Proteste gegen Rassismus in USA: Die Wut ebbt nicht ab

In vielen US-Städten ignorieren Demonstranten Ausgangssperren, in Houston gehen 60.000 Menschen auf die Straße. Kritik an Präsident Trump wird laut.

Zehntausende protestieren in Houston: George Floyd wuchs in der texanischen Stadt auf Foto: Callaghan O'Hare/reuters

WASHINGTON afp | Die Welle der Wut über Rassismus und Polizeigewalt in den USA flacht nicht ab: Erneut haben am Dienstag landesweit Demonstranten das immer wieder brutale Vorgehen von Polizisten gegen Afroamerikaner angeprangert. Dabei setzten sie sich teilweise über Ausgangssperren hinweg. Zu der wohl größten Demonstration des Tages strömten schätzungsweise 60.000 Menschen im texanischen Houston zusammen. Die erneuten Proteste blieben zunächst überwiegend friedlich.

Die Demonstranten ließen sich nicht davon abschrecken, dass Präsident Donald Trump am Vortag mit dem Einsatz der Armee gedroht hatte, um Randalierer zu stoppen. Im Zuge der Proteste, die Anfang vergangener Woche nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz begonnen hatten, war es immer wieder zu Angriffen auf Polizisten, Brandstiftungen und Plünderungen gekommen.

Floyd sei „nicht umsonst gestorben“, sagte der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner, bei der Kundgebung in der texanischen Millionenmetropole, an der auch Familienangehörige des Verstorbenen teilnahmen. Er sprach damit die Hoffnung aus, dass die Proteste zu Fortschritten im Kampf gegen Diskriminierung führen. Der Bürgermeister schätzte die Zahl der Demonstrationsteilnehmer auf 60.000.

Der in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota zu Tode gekommene Floyd war in Houston aufgewachsen. In der texanischen Stadt soll er auch am kommenden Dienstag beigesetzt werden. Der 46-Jährige war gestorben, nachdem ihm ein weißer Polizist fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gepresst hatte – obwohl Floyd wiederholt klagte, dass er keine Luft bekomme.

Kniefall als Geste

Demonstrationen fanden am Dienstag unter anderem auch in Los Angeles, New York und Washington statt. In Los Angeles knieten Bürgermeister Eric Garcetti und Polizeibeamte in einer symbolträchtigen Geste nieder, als sie sich mit Demonstranten trafen. Der Kniefall wird von vielen Protestteilnehmern praktiziert. Die Geste geht auf den Footballstar Colin Kaepernick zurück, der damit 2016 während des Spielens der Nationalhymne gegen Polizeigewalt demonstriert hatte.

In New York wurde die von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr geltende Ausgangssperre bis Ende der Woche verlängert, nachdem es am Montag abermals zu Ausschreitungen gekommen war. Dabei waren im Stadtteil Manhattan erneut Geschäfte geplündert worden. Tausende Demonstranten missachteten am Dienstagabend in New York die Ausgangssperre.

Auch in der Hauptstadt Washington marschierten erneut tausende Menschen. An den vorherigen Tagen hatte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten nahe dem Weißen Haus eingesetzt. Am Montag war dies geschehen, um Trump den Weg zu einer Kirche freizuräumen, die bei den Protesten beschädigt worden war. Der Präsident ließ sich vor der Kirche mit der Bibel in der erhobenen Hand fotografieren.

Für die Aktion handelte sich Trump massive Kritik ein. Für einen „Fototermin“ habe der Präsident Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten feuern lassen, erklärte etwa der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Scharfe Kritik an Trump

Trump wehrte sich gegen die Kritik an dem Polizeieinsatz. Washington sei am Montagabend „der sicherste Ort der Welt gewesen“, twitterte er. Der Präsident bestritt auch, dass die Demonstranten nahe seinem Amtssitz friedlich gewesen seien.

Scharfe Kritik zog Trump auch mit seiner Drohung auf sich, die Streitkräfte zu entsenden, falls Städte und Bundesstaaten nicht für Ordnung sorgen könnten. „Er benutzt das amerikanische Militär gegen das amerikanische Volk“, schrieb Biden.

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben rund 1.600 Soldaten auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt, um die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt angesichts der anhaltenden Proteste bei Bedarf unterstützen zu können. Die Militärpolizisten und Infanteristen stünden bereit, um gegebenenfalls unterstützend einzugreifen, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstagabend (Ortszeit). Minister Mark Esper habe die Verlegung der Soldaten angeordnet, hieß es weiter.

Kritik an Trump kam auch aus dem Ausland. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte dem Spiegel: „Statt Öl ins Feuer zu gießen, müssen wir versöhnen.“ Mit Gewalt zu drohen, löse nur neue Gewalt aus. „Demokraten dürfen nie eskalieren – auch nicht durch Worte“, mahnte Maas.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.