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Ukraine-Russland-KonfliktPoroschenko setzt auf Merkel

Seit Mittwoch gilt in Teilen der Ukraine das Kriegsrecht. Der ukrainische Präsident Poroschenko bittet Deutschland und die Nato um militärische Untersützung.

Petro Poroschenko (2. v. r) am Mittwoch auf einer Militärbasis in der Region Tschernigiw Foto: dpa

Brüssel afp | Die Europäische Union verzichtet trotz des russischen Vorgehens gegen ukrainische Marineschiffe vor der Krim vorerst auf neue Sanktionen gegen Moskau. In einer am Mittwochabend von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini verbreiteten Erklärung verurteilten die 28 EU-Mitgliedstaaten zwar den Einsatz von Gewalt durch Russland als „inakzeptabel“. Neue Strafmaßnahmen drohten sie aber nicht an. Derweil bat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Deutschland und die Nato um militärische Unterstützung.

Die EU zeigte sich in der Erklärung „höchst besorgt“ über die „gefährliche Zunahme“ der Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Alle Seiten wurden zur „Zurückhaltung“ aufgerufen. Die EU-Mitgliedstaaten forderten zudem Russland auf, die drei aufgebrachten ukrainischen Marineschiffe und deren Besatzungen umgehend freizulassen und eine freie Durchfahrt durch die Meerenge von Kertsch zu garantieren.

Neue Sanktionen gegen Russland, wie sie unter anderem die österreichische EU-Ratspräsidentschaft ins Spiel gebracht hatte, wurden indes nicht angekündigt. In der Erklärung heißt es lediglich, die Europäische Union werde die Situation weiter beobachten und sei „entschlossen, in enger Abstimmung mit ihren internationalen Partnern angemessen zu handeln“. Die EU hatte 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland Sanktionen gegen Moskau verhängt.

In den vergangenen Tagen berieten die EU-Mitgliedstaaten kontrovers über ihr Vorgehen in der sich zunehmend verschärfenden Krise zwischen Moskau und Kiew. Während sich unter anderem Polen für neue Sanktionen gegen Russland aussprach, waren Deutschland und Frankreich dagegen. So sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch, das „Gebot der Stunde“ sei „Zurückhaltung und Dialog“.

Merkel hat das Land „gerettet“

Die russische Küstenwache hatte am Sonntag in der Straße von Kertsch vor der Halbinsel Krim drei ukrainische Marineschiffe beschossen und aufgebracht. Mehrere ukrainische Marinesoldaten wurden dabei verletzt. Moskau und Kiew schieben sich gegenseitig die Verantwortung für die Konfrontation zu.

Am Mittwoch trat in Teilen der Ukraine das Kriegsrecht in Kraft. Die russische Armee kündigte an, ihre Truppen auf der von Russland annektierten Krim mit Luftabwehrraketen zu verstärken.

In einem Interview mit der Bild-Zeitung vom Donnerstag rief Poroschenko Deutschland und die Nato zur Hilfe für sein Land auf. „Deutschland gehört zu unseren engsten Verbündeten und wir hoffen, dass in der Nato jetzt Staaten bereit sind, Marineschiffe ins Asowsche Meer zu verlegen, um der Ukraine beizustehen und für Sicherheit zu sorgen.“

In dem Konflikt setzt er insbesondere auf die Hilfe von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): „Kanzlerin Merkel ist eine große Freundin der Ukraine“, sagte Poroschenko. „Im Jahr 2015 hat sie durch Ihre Verhandlungen in Minsk schon einmal unser Land gerettet, wir hoffen darauf, dass sie uns zusammen mit unseren anderen Alliierten noch einmal so sehr unterstützt.“

Putin wolle „das alte russische Reich zurück“ und greife deshalb nach der „ganzen Ukraine“. „Als russischer Kaiser, so wie er sich sieht, kann sein Reich nicht ohne die Ukraine funktionieren, er sieht uns als Kolonie.“

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7 Kommentare

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  • Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich k***en möchte: Soll Deutschland sich wirklich in einen Krieg verwickeln lassen und Seit´an Seit´mit ukrainischen Faschisten lämpfen?



