Überfall auf Kreuzberger Urgestein: Solidarität mit HG
Der Inhaber des „Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf“ in Kreuzberg wird überfallen und verletzt, kann die Räuber jedoch in die Flucht schlagen.

Die Männer hätten die Aushändigung seiner Geldbörse gefordert, doch er habe die Waffe als Schreckpistole erkannt und sich gewehrt, indem er einen der Männer boxte und ihm mit seinem Rollstuhl in eine Ecke stieß. „Darauf hob er meine Mütze hoch und schlug mir mehrmals mit der Pistole auf Kopf und Nacken“, beschrieb HG das Vorgehen des Täters.
Mittlerweile kam ein weiterer Kunde, der sich im hinteren Teil des Ladens befand, HG zur Hilfe. Die Täter flüchteten ohne Beute, die Polizei ermittelt. HG ließ seine Kopfverletzungen im Krankenhaus behandelt, am Freitag wurde er auf eigenen Wunsch entlassen. „Der Heilungsprozess verläuft gut“, sagte HG, der bereits wieder in seinem Laden in der Falckensteinstraße arbeitet. Doch der Schock sitzt tief.
Mit Entsetzen nahmen auch viele Freund*innen und Genoss*innen die Nachricht von dem Überfall auf. Schließlich sind HG und sein Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf „das Überbleibsel eines wilderen Kreuzberg“, wie es der Tagesspiegel einmal ausdrückte. Seit fast 40 Jahren betreibt HG seinen Laden, der zunächst an die Kreuzberger Besetzer*innenbewegung angebunden war. Bis 2016 war sein Domizil in der Manteuffelstraße 99, woran das Kürzel M99 noch erinnert. Dann wurde er dort Opfer der Verdrängung. Nach längeren Auseinandersetzungen und einer großen Solidaritätskampagne unter dem Teil „HG bleibt“ konnte er in der Falckensteinstraße einen neuen Laden einziehen.
Solidarische Besuche
Doch auch dort werden die Veränderungen des Stadtteils sichtbar. „Die linken Jugendlichen, die oft aus kleineren Orten kamen, um bei HG T-Shirts und linke Literatur kaufen, bestellen jetzt im Internet“, sagt Fred, ein langjähriger Bekannter. „Vielleicht erinnert der Überfall manche daran, dass es den Laden noch gibt“, ist seine Hoffnung. Am Tag nach dem Überfall war der Andrang tatsächlich groß. Viele Besucher erkundigen sich nach dem Befinden von HG und fragten, wie sie ihn unterstützen können.
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