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USA nimmt weiße Südafrikaner aufRegierung Trump glaubt den eigenen Märchen

Weil Südafrikas weiße Buren („Afrikaner“) angeblich von Völkermord bedroht sind, dürfen sie in die USA. Der erste Charterflug sorgt für Kontroversen.

Der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau begrüßt die erste Gruppe sogenannter Afrikaner-„Flüchtlinge“ am 12. Mai Foto: Julia Demaree Nikhinson/ap/dpa

JOHANNESBURG taz | Als Donald Trump im Januar sein Amt als Präsident der USA antrat, gehörte zu seinen ersten Maßnahmen eine Verschärfung der Flüchtlingspolitik, wonach im Wesentlichen niemand mehr als Verfolgter ins Land gelassen wird.

Mit einer Ausnahme: weiße „Afrikaner“, wie in Südafrika die von niederländischen Siedlern abstammenden afrikaanssprachigen Buren genannt werden, die nach Ansicht Trumps von einem „Genozid“ bedroht sind – eine Behauptung, die zusammen mit einigen anderen Streitpunkten zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Pretoria und Washington geführt hat.

Diese Woche wurden Fakten geschaffen: Die erste Gruppe sogenannter Afrikaner-„Flüchtlinge“ wurde in den USA willkommen geheißen. Per Charterflug kamen 49 Personen am Flughafen Dulles in der US-Hauptstadt Washington an und wurden von der US-Regierung begrüßt.

„Diese großartige Leistung auf Anweisung von Minister Rubio beantwortet Präsident Trumps Aufruf, der Flüchtlingsansiedlung dieser vulnerablen Gruppe, die mit ungerechter Rassendiskriminierung in Südafrika konfrontiert ist, Vorrang zu gewähren““, erklärte US-Außenministeriumssprecherin Tammy Bruce. Die Aufnahme der weißen Südafrikaner sende „eine klare Botschaft“, dass Amerika Opfer von Rassendiskriminierung Schutz gewähre. „Wir stehen mit diesen Flüchtlingen beim Aufbau einer besseren Zukunft für sie und ihre Kinder in den Vereinigten Staaten.“

Südafrikas neues Enteignungsgesetz im Visier

Gemeint ist mit „Rassendiskriminierung“ in diesem Fall das Enteignungsgesetz, das Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa im Januar nur wenige Tage nach Trumps Amtseinführung in Kraft setzte. Es ersetzt das bisherige Gesetz aus dem Jahr 1975, in der Apartheid-Ära, das staatliche Landenteignungen nur auf freiwilliger Basis erlaubte, und erlaubt Zwangsenteignung im „öffentlichen Interesse“, sofern sie „gerecht“ ist.

Das Gesetz ist ein Versuch der regierenden ehemaligen Befreiungsbewegung ANC (African National Congress), alte Ungerechtigkeiten zu überwinden. Über 30 Jahre nach Ende der Apartheid besitzt die Afrikaner-Gemeinschaft noch immer über 75 Prozent des Landes in Südafrika, obwohl sie lediglich 7 Prozent der Bevölkerung stellt. Die Mehrheit der Schwarzen ist besitzlos. Radikale schwarze Oppositionsparteien kritisieren den ANC seit langem dafür, daran nichts geändert zu haben. Auch unter dem neuen Gesetz ist es noch zu keiner einzigen Enteignung gekommen.

Der Afrikaner-Interessenverband „Afriforum“ steht nun an der Spitze einer Desinformationskampagne, die behauptet, dass Südafrikas Regierung eine neue Politik der Segregation gegen die Weißen betreibt. „Dass die erste Gruppe von Afrikanern nun als Flüchtlinge das Land verlässt, ist eine ernste Anklage gegen die ANC-geführte Regierung, die sich weiterhin weigert, Aufrufe zur Gewalt gegen Afrikaner wie ‚Kill the Boer‘ zu verurteilen“, sagte Kallie Kriel von „Afriforum“.

Kriel warf der Regierung außerdem vor, mit diskriminierender Rassengesetzgebung Afrikaner und andere Minderheiten zu benachteiligen. „Mit dem neuen Enteignungsgesetz stehen Afrikaner und andere Landbesitzer direkt im Fadenkreuz der Regierung“, behauptete er. Der ANC regiert seit vergangenem Jahr allerdings erstmals in einer Koalition mit mehreren Parteien, darunter die bisher größte Oppositionspartei DA (Democratic Alliance), die aus ehemals weißen Parteien hervorging, sowie einer Interessenvertretung der Afrikaner.