    Vor allem aber: Mit welchem Gerät? Alles was noch funktioniert, steht in der Türkei, Afghanistan oder Mali oder es kreuzt vor Somalia und dem Gazastreifen.



    www.zeit.de/politi...r-piloten-training

  • Merkel scheint ja viele Freunde in der Ukraine zu haben. Julija Tymoschenko, die durch Merkels helfender Vermittlung in Berlin verarztet wurde, gehört neben Poroschenko auch dazu, obwohl sie im kommenden Wahlkampf Gegner sind.



    Der Oligarch Poroschenko ist nach Kräften bemüht, Deutschland als Kriegspartei zu gewinnen. Woher nimmt er die Hoffnung?



    Stoltenberg, der Scharfmacher seitens der NATO, wäre sicherlich gerne dabei, wenn es darum geht, die Eskalationsspirale weiter zu drehen. Da kann man ja froh sein, dass momentan nicht Clinton US Präsidentin ist, denn für die Falken bei den Demokraten sollte die Ukraine der Vorwand sein, Krieg in Europa anzuzetteln. Hoffen wir, dass Trump keinen Plan hat und nicht per Twitter bekloppte Spontanerklärungen abgibt.

  • Okay. Da versucht also wieder mal ein böser Knabe, die Verantwortung für sein Rüpelei bei einer Frau abzuladen, die bald nichts mehr zu melden hat: bei Mutti.

    Wenn Merke (wovon ich ausgehen muss) scheitert, ist Proroschenko fein raus. Wieso kann ich den Kerl eigentlich nicht leiden? Ich kenne ihn doch gar nicht? Wahrscheinlich, weil einer, der weder einen vernünftig denkenden Kopf auf seinen Schultern noch einen eigenen Arsch in seiner Hose hat, kein Land regieren sollte meiner Ansicht nach.

    Aber vermutlich sehen das auch andere so – und vermutlich ist genau das Poroschenkos Problem. Der Mann hat Angst davor, nicht länger Staatschef zu sein, wenn wieder gewählt wird in der Ukraine. Deswegen zieht er den Krieg jeder Wahl vor. Er muss ja nicht sterben dabei, glaubt er. Weil das aber nicht sonderlich zeitgemäß ist, braucht er jemanden, den er verantwortlich machen kann für seine dumme Idee. Jemanden, der seine Idee teilt. Am besten jemanden, der ihm später nicht mehr gefährlich werden kann.

    Übrigens: Dagegen, dass Merkel redet mit den beiden mentalen Teenagern, kann eigentlich keiner was haben. Dagegen, dass die Nato Marineschiffe ins Asowsche Meer verlegt, damit der eine Schulhofschläger sich stärker als der andere fühlen kann, schon. Das wäre nämlich genau das, was der ebenso dämlichen wie durchschaubaren Taktik des ukrainischen Präsidenten entsprechen würde – und was außerdem Putin hilft, seine zuletzt doch etwas schwindende Macht wieder zu festigen.

    Auf das vergiftete Lob eines Despoten und seine kriminellen Hoffnungen sollte Deutschland pfeifen, finde ich. Aus Sicherheitsgründen. Mitunter muss man einfach egoistisch sein.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      ...wieso er diesen Job macht?



      1. Weil er EU- und (noch wichtiger) Nato-kompatibel ist.



      2. Weil er und seine Familie, sein 'Clan', durch seinen Job alle stinkreich werden.



      Für was braucht es da "einen eigenen Arsch" in der Hose?!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Forderung von Poroschenko nach deutschen Kriegsschiffen verdeutlicht, dass es mit einseitigen Schuldzuweisungen an Putins Russland nicht getan ist. Es scheint die Zeit der Hasardeure zu sein.

    Berlin ist gut damit beraten, den Forderungen nicht nachzugeben. Es sei denn, sie möchten die Lunte ans Pulverfass legen.

  • Unabhängig davon, das Putin eine Restauration des zaristischen Russlands betreibt, erinnert das Verhalten des Antagonisten in Kiew verdächtig, an die Vorgänge in Georgien. Auch dort versuchte ein politischer Hasardeur die EU und die Nato in einen Krieg gegen Russland zu locken. Die auf Ausdehnung ihres Machtbereichs orientierte Nato-Politik ermuntert das Spiel der korrupten Eliten in Kiew und Moskau mit dem Feuer.....

    • @Philippe Ressing:

      Tja, es gibt ja auch niemanden, der die Nato-Politiker daran hindert. Manchmal frage ich mich, wozu wir uns eigentlich eine teure Demokratie samt Gewaltenteilung leisten, wenn sie im Ernstfall nicht funktioniert? :-(