US-Linke präsentieren „Green New Deal“: Ein großer Schritt für die Klimadebatte
In einem neuen Papier stellen US-Demokraten ihre Vision vom „Green New Deal“ vor – eine symbolische Resolution, die aber einen radikalen Umbau vorsieht.
„Klimawandel und Umweltgefahren gehören zu den existenziellen Bedrohungen für unsere Lebensweise“, sagte Ocasio-Cortez bei einer Pressekonferenz in Washington. Und sie versprach: „Wir können uns selbst und den Rest der Welt mit uns retten.“
Umwelt- und Klimainitiativen reagierten mit überschwänglichem Lob auf das lang angekündigte Projekt, das die beiden Hauptthemen von Ocasio-Cortez – Klima und ökonomische Gerechtigkeit – in einer Resolution vereinbart. „Ein wichtiger Schritt für unsere Bewegung“, sagte Sam Read vom Peoples Climate Movement. Janet Redman von der Klimakampagne von Greenpeace sprach von einem „enormem Schritt, der die nationale Klimadebatte voran bringt“.
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses und derzeit einflussreichste Demokratin der USA, Nancy Pelosi, teilt diesen Enthusiasmus nicht. Pelosi spricht von einem „grünen Traum oder was auch immer“. Sie spielt die Resolution herunter und nennt sie „einen von vielen Vorschlägen“.
Ziel Vollbeschäftigung
Der Name „Green New Deal“ ist angelehnt an den „New Deal“, mit dem der demokratische Präsident Franklin D. Roosevelt die USA nach 1933 mit massiven Investitionen in die Infrastruktur und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verändert hatte. Wie damals Roosevelt will heute Ocasio-Cortez auf dem Weg zu ihrer Reform Vollbeschäftigung erzielen.
Die neue grüne Variante soll eine „zehnjährige massive Mobilisierung“ werden, um die Wirtschaft umzuorganisieren. Nach Ablauf dieser Zeit sollen 100 Prozent der Energie aus „sauberen, erneuerbaren und null Schadstoff-Quellen“ stammen. Ebenfalls bis zum Jahr 2029 soll die Landwirtschaft ihre Treibhausemissionen beenden, sollen Hochgeschwindigkeitszüge gebaut sowie alle Gebäude energieeffizient gemacht werden. Jener Teil der Bevölkerung, der heute seinen Lebensunterhalt mit fossiler Energie verdient, soll andere Arbeitsplätze erhalten.
Zwei Tage, nachdem Präsident Donald Trump es in seiner anderthalbstündigen Rede geschafft hat, den Klimawandel mit keinem Wort zu erwähnen, setzt Ocasio-Cortez mit ihrem Resolutionsentwurf einen Kontrapunkt. Die jüngste Abgeordnete des Repräsentantenhauses schaffte es damit auf Anhieb, das vom Präsidenten ignorierte Thema in die Schlagzeilen zu bringen.
Binnen weniger Stunden erklärten mehrere demokratische PräsidentschaftskandidatInnen – Kamala Harris, Cory Booker, Kirsten Gillibrand und Elizabeth Warren – ihre Unterstützung für die Resolution. Auch Senator Bernie Sanders, der seine eigene Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2020 zwar noch nicht öffentlich gemacht hat, aber deutlich damit spielt, unterstützt die Initiative.
Symbolischer Charakter
Eine Resolution hat vor allem symbolischen Charakter. Sollte sie angenommen werden, müssten anschließend Gesetze für eine konkrete Umsetzung sorgen. Ocasio-Cortez spricht von einem ersten Schritt. In ihrer Resolution beruft sie sich auf den im Regierungsauftrag erstellten Vierten Nationalen Klimabericht, der im November veröffentlicht wurde.
Trump hatte versucht, den Bericht für seine Regierung mit einer verspäteten Veröffentlichung inmitten des Konsumrauschs vom Black-Friday untergehen zu lassen. Als das nicht funktionierte, erklärte er über die Bestandsaufnahme von 300 der höchstqualifizierten KlimaexpertInnen innerhalb und außerhalb der US-Regierung: „Ich glaube es nicht.“
Jetzt zitiert Ocasio-Cortez in der Einführung zu ihrer Resolution die Schlussfolgerung des Klimaberichtes: „Menschliche Aktivität ist der Hauptgrund für den Klimawandel“. Am Tag, an dem sie die Resolution der Öffentlichkeit vorstellt, beschreibt sie auch die „unvermeidlichen“ Konsequenzen, falls die USA untätig bleiben: „Dann werden wir in zwölf Jahren massenhafte Klimaflucht, Waldbrände und massiven ökonomischen Schaden im Land haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern