Schlimmes passiert nach dem Tabubruch."



      Das ist eine extrem scharfsinnige Überlegung, die ich so noch nicht gehört/gelesen habe. Das gilt doch eigentlich auch für in der DDR sozialisierte, wo man ja ohne Weiteres wirklich verschwinden konnte, wenn man seinen Respekt nicht in der Form des Unterlassens bestimmter Äußerungen bezeugte. Dass dies aber zu einer Internalisierung "Respekt haben = Angst haben" führt ... Ich nehme diesen Gedanken auf jeden Fall mal mit in die nächsten Tage. Danke!

  • Die Kultur des betreuten Denkens breitet sich leider immer mehr aus. Davon sind auch immer mehr Gegner rechter Gedanken betroffen. Aus Angst, ausgegrenzt zu werden, wenn sie etwas gegen Nazis sagen, halten sich mittlerweile viele aus politischen Diskussionen lieber ganz heraus. Bestimmte Themen, über die früher noch offen gesprochen wurde, sind gesellschaftlich tabu geworden, beispielsweise Flüchtlingshilfe oder der Kampf gegen rechte Gewalt.

    Seine Meinungsfreiheit kann man heute sehr viel besser im Internet, als im Freundeskreis ausleben. Aber auch dort nur in engen Grenzen. Was den Werbekunden der Zeitungen, die heute immer noch Kommentarbereiche anbieten, nicht gefällt, wird gar nicht erst veröffentlicht. Es geht schliesslich auch hier um Arbeitsplätze.

    • @Elroy Banks:

      Dazu trägt sicher bei, dass, wer sich offen gegen Nazis stellt, postwendend Drohungen im Briefkasten findet und online angeprangert wird. Social Media ersetzt den Straßenkampf.

  • Das Problem ist sehr treffend beschrieben. Aus zahlreichen Dokus wissen wir aber auch: Hinter dem Lamentieren vn rechts steckt die Idee, dass den männlichen Weißen Privilegien zustünden. Wenn diese Idee so tief in den Menschen steckt, dass sie links und rechts aufblüht, dann muss sie tiefere Ursachen haben als den naturwissenschaftlich geprägten Rassismus des 19. Jahrhunderts. Meine Frage an die Rechercheure in den Medien wäre nun: Im Judentum hat die Frau eine pointiert andere Rolle. Hängen Antisemitismus und Rassismus vielleicht an dieser Stelle eng zusammen und ist vielleicht ganz besonders die Genderfrage Kern der Hatz- und Hassbewegung? Schließlich arbeitet sich der pöbelnde Volksmund ja besonders stark an der Bundeskanzlerin ab, die in viele starke Positionen ihre Kolleginnen bugsiert.

    • @freistern:

      Ähem, die Frau hat im Judentum genau die Rolle wie auch im Christentum: Sehr viele unterschiedliche nämlich...von ziemlich unemanzipiert in irgendwelchen orthodoxen Familien bis hin zur kippatragenden Rabbinerin die gleichgeschlechtliche Paare traut...

    • @freistern:

      Antisemitismus hängen mit dem Einfluss der Juden in der Finanzelite zusammen.



      Rassismus findest du sogar besonders ausgeprägt den Chinesen, die Juden bewundern für deren Erfolge und Macht.



      Rassismus ist/war ein Herrschafts- und Kähsionsinstrument bei homogenen Gesellschaften zur Erstellung der Gruppenidentität bei gleichzeitigem Machtanspruch.

      Wie bei jedem Akteur haben Männer und Frauen bzw. Nichtbinäre unterschiedliche Zukunftsstrategien, welche die unterschiedlichen Gruppen über Ideologien zu hacken ersuchen.

  • "Nämlich das Narrativ von den zunehmenden „Denk- und Sprechverboten [...]"

    Denken Sie, lieber Autor, wirklich, dass es besonders geschickt ist, gerade im Internet, wo viele viele Menschen dieser Zensur täglich erleben und nicht nur vom Hörensagen sondern regelmäßig am eigenen Leib selber erfahren, diese zu leugnen und als "Narrativ" zu verunglimpfen?

    • @Franz Georg:

      Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen über die Beispiele von Sprechverboten in Deutschland, die Sie nun hoffentlich anführen...

  • Die Aussage „Bei bestimmten Themen wird man heute ausgegrenzt, wenn man seine Meinung sagt,“ ist aber doch nicht gleich der Aussage „Bei bestimmten Themen gilt ein Sprechverbot.“ Man kann sogar durchaus der Meinung sein, dass Leute, die bestimmte Meinungen äußern, zu Recht ausgegrenzt werden und der obigen Aussage im Rahmen einer Umfrage zustimmen. Der Artikel basiert auf einem Denkfehler, setzt Aussagen gleich, die nicht identisch sind.

  • Sie schreiben mir aus der Seele.



    Gestern habe ich mich schon bei 't-online' zu den Fehlinterpretationen der Umfrage (von intratest Dimap) beschwert gezeigt und auf die tatsächliche Diskursbreite 'im bürgerlichen Lager' (bis weit über meine persönliche Schmerzgrenze hinaus; und das ist ja auch o.k.) verwiesen.



    Danke für den Beitrag hier.

  • Wie auch immer:



    Mir ist nicht ein Grund bekannt, der es legitimieren könnte - trotz allen Frustes über die politischen Verhältnisse in D - auf eine Hass -und Hetzer Partei zu setzen! Wir Deutschen wissen, was dabei heraus kommt: Der Massentod.