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US-Wahl 2024Vom Trump-Kritiker zum Running Mate

Donald Trump zieht mit seinem einstigen Gegner J. D. Vance in die US-Wahl im November. Der 39-Jährige ist sein Kandidat für die Vizepräsidentschaft.

Ein“ Klon von Trump“? Senator J. D. Vance in Milwaukee Foto: Charles Rex Arbogast/ap

Washington taz | Das Rätselraten, wer bei der US-Wahl im November an der Seite von Donald Trump antreten wird, hat ein Ende. Am ersten Tag des republikanischen Nominierungsparteitags gab der frühere US-Präsident am Montag bekannt, dass er den US-Senator J. D. Vance als Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten ausgewählt hat. Die Delegierten des Parteitags in Milwaukee stimmten wenig später für den 39-jährigen Senator aus Ohio.

„Nach langen Überlegungen und unter Berücksichtigung der enormen Talente vieler anderer bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Person, die am besten für die Position des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten geeignet ist, Senator J. D. Vance aus dem großartigen Staat Ohio ist“, schrieb Trump am Montag in einem Post auf seinem hauseigenen sozialen Netzwerk Truth Social.

Vance hat in den vergangenen Jahren eine persönliche und politische Transformation vollzogen. Aus dem ehemaligen Trump-Gegner wurde einer seiner größten Unterstützer. Er gehört zu seinen loyalsten Anhängern im US-Senat und hat auch Trumps Lüge über eine gestohlene Wahl im Jahr 2020 während der vergangenen Jahre mitgetragen und weiterverbreitet.

Laut einer E-Mail von Trumps Wahlkampfteam soll Vance die Kandidatur als Vizepräsident mit den folgenden Worten angenommen haben: „Herr Präsident, es wäre mir eine Ehre, Ihr Vizepräsident zu sein. Während Ihrer Amtszeit war Amerika am stärksten. Unsere Wirtschaft brummte, unsere Grenze war unter Kontrolle, unsere Städte waren sicher und wir wurden im Ausland respektiert. Als Ihr Vizepräsident werde ich Ihnen treu zur Seite stehen“.

Im Interview mit dem rechten Nachrichtensender Fox News erklärte er am späteren Abend, dass Trump ihn erst kurz vor der offiziellen Bekanntgabe angerufen habe, um ihm formell die Position als Vizepräsident anzubieten. Trump habe auch mit seinem siebenjährigen Sohn gesprochen. „Es war ein Moment, den ich niemals vergessen werde.“ Am Mittwoch will Vance auf dem Parteitag der Republikaner eine Rede halten.

Biden: „Ein Klon von Trump“

US-Präsident Joe Biden hielt sich in seinen Aussagen bedeckt und erklärte gegenüber Journalisten nur, dass Vance in seinen politischen Ansichten „ein Klon von Trump“ sei. Er sehe keinen Unterschied.

Mit der Wahl des Vizepräsidenten versuchen Kandidaten oftmals, eigene Schwächen zu kaschieren oder bestimmte Wählergruppen zu erreichen. Die Ernennung von Mike Pence zum Vizepräsidentschaftskandidaten vor seinem ersten Wahlsieg 2016 diente dazu, die christlich-konservativen Wähler im Land anzusprechen.

Mit J. D. Vance hat Trump dagegen jemanden ausgewählt, der dieselben Wähler anzieht wie er selbst. Mit seiner Klon-Aussage hat Biden daher nicht unrecht. Vance ist Teil der neuen Rechten, gemeint sind damit populistische Politiker mit konservativen Werten. Er ist für breit angelegte Einfuhrzölle, gegen militärische Interventionen der USA, vor allem in der Ukraine, und gegen Kürzungen des amerikanischen Sozialversicherungssystems.

Beim Thema Abtreibung hat Vance, der selbst Abtreibungen nicht befürwortet, seine Ansichten etwas gelockert. Nachdem mehrere US-Bundesstaaten, darunter auch Ohio, in den vergangenen Jahren für ein gesetzliches Recht auf Abtreibung gestimmt haben, erklärte er gegenüber CNN, dass Republikaner akzeptieren müssten, dass die Menschen kein „landesweites Abtreibungsverbot wollen“.

Vance, der zusammen mit seiner Frau drei Kinder hat, schreckt auch nicht davor zurück, in „Kulturkampf“-Fragen seinen konservativen rechten Standpunkt zu vertreten. Er hat unter anderem einen Gesetzentwurf zum Verbot von Geschlechtsumwandlungen für Jugendliche erlassen sowie einen Entwurf zur Abschaffung von Vielfältigkeitsprogrammen in der Bundesregierung.

