Überlastete Eltern in der Pandemie: Kommt malen, spielen, wischen

Vier von vier Familienmitgliedern der Autorin waren nach Corona-Ausbruch in der Kita positiv. Eltern brauchen jetzt Hilfe aus ihrer Umgebung.

Coronaviren, gemalt von einer Kinderhand

Wenn Corona durch die Kitas zieht, brauchen Eltern endlich Hilfe Foto: tas/plainpicture

Wir hatten es alle. Vier von vier hatten einen positiven Selbsttest nach einem Corona-Ausbruch in der Kita vor zwei Wochen. Einen PCR-Test konnte der Vierjährige nur machen, nachdem er drei Stunden mit seinem Vater in der Kälte auf einem (mitgebrachten) Klappstuhl vor einem Testzentrum in Berlin ausharrte. Zwei Tage vorher hatte er noch Fieber. Der Rest der Familie verzichtete dann auf das Vergnügen. Kinderärztin und Gesundheitsamt waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu erreichen.

Seit einer Woche sind wir negativ, die Symptome gehen zurück. Was bleibt, ist ein Ausschlag im Gesicht des Babys, die Angst vor PIMS und die Sicherheit, dass Familien komplett sich selbst überlassen werden. Dass man es nach zwei Jahren Pandemie als Stadt nicht gebacken kriegt, zumindest Haushaltshilfen oder Kinderbetreuung für erkrankte Alleinerziehende bereitzustellen. Nicht mal ein kostenfreies PCR-Test-Taxi oder einen Einkaufsdienst hat man sich rausschütteln können, während politisch entschieden wurde, Kinder und Eltern dem Virus auszusetzen.

Was auch bleibt ist die Erschöpfung. Wir Eltern sind auf einem Level erschöpft, das ich noch nicht kannte. Dabei sind wir zu zweit. Die Arbeit von Eltern wird in diesem Land so sehr missachtet, dass wir längst streiken müssten. Doch das ist das Problem mit unsichtbarer Arbeit. Wer sie nicht sieht, wenn sie passiert, dem fehlt sie auch nicht, wenn sie nicht passiert. Was bringt es, wenn ich morgen kein Frühstück mache und die Wäsche liegen bleibt? Nichts, außer hungrige Kinder und einen größeren Wäscheberg für übermorgen.

Hilfe aus der Umgebung

Ich bin kein Fan von individuellen Lösungen für strukturelle Probleme, aber Eltern brauchen jetzt Hilfe aus ihrer Umgebung. Und ja, Kinder zu bekommen, ist eine private Entscheidung. Doch sie großzuziehen, ist keine private Angelegenheit. Es bleibt so lange ein Dienst an der Allgemeinheit, solange diese Kinder später alles am Laufen halten sollen. Solange sie für alle Renten aufkommen sollen und nicht nur für die ihrer Eltern. Ein Verteilungskampf richtet sich ohnehin besser nach oben als gegen Menschen mit oder ohne Kinder.

Eltern brauchen jetzt Solidarität. Jemanden, der vorbeikommt und nicht Kaffee und Kuchen erwartet, sondern ein paar Stunden mit den Kindern malt, baut, spielt oder spazieren geht. Jemand, der zuhört und Wäsche faltet. Jemand, der das Altglas wegbringt, den Flur wischt, zur Post geht, den Wocheneinkauf macht und ihn vielleicht sogar bezahlt, wenn nötig. Der Mails schreibt an Politiker*innen, sie anruft: finanzielle Sicherheit für Alleinerziehende, Anpassung von Kinder- und Elterngeld an die Inflation, armutssichere Sozialleistungen, mehr Kinderkrankentage bei voller Lohnfortzahlung und besserer Kündigungsschutz. Ein Recht auf Homeoffice, flexible Hilfen für pflegende Eltern und leichter Zugang zu psychiatrischer Hilfe für Eltern und Kinder. Die Liste ist endlos.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.