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US-Bundesstaat Louisiana und Religion„Du sollst nicht töten“ in Schulen

Bildungseinrichtungen müssen in Louisiana ab 2025 die Zehn Gebote in allen Klassenzimmern aufhängen. Der US-Bundesstaat liegt im „Bibelgürtel“ der USA.

Louisianas Gouverneur Landry in einer katholischen Schule in Lafayette bei der Gesetzeszeremonie zum Aushang der Zehn Gebote Foto: Brad Bowie/The Times-Picayune/The New Orleans Advocate via ap

Houston/Washington afp/epd | In allen öffentlichen Bildungseinrichtungen des südlichen US-Bundesstaats Louisiana, vom Kindergarten bis zur Universität, soll ab 2025 in jedem Klassenzimmer ein Poster oder eine umrahmte Darstellung mit den biblischen Zehn Geboten hängen. Es soll „in großer, leicht lesbarer Schrift“ gedruckt sein. Ein entsprechendes Gesetz unterzeichnete Gouverneur Jeff Landry am Mittwoch. Der rechte Republikaner, der bei seiner Wahl von Donald Trump unterstützt wurde, ist Katholik.

Laut Medienberichten ist Lousiana der einzige US-Bundesstaat mit einer solchen Vorschrift. Der republikanisch regierte Staat liegt im „Bibelgürtel“ im Süden der USA.

Nach Ansicht der Gesetzesbefürworter sind die die im Christen- und Judentum bedeutsamen Zehn Gebote „grundlegende Dokumente“ für die Regierungsgeschäfte in den USA. Wolle man Recht und Gesetz respektieren, müsse man mit dem „ursprünglichen Gesetz beginnen“, das der biblische Prophet Moses von Gott erhalten habe, sagte Landry am Mittwoch laut CNN.

Bürgerverbände wollen das Gesetz vor Gericht anfechten. Es verstoße gegen das Prinzip der Trennung von Kirche und Staat und sei „unverfroren verfassungswidrig“, erklärte der Verband „Vereinigte Amerikaner für die Trennung von Kirche und Staat“.

Streit um Trennung von Kirche und Staat

Der Streit um Kirche und Staat ist ein gesellschaftspolitischer Dauerbrenner in den USA. Das Oberste Gericht hat sich vor Jahrzehnten gegen Vorschriften zum verordneten Bibellesen und zum organisierten Gebet in staatlichen Schulen ausgesprochen.

Gegenwärtig zeichnet sich ein Wandel ab: In den vergangenen Jahren hat sich das Oberste Gericht eher für eine Abschwächung der Trennung von Kirche und Staat ausgesprochen.

Der Schritt in Louisiana dürfte die Debatte um die Trennung von Kirche und Staat in den USA weiter anfachen. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU kündigte bereits an, gerichtlich gegen das Gesetz vorgehen zu wollen und nannte es „offenkundig verfassungswidrig“. Der erste Zusatzartikel der US-Verfassung verbietet die Einführung einer Staatsreligion oder die Bevorzugung einer Religion gegenüber einer anderen.

Im Juni 2022 urteilten Richter, ein Footballtrainer an einer staatlichen High School dürfe mit seinen Spielern auf dem Rasen beten. Die Verfassung schütze die Religionsfreiheit des Sportlehrers.

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23 Kommentare

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  • Statt der 10 Gebote sollte die Verfassung in einfacher Sprache aufgehängt werden. Aber ich bin gespannt, wie der Widerspruch zwischen sexueller Aufklärung und Verständnis des Ehebruchs­verbot aufgelöst wird. Vermutlich gar nicht. Das Begehrensverbot für Nachbars Frau, Sklaven, Rind und Esel ist auch lustig.

    • @noctuaNigra:

      In Louisiana gibt es Sexualaufklärung in den Schulen?