Es sind Ansichten, die auch Trump und andere zur MAGA-Bewegung (Make America Great Again) gehörende Politiker vertreten. Im Gegensatz zu Trump hat Vance allerdings im US-Militär gedient. Von 2003 bis 2007 war er Soldat im amerikanischen Marine Corps, inklusive Auslandseinsatz im Irak.

Vance sprach von „Amerikas Hitler“

Vance, der nach seiner Zeit im Militär an der Yale University Jura studiert hatte, machte sich zunächst als Buchautor einen Namen. Mit Hillbilly Elegy schrieb Vance im Jahr 2016 einen Bestseller. Im Buch geht es um seine Familie und die Kultur der Appalachen, einer Region im Osten der USA, die in den vergangenen Jahrzehnten schwere wirtschaftliche Zeiten durchlaufen hat.

Zur selben Zeit gab Vance auch mehrere kritische Aussagen bezüglich Trump von sich. „Ich bin ein Trump-Gegner, ich habe ihn noch nie gemocht“, sagte Vance 2016 in einem Interview mit Charlie Rose. Er fügte hinzu, dass Trump ein „fürchterlicher Kandidat“ sei. Und als ob das nicht genug wäre, wurden auch SMS-Nachrichten veröffentlicht, in denen Vance einen ehemaligen Mitbewohner fragt, ob Trump ein „zynisches Arschloch“ wie der in Ungnade gefallene Ex-US-Präsident Richard Nixon sei oder sogar noch schlimmer, nämlich „Amerikas Hitler“.

Vance erklärte in mehreren Interviews während der vergangenen Jahre, dass er seine früheren Aussagen über Trump bereue. Seine Beziehung zu Trump verbesserte sich erst 2022, als Vance für den US-Senat kandidierte. Er verstand, dass viele Menschen in Ohio den Ex-Präsidenten unterstützen. In dem Bundesstaat hatte Trump sowohl 2016 als auch 2020 gewonnen. Die Senatswahl gewann Vance schließlich auch dank Trumps Unterstützung.

Kritik von den Demokraten

Demokraten haben derweil die Wahl von Vance als Trumps Vizepräsidentschaftskandidat kritisiert. „Lassen Sie uns eins klarstellen: Ein Trump-Vance-Ticket würde unsere Demokratie, unsere Freiheiten und unsere Zukunft untergraben“, sagte der Vorsitzende des demokratischen Nationalkomitees Jamie Harrison.

Die Vorsitzende von Bidens Wahlkampfteam, Jen O’Malley Dillon, fügte hinzu: „Donald Trump hat J. D. Vance als seinen Vizekandidaten ausgewählt, weil Vance das tun wird, was Mike Pence am 6. Januar nicht getan hat: sich verbiegen, um Trump und seine extreme MAGA-Agenda zu unterstützen, selbst wenn dies bedeutet, das Gesetz zu brechen.“

Nach dem Attentat auf Trump am Samstag schrieb Vance in einem Post, dass Demokraten und Präsident Biden aufgrund ihrer Äußerungen über Trump eine direkte Schuld an dem Anschlag trügen.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Biden: „Ein Klon von Trump“



    US-Präsident Joe Biden hielt sich in seinen Aussagen bedeckt und erklärte gegenüber Journalisten nur, dass Vance in seinen politischen Ansichten „ein Klon von Trump“ sei. Er sehe keinen Unterschied."



    /



    Vielleicht hat Vance auch Eigenschaften, die wir noch nicht kennenlernen durften, wobei ich vordergründig an ❗Humor oder ❗kritische Selbstreflexion im Fehlermanagement denke.



    Da wäre die definitionsgemäße "Homozygotie" eines Klons sicherlich nicht erwünscht oder hilfreich.

  • Die US-Amerikaner verdienen wahrscheinlich Trump und merken nicht mal, dass es Ihnen unter dem Affen schlechter geht.



    ich bin gespannt, wann sich die Reps nach dem Trump wieder Präsident ist, selbst zerfleischen.



    Und ebenfalls gespannt bin ich, wann Trump die ersten Kabinettsmitglieder austauscht. In seiner letzten Amtszeit wurden 9 Minister vorzeitig ausgetauscht.

    • @DocSnyder:

      Da bin ich skeptisch bezüglich Vergleichen mit der ersten Amtszeit, denn Trump war selbst damals vom Erfolg überrascht und anfänglich noch ohne funktionierendes, erprobtes Team. Das ist jetzt ganz anders. Anfängerfehler hat er wirklich viele gemacht, aber er hatte vier Jahre Zeit über vieles nachzudenken, auch über Vergeltung.

