Ukraine gratuliert Boris Johnson: „Lächerlich“? Wohl kaum
Boris Johnsons Kritiker sind empört, dass der im Amt gerettete britische Premierminister Glückwünsche aus Kiew beansprucht. Aber die gibt es wirklich.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenski, behauptete Zahawi, werde vor Freude „die Faust in die Luft recken, weil morgen früh sein großer Verbündeter Boris Johnson Premierminister sein wird“.
Auf Twitter hagelte es Häme und Kritik: „Verrückt“, „ekelhaft“, „lächerlich“ gehörten noch zu den höflicheren Kommentaren, und Johnson wurde vorgeworfen, die Ukraine zu instrumentalisieren.
Das Problem mit dieser Kritik: Zahawi hatte recht.
Keine Stunde nach der Verkündigung von Johnsons Sieg gratulierte Selenskis Chefberater Mychailo Podoljak per Twitter: „Führung ist immer eine schwere Last. @BorisJohnson war einer der Ersten, der die Bedrohung erkannte und mit @ZelenskyyUa stand, um die freie Welt vor barbarischer Invasion zu schützen. Die Welt braucht solche Führer.“
Und am Dienstag legte Selenski persönlich nach: „Ich bin froh, dass wir einen wichtigen Alliierten nicht verloren haben, das ist eine tolle Nachricht“, sagte der ukrainische Präsident auf einer virtuellen Konferenz der Financial Times. Boris Johnson sei „ein wahrer Freund“.
Solches Lob ist für den bedrängten Premier selten geworden. Vor der Londoner St.-Pauls-Kathedrale wurde Boris Johnson am vergangenen Freitag bei dem Gottesdienst für das 70. Thronjubiläum der Queen von einigen Zuschauern ausgebuht.
Fast genau acht Wochen vorher, am 9. April, war Boris Johnson in Kiew bejubelt worden, als er als erster westlicher Regierungschef seit Kriegsbeginn die ukrainische Hauptstadt besuchte und mit Selenski zusammen durch die Straßen ging.
Aus Sicht der Ukraine ist Großbritannien der wichtigste Verbündete in Westeuropa. Schon vor Kriegsbeginn lieferte London tausendfach panzerbrechende Raketen nach Kiew. Ohne die frühere Aufrüstung aus Großbritannien hätte die Ukraine die erste Phase des russischen Angriffs nicht überstanden.
Auch seitdem liefert die britische Regierung nicht etwa ausrangiertes Kriegsgerät wie Deutschland, sondern hochmoderne Rüstung aus eigener Produktion.
Kiew weiß den Unterschied zu schätzen – und es wäre erstaunlich, würde Boris Johnson diesen klarsten außenpolitischen Erfolg seiner Amtszeit nicht auch innenpolitisch nutzen.
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