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Ukraine-HilfenNächtlicher Streit im Bundestag

Bis nach Mitternacht haben Abgeordnete über weitere Hilfen für die Ukraine gestritten. Dann kam heraus: Das Parlament war nicht mehr beschlussfähig.

Manchmal ist es hier zu leer

Berlin (dpa) | Der Parteienstreit über zusätzliche Finanzhilfen für die Ukraine hat in der Nacht zu einem vorzeitigen Abbruch der Bundestagssitzung geführt. Die Abstimmung über einen FDP-Antrag, in dem die Freidemokraten eine überplanmäßige Ausgabe von bis zu drei Milliarden Euro gefordert hatten, ergab gegen 0.30 Uhr, dass das Parlament nicht mehr beschlussfähig ist.

Die AfD, die die militärische Unterstützung der Ukraine ablehnt, hatte zuvor die Beschlussfähigkeit des Bundestags angezweifelt. Streng genommen muss dafür nämlich mehr als die Hälfte der 733 Abgeordneten anwesend sein – was zu nächtlicher Stunde aber eigentlich nie der Fall ist.

So nahmen an der Abstimmung über den Ukraine-Antrag der FDP auch nur 320 Parlamentarier teil und damit weniger als die notwendigen 50 Prozent. Daraufhin wurde die Plenarsitzung von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) beendet, obwohl eigentlich noch eine Debatte über den CO2-Preis auf der Tagesordnung stand.

Hintergrund ist ein Streit über die Frage, wie zusätzliche drei Milliarden Euro für die von Russland angegriffene Ukraine finanziert werden sollen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) möchte die Schuldenbremse dafür aussetzen. Im Gegensatz dazu wollen Union, FDP und auch die Grünen – sein verbliebener Koalitionspartner – die Waffenlieferungen über eine außerplanmäßige Ausgabe im Haushalt finanzieren.

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14 Kommentare

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  • Da hat man es der AfD aber auch leicht gemacht. Ist doch klar dass die jede Möglichkeit nutzen um Sand ins parlamentarische Getriebe zu schütten.

  • Wer nichts hat, der kann auch nichts geben. Wir haben keine weiteren Milliarden zu verschenken. Aber es ist an der Zeit, mal wieder mit mehr Sinn und Verstand auf diplomatische Lösungen zu setzen.

    • @Mouse:

      Wir verschenken nichts sondern investieren in die Schwächung des russischen Imperialismus und Diplomatie will Russland nur wenn alle seine Forderungen erfüllt werden, sagen russische Politiker immer wieder.

    • @Mouse:

      Wir haben viel und wir sind schon aus Eigeninteresse solidarisch - ob es dem Angriffskrieger passt oder nicht.

  • Der Bundestag ist so lange beschlussfähig bis durch Hammelsprung das Gegenteil festgestellt wird.

    www.bundestag.de/s...sfaehigkeit-245348

    "Dann kam heraus: " ist also sachlich falsch.

    Es sind schon viele, viele Gesetze mit weniger als der Hälfte der Abgeordneten verabschiedet worden weil niemand die Nichbeschlußfähigheit vermutet bzw. festgestellt hat.

    • @Bolzkopf:

      Dass nicht alle da sind, sondern wieder an den Unterlagen oder in der Ausschüssen, ist die Regel.



      Wenn ein solcher Antrag droht, wird ganz schnell in den Plenarsaal einberufen - hier offenbar nicht rasch genug.

  • Scholz wird nicht, wie von der SPD (und ihm?) propagiert, als Friedenskanzler im Gedächtnis bleiben, sondern als Blockierer, dessen zögern wahrscheinlich tausenden Ukrainern das Leben gekostet hat.

  • Bei dem Zustand unserer elektronischen Infrastruktur ist es verständlich, dass bei fast allen Artikeln über das gestrige Desaster im Bundestag die Kommentarfunktion geschlossen ist.

    Wahrscheinlich bekomme ich reichlich Widerspruch, aber ich bin überzeugt, dass viele Menschen ihren Charakter in ihrem Gesicht offen und leicht erkennbar vor sich her tragen.



    Bilder gestern von der AfD, ihre Grimassen, ihre Freudentänze, überhaupt das ganze Gehabe erinnern an Bilder von Hieronymus Bosch, Herr Merz passt absolut in dieses Kabinett des Grauens.

  • Verstehe ich das richtig das bei der Beschlussfähigkeit SPD und Grüne mit den Stimmen der AFD votierten?

  • Womöglich funktioniert das, wenn Behörden und ÖD nicht jeden Stift und Radiergummi einzeln zu Wucherpreisen bestellen. Veränderung nach Jahrzehnten der Steuerverschwendung ist schwer, aber "wir schaffen das".

  • Wieder so ein mieses Spiel von Olaf Scholz. In seiner fast grenzenlosen Verzweiflung wieder Kanzler zu werden setzt er die Ukraine genauso als Thema ein wie die Asylpolitik. Wenn jemand die Demokratie wirklich beschädigt dann ist es dieser ehemalige Kanzler.

    • @Günter Witte:

      Wofür sind denn bitte Wahlen da, wenn nicht, um die relevantesten Themen für die Wähler zu klären. Das nennt man Demokratie.

    • @Günter Witte:

      CO2-Preis wie auch Ukraine sind zentrale Themen für unsere Zukunft. Dass wir bei der Migration Pragmatismus statt Geifern zurückbekommen, eigentlich auch. (Ich fände Steueranpassungen bei Großvermögen, -erben wie Beschneiden der Steuertricks übrigens den saubersten Weg und auch so längst fällig.)

      Warum laden Sie etwas bei jemandem ab, den Sie womöglich nicht mögen, weil er nach 16 Jahren die naturgegebene Herrschaft der Union gewagt hat zu unterbrechen? Der bis zur Abwahl oder neuem Bundestag natürlich Bundeskanzler ist, wir haben doch alle mal das Grundgesetz gelesen.

    • @Günter Witte:

      Leider wahr.