US-Mörder mit DNA-Datenbanken gefasst: Der Stammbaum des Sadisten
Jahrzehnte nach seinen Taten ist ein Serienmörder mit kommerziellen DNA-Datenbanken überführt worden. Der Erfolg zeigt die Macht von „Big Data“.
Die Ermittlungen, die zur Festnahme des 72-jährigen Joseph James D. führten, zeigen, wie mächtig neue Big-Data-Techniken sein können. Sie zeigen auch, wie einfach Menschen anhand der DNA ihrer Verwandten deanonymisiert werden können. „Es ist surreal – die Leute haben so lange gewartet“, sagte die Staatsanwältin Anne Marie Schubert. „Das ist eine sehr große Sache. Alle hier wissen, wie wichtig dieser Fall ist.“
Neben seinen schier vielen Taten ist der „Golden State Killer“ außerdem für sein sadistisches Vorgehen bekannt. Er soll seine Opfer erschossen, aber auch mit stumpfen Gegenständen zu Tode geprügelt haben, bei den Vergewaltigungen zwang er Familienmitglieder zum Zuschauen, bevor er alle tötete. „Es war nie die Frage, ob er zuschlägt, sondern wann“, sagte Schubert der New York Times über ihre Kindheit. Ihr Vater habe deshalb eine Pistole gekauft und ihre Mutter mit einem Eispickel unter dem Kopfkissen geschlafen.
Schubert, die auf DNA-Ermittlungstechnologien spezialisiert ist, eröffnete die Ermittlungen im Fall vor achtzehn Jahren erneut. Bei den Ermittlungen verglichen Beamte DNA-Spuren von den damaligen Tatorten mit kommerziellen DNA-Datenbanken, mit denen NutzerInnen versuchen, mehr über ihre eigene Abstammung zu erfahren.
Nach Jahrzehnten ging alles plötzlich sehr schnell
Wissenschaftler zeigten bereits vor mehreren Jahren, dass Einzelpersonen bereits identifiziert werden können, wenn ein Verwandter dritten Grades eine solche Datenbank nutzt. Auch wenn es im Fall des „Golden State Killers“ einen Ermittlungserfolg gab, dürfte der Fall auch weitere ethische Fragen aufwerfen. Beispielsweise könnte die Durchsuchung der DNA-Daten von Datenbank-KundInnen ohne Erlaubnis rechtswidrig sein. Der Fall zeigt einmal mehr, wie einfach Menschen mit wenigen Daten entanonymisiert werden können.
Laut der Zeitung Sacramento Bee untersuchten Ermittler Stammbäume und prüften, ob Einzelpersonen als Verdächtige infrage kamen. Erst vor einer Woche stießen sie auf D., der im passenden Alter ist und auch an passenden Orten gelebt hatte. Ermittler besorgten sich zwei unterschiedliche DNA-Spuren von Gegenständen, die D. weggeworfen hatte, und verglichen sie mit den Tatortspuren. „Die zweite Probe war ein deutlicher Beweis, dass er es war“, sagte Schubert der Zeitung.
Danach ging alles schnell: Am Dienstag wurde D. wegen der Morde von Katie und Brian Maggiore im Jahr 1978 festgenommen. Nun werden weitere Anklagen in zwölf weiteren Fällen geprüft und mehrere Behörden prüfen, ob andere Taten aus der Zeit des „Golden State Killers“ ebenfalls D. zugeordnet werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins