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Umbau der EurozoneEuropa spart sich eine Agenda 2010

Kanzlerin Merkel scheitert mit ihrem Plan, den anderen EU-Ländern Strukturreformen aufzudrücken. Ohne einen finanziellen Anreiz will niemand mitmachen.

Nicht d'accord: François Hollande und Angela Merkel. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Der Umbau der Eurozone zu einer „echten“ Währungsunion ist ins Stocken geraten. Nachdem sich die große Koalition in Berlin offenbar endgültig von Gemeinschaftsanleihen, den Eurobonds, verabschiedet hat, droht nun auch einer umstrittenen Initiative von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Aus: Für die sogenannten Reformverträge, mit denen sich alle Euroländer auf Strukturreformen nach dem Vorbild der Agenda 2010 verpflichten sollen, ist kein Geld da.

Merkel hatte die neuartigen Verträge vor einem Jahr aus dem Hut gezaubert, um angeblich reformunwilligen Eurostaaten wie Frankreich oder Italien Beine zu machen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande hatte nach langem Zögern zugestimmt, aber finanzielle Anreize gefordert. Zuletzt hatte der Sozialist dafür eine gemeinsame Arbeitslosenkasse der 17 Euroländer ins Gespräch gebracht. EU-Kommission und Europaparlament setzten Expertengruppen ein, die das Projekt vorbereiten sollten.

Doch nun kommt das Aus – zumindest vorläufig: Wie Experten aus Kommission und Ministerrat übereinstimmend berichten, ist die Arbeitslosenkasse in Brüssel kein Thema mehr. Auch ein beim EU-Gipfel im Oktober angekündigter „Solidaritätsmechanismus“, mit dem Reformen finanziell unterstützt werden können, kommt nicht voran. Bisher ist noch nicht einmal eine Summe genannt.

Beim nächsten Gipfeltreffen im Dezember seien dazu auch keine Beschlüsse zu erwarten, erfuhr die taz aus EU-Kreisen. Denn zum einen möchte Merkel Frankreich und andere Euroländer erst einmal dazu bringen, ihre Reformverträge durchzuwinken. Im Dezember wolle man sich auf die wichtigsten „Features“ dieser Verträge einigen, heißt es in Brüssel. Zum anderen ist schlicht kein Geld da.

Kreative Lösungen

Schon das EU-Budget für 2014 bis 2020, das das Europaparlament am heutigen Dienstag nach monatelangem Streit durchwinken will, ist auf Kante genäht. Bisher ist offenbar kein EU-Staat bereit, Extrageld für einen Euro-Soli lockerzumachen.

Zwar brüten die Brüsseler Experten bereits über kreativen Lösungen. Im Gespräch ist eine Mischung aus Subventionen und Krediten, mit denen der „Solidaritätsmechanismus“ gefüllt werden soll. Doch schon bei der einfachen Frage, wer denn die Kredite an reformwillige Staaten vergeben sollte, endet die Solidarität. Ohne ein Budget dürfte jedoch die Neigung Frankreichs oder Italiens, sich vertraglich auf Reformen zu verpflichten, gegen null gehen.

Damit droht der Großen Koalition ihre erste Pleite in der Europapolitik. Im Europakapitel des vorläufigen Koalitionsvertrags sprechen sich CDU/CSU und SPD nämlich einhellig für Merkels Reformverträge aus. Demgegenüber warnen Bürgerinitiativen vor einer „Agendapolitik für alle“. Nach den Krisenländern im Süden sollten nun alle Eurostaaten auf Sozialabbau und schrankenlosen Wettbewerb verpflichtet werden.

Auch die Grünen gehen auf Distanz. Merkel sei mit ihren Reformverträgen auf „gefährlichem Kurs“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier des grünen Bundestagsabgeordneten Manuel Sarrazin und des Europaparlamentariers Reinhard Bütikofer. Damit würde „die EU-Kommission zum Kettenhund degradiert und das EU-Parlament gänzlich aufs Abstellgleis gesetzt“. Außerdem drohe eine Ausgrenzung von Nicht-Euro-Ländern wie Polen.

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7 Kommentare

 / 
  • S
    Sören

    Die Kanzlerin muss endlich begreifen, dass man in Europa zusammenarbeiten muss, und nicht einzelne Länder anderen etwas aufzwingen können. Warum sollten andere Länder dem negativen Beispiel der Agenda 2010 folgen?

     

    Das Kernproblem bleibt die fehlende Reform des Bankensektors und die Re-Regulierung der Finanzmärkte, soweit dies im europäischen Rahmen möglich ist. Wenn das ausbleibt, bringen auch Strukturreformen nur bedingt etwas, weil Staaten weiter von einem Wirtschaftssektor abhängig sind, der sich einer staatlicher Kontrolle entzieht.

     

    Wenn die Kanzlerin Europa zukunftsfest machen will, sollte sie einen anderen Weg gehen als die Agenda 2010. Investitionen in öffentliche Dienste und Infrastruktur, Innovation durch bessere Bildung und mehr Geld für Forschung wären der richtige Ansatz. Und die Förderung eines Unternehmerbildes, bei dem diese sich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst sind.

     

    Ansonsten werden wir weiter in einen Wettbewerb gezerrt, der in Bezug auf Löhne und soziale Standards ein Rennen nach unten, nicht nach oben, ist. Beim Lohn-Niveau können wir nicht mit Schwellen- und Entwicklungsländern mithalten. Die Kanzlerin steckt gedanklich in der neoliberalen Zeit vor der Finanzmarktkrise fest, aber so kann man Europa nicht in Schwung bringen.

  • Sozialabbau und schrankenloser Wettbewerb - nichts anders ist das Ziel dieser von uns bezahlten Vertreterin der nimmersatten Wirtschaftsunternehmen!

     

    Die Staaten sollen ein Almosen zahlen, von dem lächerlichen Rest, der ihnen bleibt von den Steuern die in irgendwelchen dubiosen Steueroasen landen!

     

    Alles ein absurdes Theater - es ist abzusehen, dass das bald ein Ende hat.

    Nur was für eins - das ist die Frage!?

  • CH
    Che Hero

    Damit ist das Scheitern der EU und des Euros beschlossen.

    Es ist nur noch ein Frage der Zeit, wann Deutschland einseitig aus der EU und dem Euro austreten muss, wenn es nicht weiterhin die gesamten Schulden der EU für immer übernehmen will.

    Vereinigte Staaten von Europa wird es nicht mehr geben. Die Amerikaner haben es geschafft!

    • @Che Hero:

      Es ist Unsinn, dass Deutschland alle schulden der EU übernahm. Irland wurde von der EZB gezwungen, die blödsinnigen Fehlinvestitionen eurp.Großbanken, allen voran Deutsche Bank, zurück zu erstatten. Hilfsgelder des Rettungsschirms wurden ua. direkt nach Frankfurt umgeleitet. Ähnlich verhält es sich mit Spanien. Die Länder haben uns den Ar... gerettet und nicht umgekehrt.

       

      https://www.youtube.com/watch?v=mAlCqbod9Qc

      • NS
        Na sowas
        @lions:

        Wir haben denen per Rettungsschirm geholfen, damit sie uns retten?

        Logik?

        • @Na sowas:

          Wem haben wir geholfen ? Sehen Sie sich das Video an. Wir haben den großen Banken ausgeholfen und ua. von den Iren holen "wir" es uns wieder.

  • N
    Najanaja

    Na, endlich!