Twitter sperrt Account von Trump: Es hat sich ausgezwitschert

Die Demokraten bereiten ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten vor. Und eine erste republikanische Senatorin fordert seinen Rücktritt.

Auf einem Handydisplay wird angezeigt, dass Trumps Twitter-Konto gesperrt ist

Wegen Gefahr zu weiteren Gewaltaufrufen gesperrt – Trumps Twitter-Konto Foto: Christophe Gateau/dpa

WASHINGTON/LITTLE ROCK epd/afp/dpa/ap | Der Online-Dienst Twitter hat das Konto des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump wegen „des Risikos einer weiteren Anstiftung zur Gewalt“ dauerhaft gesperrt. Nach dem Sturm des US-Kapitols am Mittwoch hatte Twitter den Account @realdonaldtrump bereits vorübergehend für zwölf Stunden gesperrt, eine Löschung mehrerer Tweets des Präsidenten gefordert und eine dauerhafte Sperrung bei weiteren Verstößen gegen die Richtlinien des Unternehmens angedroht.

Am Freitag setzte Trump dann zwei Tweets ab, die nach Darstellung von Twitter vom Freitag gegen die Richtlinie zur Verhinderung von Gewaltverherrlichung verstießen. Am Samstag war der Account Trumps nicht mehr aufrufbar. Der abgewählte US-Präsident hatte bei Twitter mehr als 88 Millionen Follower. Auch auf dem offiziellen Account des US-Präsidenten @potus war am Samstag kein Tweet mehr aufrufbar.

Bereits am Donnerstag hatten Facebook und Instagram Trumps Konten gesperrt. „Die schockierenden Ereignisse der vergangenen zwölf Stunden zeigen klar, dass Präsident Donald Trump seine verbleibende Amtszeit dafür nutzen will, die friedliche und gesetzmäßige Machtübergabe an seinen gewählten Nachfolger Joe Biden zu untergraben“, erklärte Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Die Sperre gelte „auf unbestimmte Zeit“, mindestens in den Wochen bis zur Amtsübergabe an den Demokraten Joe Biden am 20. Januar.

Trump erklärte laut einem Bericht der New York Times, Twitter wolle ihn zum Schweigen bringen. Er verhandele nun mit anderen Plattformen und sprach von einer baldigen „großen Ankündigung“.

Seitdem Netzwerke wie Facebook und Twitter aktiv gegen Falschmeldungen sowie rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte vorgehen, haben andere Plattformen wie Parler, Newsmax und Rumble Zulauf bekommen. Unter anderem wanderten Unterstützer von Trump, die dessen unbelegte Wahlbetrugsvorwürfe glauben, auf die Plattformen ab.

Das Internet-Unternehmen Google hat den Onlinedienst Parler indes aus seinem App-Store genommen. Das umstrittene Netzwerk lasse „ungeheuerliche Inhalte“ zu, die zu tödlicher Gewalt anstiften könnten, erklärte Google am Freitag. Parler war zuletzt insbesondere von Rechtsradikalen genutzt worden, die zuvor von anderen Onlineplattformen ausgeschlossen worden waren.

„Wir sind uns bewusst, dass in der Parler-App weiterhin Beiträge gepostet werden, die zu anhaltender Gewalt in den USA aufstacheln“, sagte Google in einer Antwort auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Berichten zufolge hatte auch Apple Parler gedroht, den Dienst aus dem App-Store zu entfernen. Parler müsse Maßnahmen ergreifen, um Nutzer daran zu hindern, illegale, gewalttätige Aktivitäten auf der Plattform zu planen, forderte Apple demnach.

Erste republikanische Senatorin fordert Trumps Rücktritt

Trump droht zudem ein Amtsenthebungsverfahren. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, teilte am Freitagabend nach einer Online-Konferenz mit ihren demokratischen Fraktionskollegen mit: „Es ist die Hoffnung der Abgeordneten, dass der Präsident sofort zurücktritt.“ Für den Fall, dass das nicht geschehe, habe sie den Geschäftsordnungsausschuss angewiesen, Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren zu treffen.

In einem von demokratischen Abgeordneten vorbereiteten Resolutionsentwurf für ein Amtsenthebungsverfahren ist ein einziger Anklagepunkt vorgesehen: „Anstiftung zum Aufruhr“. Darin wird Trump beschuldigt, bei einer Kundgebung seine Unterstützer angestachelt zu haben, von denen viele danach das Kapitol stürmten. Der Republikaner habe damit seine Bemühungen fortgesetzt, die Zertifizierung der Ergebnisse der Präsidentenwahl zu behindern.

Mit seinem Verhalten habe Trump gezeigt, „dass er eine Gefahr für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung bleiben wird, wenn er im Amt bleiben darf“, hieß es in dem Entwurf weiter. Trump müsse daher aus dem Amt entfernt werden. Er müsse außerdem für künftige Regierungsämter gesperrt werden.

Die demokratische Kongressabgeordnete Diana DeGette teilte mit, es sei geplant, die Resolution an diesem Montag einzubringen. In dem von den Demokraten beherrschten Repräsentantenhaus gilt eine Zustimmung zur Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens als sicher. Entschieden würde es allerdings im US-Senat. Dass das Verfahren im Senat vor der Vereidigung Bidens und seiner Vizepräsidentin Kamala Harris am 20. Januar abgeschlossen werden könnte, ist quasi ausgeschlossen.

Der Senat kommt zu seiner nächsten regulären Sitzung erst am 19. Januar zusammen. Aus einem von der Washington Post verbreiteten Memorandum des republikanischen Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, geht hervor, dass das Verfahren nach den geltenden Regeln frühestens am 20. Januar um 13.00 Uhr beginnen könnte – eine Stunde nach Bidens Vereidigung und Trumps Ausscheiden aus dem Amt.

Die Demokraten im Kongress dürften mit dem Verfahren ein anderes Ziel verfolgen: Sollte Trump im Senat schuldig gesprochen werden, könnte er zusätzlich mit einem Verbot belegt werden, künftig öffentliche Ämter des Bundes zu bekleiden – damit wäre ihm eine etwaige Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 verwehrt. Für eine Verurteilung müssten aber mindestens 67 der 100 Senatoren stimmen. Für eine solche Zweidrittelmehrheit müssten 17 Republikaner die künftig 50 Demokraten im Senat unterstützen, was derzeit nicht absehbar ist. Sollte das dennoch geschehen, würde eine einfache Mehrheit ausreichen, um Trump künftig von Bundesämtern auszusperren.

Als erste republikanische Senatorin forderte am Freitag Lisa Murkowski Trumps Rücktritt. „Ich will, dass er zurücktritt“, sagte Senatorin Lisa Murkowski – eine innerparteiliche Kritikerin Trumps – der Zeitung Anchorage Daily News aus ihrem Heimat-Bundesstaat Alaska. „Er hat genug Schaden angerichtet.“

Das Amtsenthebungsverfahren würde die Kammer bis zu einem Urteil womöglich über Wochen blockieren

Biden kündigte an, sich in eine Entscheidung über die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens nicht einzuschalten. Der Beschluss liege beim Kongress, sagte er in Wilmington im Bundesstaat Delaware. Seine Aufgabe und die seiner künftigen Regierung sei es, sich mit Dringlichkeit um den Kampf gegen das Coronavirus, um Covid-19-Impfungen und um die wirtschaftliche Entwicklung zu kümmern. Der Demokrat betonte zugleich: „Ich denke seit langem, dass Präsident Trump ungeeignet ist, das Amt zu bekleiden.“ Das sei der Grund gewesen, warum er sich entschieden habe, gegen Trump zu kandidieren.

Ein Amtsenthebungsverfahren im Senat könnte Bidens neuer Regierung den Start erheblich erschweren. Das Verfahren würde die Kammer bis zu einem Urteil womöglich über Wochen weitgehend blockieren. Biden ist aber darauf angewiesen, dass die Senatoren seine nominierten Kabinettsmitglieder und zahlreiche hohe Regierungsmitarbeiter im Amt bestätigen. Auch für wichtige Gesetzesvorhaben etwa im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie ist er auf die mächtige Kammer angewiesen.

FBI bestätigt Festnahme eines Randalierers

Das FBI hat einen Mann festgenommen, der während der Erstürmung des US-Kongresses durch Anhänger von Präsident Donald Trump am Schreibtisch von Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi sitzend fotografiert worden war. Der Mann habe sich in seinem Heimatstaat Arkansas am Freitag selbst der Polizei gestellt, sagte FBI-Sprecher Connor Hagan in Little Rock.

Dem Mann werde vorgeworfen, in Pelosis Büro eingedrungen zu sein, erklärte ein Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft in Washington. Dort habe er eine Notiz hinterlassen und Post der Präsidentin des Repräsentantenhauses entfernt. Dem 60-Jährigen drohen drei Anklagepunkte: wissentliches unbefugtes Eindringen in einen beschränkten Bereich, gewaltsames Eindringen und ordnungswidriges Verhalten auf dem Gelände des Kapitols sowie Diebstahl von öffentlichem Eigentum oder Unterlagen. Im Fall eines Schuldspruchs droht ihm bis zu einem Jahr Gefängnis.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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