      • @rero:

        Yep, freiwillig oder als Teil der Gesundheitserziehung. Die verpflichtende Betonung dabei, dass Abstinenz das "sozial erwartete" Verhalten von Menschen im Schulalter ist, war der einzige Hinweis darauf, den ich auf die Schnelle finden konnte, dass auch im weitesten Sinne über Verhütung gesprochen wird. Ab da sollen dann wohl das sechste und zehnte Gebot den Staffelstab übernehmen. Damit man weiß, was zu tun ist, WENN man dann heiratet, gibt es das Spring Break... ;-)

  • "Du sollst nicht lügen", "Du sollst nicht ehebrechen"...



    - Da wird's aber eng für Trump...! 🤣

  • „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“ hätte als Überschrift mehr Sinn.

    Denn das Tötungsverbot von anderen Menschen gibt es auch in laizistischen Staaten, somit ist es nicht wirklich ein rein religiöses Verbot.

  • Das finde ich gut, daß die Kinder mit den Geboten aufwachsen und die Eltern welche Trump wählen wollen, könnten es nicht, wenn sie die Gebote verstehen würden.

    • @Tino Winkler:

      Also ist es so und so sinnlos, die Gebote aufzuhängen. Schließlich sind es Trump Anhänger, die sie aufhängen wollen...

  • Immer problematisch, wenn eine vermeintliche Mehrheit meint, die Minderheit gerade im öffentlichen Raum dominieren zu müssen. Warum nicht die Verfassung im Klassenzimmer aufhängen? Man fühlt sich an der Söderschen Kruzifixfetisch erinnert, das Stammtischtrüffelschwein wittert hier leichte Punkte bei der schweigenden "Wird man doch mal sagen dürfen"-Mehrheit. So ähnlich dürfte es bei den Amis auch sein.

  • Unabhängig davon, ob man religiös ist, sind die zehn Gebote grundsätzlich gar nicht so schlecht, als Regelwerk und Leitfaden.

    • @Hidden Billionaire next door:

      Ich gebe das Wort über diesen misogynen, archaischen/ewigvorgestrigen Unsinn erst mal an George Carlin weiter und ergänze in der Zukunft: berufsbeleidigt.de/die-zehn-gebote/

    • @Hidden Billionaire next door:

      Absolut einverstanden für die Gebote 4 - 10. Diese stellen einen allgemeinen Rahmen für das Zusammenleben in der dortigen Kultur dar. Jeder der hinzieht sollte sich daran orientieren, das muss man als Integrationswillen von Zuwanderern erwarten können.

      Nicht zutreffend ist dies dagegen für die ersten drei Gebote:



      1) Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.



      2) Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren.



      3) Du sollst den Tag des Herrn heiligen.

      Die USA sind zumindest formal betrachtet offen für alle Religionen. Des Weiteren sollte auch dort freie Meinungsäußerung gelten. Demnach passen die ersten drei Gebote in Klassenzimmern nicht.

      • @Andere Meinung:

        In der aktuellen evangelischen Variante heißt es unter 10:

        "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat."

        Viele Frauen finden es nicht lustig, zum Hausrat gezählt zu werden...

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Knecht und Magd auch als Teil des Hausrats? Das dürfte auch einigen Männern nicht gefallen.

          Vielleicht ist es besser, man differenziert: Der Hausrat beginnt erst hinter "Magd", die ihrerseits in einem Zug mit dem Knecht genannt wird, und die Frau steht den Domestiken voran. Bemerkenswert (und gar nicht soo arg misogyn, wenn frau es pragmatisch sieht) ist einzig, dass Männer, die nicht Knechte sind, durchaus begehrt werden dürfen - wenn auch in den Grenzen des sechsten Gebots... ;-)

          • 9G
            95820 (Profil gelöscht)
            @Normalo:

            Hören wir mal den Dichterfürsten. Dann wird's aich nicht klarer. :-) :



            „Verflucht, was uns in Träumen heuchelt



            Des Ruhms, der Namensdauer Trug!



            Verflucht, was als Besitz uns schmeichelt,



            Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug!



            [...]



            Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben!



            Fluch jener höchsten Liebeshuld!



            Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben,



            Und Fluch vor allen der Geduld!"



            www.projekt-gutenb...aust1/chap007.html

    • @Hidden Billionaire next door:

      Das gilt zwar für einen nicht unerheblichen Teil dieser Gebote. Aber - wie @Warum_denkt_keiner_nach? weiter unten schon richtig schreibt - gibt der Rest ein Weltbild vor, das man wohl als zu eng für eine moderne, freiheitliche Gesellschaft und/oder nicht mit einem säkularen Staatsverständnis vereinbar sehen muss. Sowas können und dürfen Eltern oder Kirchen Kindern lehren, aber eben NICHT ein Staat, der sich diesen Idealen verschrieben hat.

  • "Im Juni 2022 urteilten Richter, ein Footballtrainer an einer staatlichen High School dürfe mit seinen Spielern auf dem Rasen beten. Die Verfassung schütze die Religionsfreiheit des Sportlehrers."

    Natürlich soll in den USA grundsätzlich Jeder immer und überall beten DÜRFEN - auch gemeinsam mit Anderen. An der Stelle würde ich aussnahmsweise mal der konservativen Mehrheit des USSC zustimmen: Die bei uns in Europa immer wieder propagierte Verdammung jeglicher Religionsausübung aus dem öffentlichen Raum ist dem dortigen traditionellen Verständnis von Religionsfreiheit anathema: Menschen, die von Zuhause auswandern, weil sie genau das daheim NICHT durften, waren für das Land immer schon mit identitässtiftend.

    Die kritische Frage wäre also, ob der Trainer nicht nur beten, sondern aktiv zum Mitbeten anhalten und/oder gar das Nicht-Mitbeten von Spielern sanktionieren darf (was er soweit bekannt genau NICHT tat oder tun wollte). DANN reden wir von einem ähnlichen Schnack wie diesem offenkundig christlich zwangsindoktrinierenden Zehn-Gebote-Gesetz.

    Ich hoffe also, dass selbst dieser Trump-belastete Supreme Court so ein Gesetz kippen wird - was freilich keine Garantie ist.

  • Eigentlich ganz okay, so 10 kleine Sprüche für ein gemeinsames Zusammenleben. Aber auch irgendwie aus der Mode gekommen.

    Statt man solle Vater und Mutter ehren: Du sollst dir fremde Menschen ehren!

    §1: Ich bin die innere Stimme, deine Vernunft. Du sollst die Menschenrechte wahren!

    Das kriegen wir hin!

    • @Troll Eulenspiegel:

      Völlig fremde Menschen, über die ich nichts weiß, ehren, aber nicht die eigenen Eltern?! Gibt es Probleme in Ihrer Familie?

  • Die Überschrift ist etwas ungünstig gewählt.

    „Du sollst nicht töten“

    kann man nicht oft genug aufhängen.

    Gebot 1...3 ist für Nichtchristen und Nichtjuden unsinnig. Und bei Nummer 9 und 10 gibt es einige Varianten, bei dem einem schlecht werden kann.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Hängt man die auch an Hinrichtungsstätte sonstwo in den USA auf?

  • Vielleicht sollte man die Gebote erst mal richtig übersetzen, bevor man sie aufhängt? Das 5. Gebot lautet nämlich eben nicht, wie oft paraphrasiert wird: Du sollst nicht töten, sondern "Du sollst nicht morden".

    • @Lars Sommer:

      Das wird zwar von Konservativen und Rechten gerne verkauft, ist aber inhaltlich kaum haltbar.

      www.juedische-allg...llst-nicht-morden/

      • @Kaboom:

        Ok, das ist eine Mindermeinung in der Wissenschaft und widerspricht meiner Aussage doch gar nicht, oder?