US-Präsident will Anti-Terror-Gesetze: Trumps Antifa-Rhetorik
Donald Trump hat angekündigt, „die Antifa“ als Terrororganisation zu verfolgen. Bürgerrechtler sind alarmiert.
Der Präsident versucht es erneut. Schon im August 2019, als es in der Stadt Portland am Rande rechtsextremer Demonstrationen zu Auseinandersetzungen mit linken Gegendemonstrant*innen gekommen war, erklärte Donald Trump, es gebe „ernsthafte Überlegungen, Antifa als Terrororganisation zu bezeichnen“. Angesichts der jetzigen landesweiten Proteste kam Trump darauf zurück: „Die Vereinigten Staaten von Amerika werden Antifa zur terroristischen Organisation erklären“, schrieb Trump am Sonntag auf Twitter.
Viel mehr als politisch anheizende Rhetorik ist das allerdings nicht. Nicht nur, weil „die Antifa“ auch in den USA keine einheitliche Organisation ist. Auch nicht, weil keinerlei Beweise dafür vorliegen, dass Antifa-Gruppen an den Unruhen der letzten Tage überhaupt maßgeblich beteiligt waren. Sondern vor allem, weil es in den USA kein Gesetz über inländischen Terrorismus gibt.
Das Außenministerium kann ausländische Organisationen zu terroristischen Vereinigungen erklären – inländische aber nicht. Selbst wenn Straftaten in den USA – in der Regel begangen von rechtsextremen Gruppierungen oder Einzelpersonen – politisch recht eindeutig als inländischer Terrorismus eingeordnet werden können, ermitteln die Behörden wegen aller möglichen Straftatbestände, nicht aber wegen Terrorismus.
Trumps Justizminister William Barr formulierte denn auch vorsichtiger, aber letztlich in die gleiche Richtung wie sein Chef. Er sagte, die Gemeinsamen Anti-Terroreinheiten (Joint Terrorism Task Forces – JTTF) der Bundespolizei FBI würden sich in die Ermittlungen zu den jetzigen Ausschreitungen einschalten. Und: „Die von der Antifa und ähnlichen Gruppen angefachte und ausgeübte Gewalt in Verbindung mit den Unruhen ist inländischer Terrorismus und wird auch so behandelt werden“, sagte Barr.
Unterstützung hatte Trump 2019 von den republikanischen Senatoren Ted Cruz aus Texas und Bill Cassidy aus Louisiana erhalten. Sie brachten eine Resolution in den Senat ein, die ebenfalls verlangte, die Antifa zu „inländischen Terroristen“ zu erklären. Cruz und Cassidy waren sich der Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens wohl bewusst: Die Resolution war bereits so abgefasst, dass sie selbst bei Verabschiedung keine rechtlichen Folgen gehabt hätte.
Bürgerrechtler sind alarmiert
Bürgerrechtsorganisationen und Bewegungsforscher*innen sind dennoch besorgt. Der Historiker Mark Bray sagte der Washington Post: „Wenn man auch nur hypothetisch das breite Spektrum radikal-linken und antikapitalistischen Engagements als Terrorismus deklarierte, hätte man eine Ausrede, um alles zu verfolgen, was links der Demokratischen Partei steht.“
Hina Shamsi, Leiterin des Nationalen Sicherheitsprogramms der Bürgerrechtsorganisation Aclu, sagte zu Trumps Twitter-Äußerung: „Dieser Tweet zeigt, dass ‚Terrorismus‘ ein politisches Etikett ist, das leicht zu missbrauchen ist.“ Auch sie weist darauf hin, dass die Regierung keine rechtliche Autorität besitzt, um eine inländische Gruppe zur Terrororganisation zu erklären.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn