US-Präsident positiv auf Corona getestet: Biden betet jetzt für Trump
Der US-Präsident hat sich nicht an die Empfehlungen seiner Epidemiolog:innen gehalten. Jetzt ist er möglicherweise zum „Superspreader“ des Virus geworden.
Unter ihnen sind Trump-Mitarbeiter:innen, Journalist:innen, Geldgeber:innen, Fans und auch der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden. Der hatte am Dienstag in zehn Fuß Abstand von Trump gestanden, während dieser bei der ersten – und nun voraussichtlich letzten – Präsidentschaftsdebatte der beiden eineinhalb Stunden lang feixte, schrie und hetzte.
Am Freitagfrüh, nachdem die Trumps sich im Weißen Haus isoliert hatten, wünschte Biden seinem Widersacher gute Besserung und twitterte, dass er für ihn bete.
Bevor Trumps Infizierung bekannt wurde, hatte der US-Präsident die Empfehlungen seiner eigenen Epidemiolog:innen verletzt und ist so möglicherweise zu einem „Superspreader“ (Super-Verbreiter) des Virus geworden. Laut Angaben seines Stabschefs soll Trump „leichte Symptome“ haben.
Symptome waren bei Trumps Mitarbeiterin schon bekannt
Das Weiße Haus wusste schon am Mittwoch, dass Trumps enge Mitarbeiterin Hope Hicks die Symptome des Virus hatte. Auf dem Rückflug von einem Kampagnenmeeting isolierte sie sich in dem voll gepackten Präsidentenflugzeug. Am Donnerstagfrüh kam Hicks positives Testergebnis.
Doch Trump ging nicht in Quarantäne, sondern setzte unbeirrt seinen Wahlkampf fort. Unter anderem flog er am Donnerstag in einem Flugzeug voller Journalist:innen zu einem Treffen in einem geschlossenen Raum mit Geldgeber:innen in New Jersey.
Das Weiße Haus versuchte die Erkrankung von Hicks, die auch bei der Präsidentendebatte am Mittwoch dabei war, geheim zu halten. Erst Jennifer Jacob von Bloomberg News brachte die Nachricht an die Öffentlichkeit. Und sorgte so dafür, dass die vielen potenziell dem Virus ausgesetzten Personen Vorsichtsmaßnahmen treffen konnten, um das Virus nicht noch weiter zu verbreiten.
Es ist unklar, wer zuerst mit dem Virus infiziert war – Trump oder Hicks. Aber klar ist, dass Trump in der zurückliegenden Woche kreuz und quer durchs Land geflogen ist. Auch im Weißen Haus könnte er alle möglichen Leute angesteckt haben, darunter solche, die das Virus anschließend in den Kongress getragen haben könnten.
Alter, Gewicht, Blutdruck: Trump gehört zur Risikogruppe
Der US-Präsident gehört in vielfacher Hinsicht zur Risikogruppe von Covid-Infizierten: Er ist 74, er ist übergewichtig und er hat Bluthochdruck. Er war auch monatelang – wider besseres Wissen – ein Virusleugner. Er erklärte das Virus immer wieder zu einer Sache, die den USA nichts anhaben könnten, behauptete im Frühling, dass es zu Ostern „wie ein Wunder“ verschwinden würde.
Trump behinderte das koordinierte medizinische Vorgehen in den USA und auf internationaler Ebene gegen die Pandemie. Und machte sich konsequent über Maskenträger:innen lustig. Noch am Dienstag zog er bei der Präsidentendebatte über Biden her, der eine „riesige Maske“ trage, selbst wenn er in weitem Abstand sei. Im Weißen Haus trug kaum jemand eine Maske.
Auch bei Trumps Kampagnen-Meetings war das Maskentragen unerwünscht, darunter auch bei solchen in geschlossenen Räumen, wie dem, wo sich der republikanische Ex-Präsidentschaftskandidat Herman Cain vermutlich mit dem Virus ansteckte, an dem er am 30. Juli starb.
Am Freitag, dem Tag, als die USA die Zahl von 208.000 Corona-Toten überschritten, sagte das Weiße Haus Trumps kommende Wahlkampfmeetings ab. Es erschien unwahrscheinlich, dass die beiden Debatten mit Biden in den verbleibenden vier Wochen bis zu den Wahlen noch stattfinden würden.
Und Trumps Anhänger:innen in evangelikalen Gruppen begannen, für ihren Messias Trump zu beten. Dessen potenzieller Nachfolger, Vizepräsident Vice Pence wurde negativ getestet. Doch, vorerst zumindest, will Trump die Geschäfte weiterhin selbst führen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren