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USA heben Sanktionen aufBosnischer Serbenführer Dodik wieder salonfähig

Vor wenigen Monaten verlor Bosniens Serbenführer Miloran Dodik sein Präsidentenamt. Jetzt fallen die US-Strafmaßnahmen gegen den Nationalisten.

Zwei Trump-Freunde unter sich: Miloran Dodik und Wladimir Putin, hier im russischen Sotschi am 2. Oktober Foto: Mikhail Metzel/ap
Erich Rathfelder

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Erich Rathfelder aus Sarajevo

Milorad Dodik, der starke Mann der serbischen Nationalisten in Bosnien, hat zwar sein Amt als Präsident der bosnisch-serbischen Republik Srpska verloren – aber jetzt kann er beruhigt in seinen Lebensabend gehen. Das US-Finanzministerium hat die Aufhebung der Sanktionen gegen ihn und zahlreiche seiner Mitarbeiter angekündigt. Damit können Dodik und diese Leute sich wieder frei bewegen und Geschäftsbeziehungen eingehen. Seine Firmen und Firmenbeteiligungen kann der „Chef einer Kleptokratie“, so seine Gegner, weiterführen.

Nach den verfügbaren Informationen ist der Schritt mit einem informellen Deal zwischen Dodik und der US-Regierung von Präsident Donald Trump verbunden. Die Entscheidung beseitigt die Sanktionen gegen Dodik und seine Familienmitglieder Igor und Gorica Dodik. Auch sie können nun wieder Unternehmen wie Alternativna televizija (ATV), Infinity Media, Prointer ITSS, Agape Restaurant und andere Unternehmen leiten. Neben Dodik und seiner Familie wurden auch Strafen gegen treue Parteigänger aufgehoben, darunter Željka Cvijanović, seine Ex-Premierministerin, und Personen aus seinem inneren Kreis.

Dieser Akt markiert eine signifikante Verschiebung der US-Sanktionspolitik gegenüber Bosnien und Herzegowina. Dodik stand seit 2017 unter US-Sanktionen. Washington bezichtigte ihn, ihn das Dayton-Friedensabkommen behindert zu haben, das 1995 den Bosnienkrieg beendete, und sich an korrupten Praktiken beteiligt zu haben. Doch dieser Druck ist weg.

Damit werden Jahrzehnte internationaler Politik in Bosnien und Herzegowina negiert. Seit zwei Jahrzehnten hatte der Putin-Freund Dodik in dem serbisch dominierten Teilstaat Republika Srpska das Sagen gehabt, der 48 Prozent des Staatsgebietes umfasst. Die Bosniakisch-Kroatische Föderation und das Sondergebiet um Brčko umfassen die restlichen 52 Prozent. Dodik hat immer wieder die Loslösung des Teilstaates und damit die Zerschlagung des Gesamtstaates von Bosnien und Herzegowina ins Spiel gebracht.

Christian Schmidt gegen Dodiks Teilungspläne

Immerhin war es den Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft gelungen, das Land zu stabilisieren. Der Hohe Repräsentant, der für die Einhaltung der zivilen Bestimmungen des Friedensabkommens sorgen soll, darf bosnische Amtsträger entlassen, wenn sie gegen das Dayton-Abkommen verstoßen. Das ist bei Dodiks Teilungsplänen der Fall. Seit 2021 bekleidet der deutsche CSU-Politiker Christian Schmidt dieses Amt und hat in den letzten Jahren versucht, das Gefüge des Staates Bosnien und Herzegowina zusammenzuhalten und eine gewisse Stabilität abzusichern. Dadurch geriet er immer wieder mit Dodik in Konflikt.

Im Juli 2024 setzte Dodik zwei Gesetze in Kraft, die das Parlament der Republik Srpska 2023 beschlossen hatte und die die Umsetzung von Entscheidungen des Hohen Repräsentanten untersagten. Er tat dies, obwohl Schmidt die Nichteinhaltung seiner Beschlüsse schon unter Strafe gestellt hatte. Dodik kümmerte das nicht. Er war sich sicher, dass Russland und Ungarn ihm zur Hilfe kommen würden, und wollte in diesem Jahr die Abspaltung der Republika Srpska und ihren Beititt zu Serbien vollenden. Dodik wurde aber wegen Missachtung von Entscheidungen des Hohen Repräsentanten zur Rechenschaft gezogen. Im Februar 2025 fällte das oberste Gericht in der Hauptstadt Sarajevo sein Urteil: Dodik wurde schuldig gesprochen und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Für sechs Jahre darf er kein politisches Amt mehr ausüben, hat also Berufsverbot. Am 1. August bestätigte eine Berufungskammer das Urteil.

Der Haft entging Dodik zwar durch Zahlung einer Geldstrafe – in Bosnien können sich die Reichen und Mächtigen freikaufen – aber trotzdem war der starke Mann der bosnischen Serben nach fast zwei Jahrzehnten an der Macht des Amtes enthoben. Dodik musste vor der gesamtstaatlichen Justiz kuschen und konnte nach seiner Absetzung auch nicht verhindern, dass nun Gesetze, die er in seiner Teilrepublik erlassen ließ, annulliert werden. Stattdessen hat die Zentrale Wahlkommission vorgezogene Neuwahlen zum Präsidentenamt in der Republika Srpska für den 23. November angesetzt.

Doch wird sich Dodik nach der Intervention Trumps nun wirklich geschlagen geben? Seine von ihm bestimmte und nicht gewählte Nachfolgerin Ana Trišić-Babić, die ehemalige Vizeaußenministerin von Bosnien und Herzegowina, ist eine enge Vertraute und Verbündete. Mit Trumps Unterstützung könnte Dodik auf die politische Bühne zurückkehren, zum großen Bedauern der bosnisch-herzegowinischen Zivilgesellschaft und der demokratisch orientierten Europäer, und weiter die Zerschlagung der multireligiösen und multinationalen Gesellschaft Bosnien und Herzegowina betreiben. Ganz im Sinne der Trumpisten.

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