  • „ein Klon von Trump“. Mal unabhängig von der angestrebten Politik. Man stelle sich vor Biden hätte Harris nicht genommen, weil Sie zusätzliche Wählergruppen ermöglicht, sondern weil er davon überzeugt ist, dass sie am besten seine Vorstellung von Politik weitertragen kann und er sie bei ihr in guten Händen weiß.



    Dann hätten wir wohl jetzt das Problem nicht.

    Mal abgesehen davon ist es eigentlich ein positiver Zug von Trump, jemanden der mit sein größter Kritiker war, sich so direkt an seine Seite zu holen.



    Manche Politiker versuchen da eher das Gegenteil. Wenn jemand zu beliebt wird oder als Gefahr für die eigene Macht angesehen wird, wird er beschädigt.



    Mal gespannt was noch passiert die nächsten vier Monate. Ich glaub zwar nicht, dass das "wählt trump nicht" der Demokraten ausreicht, aber vllt entwickeln sie noch ein paar andere Ideen.

  • Ein ziemlich kluger Schachzug von Trump, denn er schlägt sich auf die Seite Arbeiter, was Reden von Gewerkschaftern auf dem Convent der Republikaner belegen. Zum ersten Mal seit über 100 Jahren war ein mächtiger Gewerkschaftsführer auf dem Convent eingeladen, der die Macht von Amazon und mächtigen Konzernen scharf kritisierte, da diese im Gegensatz zu UPS Gewerkschaften stark bekämpfen.



    Die Nominierung von Vance ist auch eine Kampfansage an Großspender aus der Finanzelite, die die Demokraten unter Clinton und Obama stark unterstützen, was zur Globalisierung und Auslagerung von Fabriken nach Mexiko führte.



    Trump wird den Demokraten gefährlich, weil er Arbeitern Besserung ihrer Arbeitsbedingungen und Löhne verspricht.

    Vance steht aufgrund seiner Biographie für Kenntnis des Lebens derjenigen, die in den Appalachen in einer niedergegangenen Industrieregion lebten, für sie sich in Washington unter Clinton und Obama niemand interessierte. Erst Biden veränderte die Politik in dieser Hinsicht, was auf die Politik von Trump zurückzuführen ist.

    Ganz nebenbei: Und was ist von einer Politik der Ampel zu halten, die Lohndumping mit Subunternehmern bei der Post nicht einschränkt?

    • @Lindenberg:

      Schon mal was vom Projekt "2025" gehört, von wegen was für die Arbeiter tun. Bei einer erneuten Wahl von Trump als Präsident wird es für die breite Masse richtig übel.

      • @Garum:

        Noch übler???

        Aber eben erst nach der Wahl.

  • Wieder fällt den Demokraten wieder nicht mehr ein, als die Gefahr vom neuen Duo Trump-Vance zu betonen.



    Macht endlich euren eigenen Job, anstatt sich nur an den anderen abzuarbeiten.

    • @Tom Farmer:

      Also die Demokraten machen eigentlich viel für die breite Masse.



      Allerdings was Trump und Konsorten vorhaben wird die USA in ihren Grundfesten erschüttern. Informieren sie sich mal über das Projekt"2025"

  • Eins muss man bei den Konvertiten -es gibt ja eine ganze Reihe- klar festhalten: Hinterher -falls es ein hinterher gibt- können sie nicht sagen, sie hätten es nicht gewußt. Sie wissen nur zu genau, wen sie da auf den Schild heben. Und sie wollen, dass der Charakter von Trump die Führung der USA prägt, durch alle Ebenen.



    Wie passieren diese Umpolungen? Ist es schlicht... Geld? Das Versprechen, die Familie dauerhaft in den inneren Zirkel der Macht zu etablieren ? Oder hat Trump zugang zu Daten, mit denen er fast jeden erpressen kann, weil sie bei Veröffentlichung den sozialen Status der Zielperson zerstören würden. Drohung mit Gewalt?



    So viele Erweckungserlebnisse zur Nibelungentreue, wie Trump inzwischen um sich versammelt hat, gibt's eigentlich nicht..

  • Wenn man sein eigenes Land zerstört hat, kann man's anschließend nicht flugs wieder "great" machen, sondern muss die selbst eingebrockte Suppe auslöffeln.

    • @Theseus:

      Nicht, wenn man allen am Tisch erfolgreich einreden kann, dass die Suppe ganz wunderbar schmeckt.



      Anders ausgedrückt: Wenn alle glauben, der Kaiser sei gar nicht nackt, sie seien nur die einzigen, die das Kleid nicht sehen können - und genug Angst haben, das nicht zu sagen....



      Dann helfen nur noch angstfreie Jungs, die die Wahrheit ausplappern.