Schriftsteller und Aktivist Pieter Kriel – nicht verwandt mit Kallie Kriel – widerspricht den Kritikern: „50 Afrikaner fliehen aus Südafrika und beanspruchen Flüchtlingsstatus. Aber es gibt keinen Genozid, es gibt bloß Angst vor Verlust einer Vormachtstellung. Südafrikas Krise ist Realität, aber sie wird von allen geteilt. Dies ist keine Verfolgung, es ist Panik. Weglaufen ist keine Lösung, man muss bleiben und zum Teilen bereit sein.“

„Sie werden nicht verfolgt“, sagt Präsident Ramaphosa

Präsident Ramaphosa reagierte auf den Charterflug auf dem Unternehmergipfel Africa CEO Forum, der in der Elfenbeinküste stattfindet, und äußerte sich ähnlich: Die in die USA geflohenen Südafrikaner erfüllten nicht die Kriterien von Flüchtlingen. „Sie werden nicht verfolgt oder schlecht behandelt – sie gehen, weil sie die Veränderungen nicht akzeptieren, die in unserem Land im Einklang mit unserer Verfassung stattfinden“, sagte er. „Nelson Mandela und Oliver Tambo haben uns beigebracht, eine geeinte Nation aufzubauen. Südafrika gehört allen, die darin leben, und niemand wird verdrängt.“

Auch in den USA ist die Angelegenheit umstritten. „Es ist ein Rätsel, wieso die Trump-Administration Afrikaner zur Ansiedlung annimmt, während für Tausende legitime Asylsuchende, die vor Verfolgung geflohen sind und die oft in Lebensgefahr waren, eine unbegrenzte Suspendierung in Kraft bleibt“, erklärte Senatorin Jeanne Shaheen, die im außenpolitischen Ausschuss des US-Senats sitzt. Laut UN gebe es keine Fluchtgründe aus Südafrika. „Die Entscheidung dieser Administration, einer bestimmten Gruppe Vorzugsbehandlung zu gewähren, ist ganz klar politisch motiviert und ein Versuch, die Geschichte umzuschreiben.“

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7 Kommentare

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  • Umverteilung nutzt gar nichts, wenn der Prozess darum herum korrupt ist bis ins Mark. Dann hat man danach unbestellte Felder und Hungersnöte. Dass die DDR-Landwirtschaft funktioniert hat (sicherlich nicht mit Blick auf Bioqualität), hatte auch damit zu tun, dass nicht alle Fehler der frühen Sovietunion wiederholt wurden. Und es war kein Prozess entlang rassifizierender Kriterien, sondern entlang der Linie: "Wer das Feld bestellt, dem soll es auch (mit-)gehören." 1949 arbeiten noch 30% der Erwerbstätigen der DDR in der Landwirtschaft. Umverteilung bedeutete also für ein Drittel der Bevölkerung eine Veränderung in den Besitzverhältnissen. Heute arbeiten in Deutschland noch 1,2% im primären Sektor. Umverteilung wäre also nicht von oben nach unten, sondern von wenigen zu wenigen. In Südafrika ist das nicht anders. Dort arbeiten aktuell nur noch 14% im primären Sektor. 86% der Beschäftigten hätten von einer Umverteilung nichts, im Gegenteil, wahrscheinlich nur teurere Lebensmittel. Statt entschädigungsloser Enteignung könnte sich Politik auch auf Wirtschaftsförderung, Ausbildung und Wohlfahrtspflege konzentrieren, aber dann kann man Menschen nicht so schön gegeneinander ausspielen.

  • Wenn dann die meisten US-Amerikaner wieder nach Europa zurückgehen und den ersten Amerikanern das Land wieder überlassen, fürchte ich endgültig um die hiesige Esskultur, aber dann wäre es so.

  • Das ist doch kein "Rätsel"! Na gut, vielleicht für die Senatorin Jeanne Shaheen.

    Eine faschistoide Regierung will schlicht immer weiter Tatsachen schaffen um die eigene perfide Denkweise zu etablieren.

    Gebt Faschisten keinen Raum, nutzt keine Produkte und Dienstleistungen mehr aus den USA!

  • Verstärkung der Pretorianer-Garde:



    de.wikipedia.org/wiki/Elon_Musk

  • Ja, witzig oder? Als ich das gestern hörte musste ich laut lachen. Die alten Sklavenhalter, die zig Millionen Menschens in den Tod oder wenigstens ins totale Leid gestürzt haben, sind jetzt die Opfer eines "rassistischen Völkermordes". Meint die Quelle aller Wahrheit: Trump.



    Die haben zumindest Humor.