Überpüftes Palästinenserhilfswerk UNRWA: Mehr Fakten, weniger Kampagne
Auch wenn es bei UNRWA Probleme gibt, die Strategie der diffusen Vorwürfe muss aufhören. Konkrete Beweise würden helfen.
D ie Auseinandersetzung über das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) nimmt absurde Züge an. Der nun veröffentlichte Abschlussbericht einer Prüfkommission stellt fest, Israel habe immer noch keine Beweise vorgelegt für den weitgehendsten seiner Vorwürfe: dass ganze 16 Prozent der UNRWA-Angestellten in Gaza Mitglieder von Terrororganisationen seien.
Es zeigt sich ein Muster: Statt konkrete Informationen zugänglich zu machen, stiftet die Führung in Jerusalem Verwirrung und desinformiert. Es werden Inhalte von „Geheimdienstdossiers“ an Medien durchgestochen, während die UNRWA selbst nichts Offizielles erhält. Selbst die Namen der zwölf Angestellten, die den frühen Angaben zufolge aktiv am Massaker vom 7. Oktober beteiligt waren, hat der UNRWA-Chef nur mündlich diktiert bekommen.
Fakt ist: Es gibt Probleme bei der UNRWA. Das zeigt auch der Bericht. Fakt ist aber auch, dass Israel das Hilfswerk in Gänze in Misskredit ziehen will. Netanjahu hat erklärt, die Arbeit der UNRWA zumindest in Gaza beenden zu wollen. Hintergrund der Kritik ist einerseits der nicht ganz unbegründete Unmut darüber, dass die UNRWA das palästinensische Flüchtlingsproblem zementiert. Andererseits aber auch, dass die UNRWA daran erinnert, dass es eine politische Lösung statt eines militärischen Managements des Nahostkonflikts braucht.
Doch die Strategie der diffusen Vorwürfe muss aufhören. Fakten müssen her, Unstimmigkeiten ausgeräumt werden. Worauf basieren die Anschuldigungen gegen 16 Prozent der Angestellten? Einst war von einer Computerdatei mit einer Hamas-Mitgliederliste die Rede, die mit der Liste der UNRWA-Angestellten abgeglichen wurde. Ist das die Basis der Berechnung? Warum lassen sich daraus keine konkreten Beweise generieren?
Die Vorwürfe gegen die UNRWA sind schwer, die Arbeit des Hilfswerks ist aber wichtig. Stimmen die Anschuldigungen, dann – und nur dann – müssen Geberländer Konsequenzen ziehen. Die Desinformationspolitik von Israels Regierung legt leider den Verdacht nahe, dass Missstände ausgeschlachtet werden, um Kampagne zu machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei