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Turbulenzen bei Credit Suisse und SVBEine neue Krise rückt näher

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Die steigenden Zinsen haben aktuelle Turbulenzen in der Bankenbranche angestoßen. Nun ist bessere Regulierung von Geldinstituten in der EU nötig.

Nötig ist ein Sicherungssystem, das Einlagen ausreichend schützt, finanziert von den Banken Foto: Helmut Fricke/dpa

D rei kleinere Banken in den USA kollabieren, ein ohnehin kriselndes Schweizer Geldinstitut muss gerettet werden, weil ein Großinvestor aus Saudi-Arabien eine Geldspritze verweigert, Bankentitel schmieren an Europas Börsen ab – und alle wiegeln ab: Keine systemische Bankenkrise weit und breit sichtbar, sagen Po­li­ti­k und die Branche selbst.

Die Aufseher seien gewappnet, die hiesige Kreditbranche ist laut Finanzminister Christian Lindner „stabil“. Am Donnerstag zog die Europäische Zentralbank ihre sechste Zinsanhebung seit Juli 2022 durch, als ob nichts passiert wäre. Klar: Sie will die weiter viel zu hohe Inflation in der Eurozone abwürgen. Und: Eine Änderung des geplanten Kurses hätte bedeutet, dass die Märkte wirklich brennen.

Tatsächlich ist eine neue Finanzkrise aber näher gerückt. Nicht umsonst stellt die Schweizer Notenbank ihrer taumelnden Credit Suisse Milliarden Franken bereit. Die CS ist ein systemrelevanter Tanker mit einem Riesenvertrauensproblem: KundInnen haben bereits gigantische 120 Milliarden Franken abgezogen, weil sie nicht an den Umbau des Instituts glauben.

Die tieferen Ursachen der derzeitigen Unsicherheit liegen in der globalen Zinswende – die durch sie veränderten Rahmenbedingungen könnten noch weitere Geldhäuser bedrohen. Das Pleite­institut Silicon Valley Bank klappte zusammen, weil es nicht auf steigende Zinsen vorbereitet war. Die Regulierer schauten nicht mehr so genau hin wie nach der Finanzkrise 2008, weil Donald Trump die Kontrollen auf Wunsch der Finanzlobby abgeschwächt hatte.

Deren Einflüsterer haben auch in der EU dafür gesorgt, dass Gesetze ausblieben, die die Geldbranche sicherer machen könnten. So sollte ursprünglich der Verlustpuffer von Großbanken von 8 auf 10 Prozent der Bilanzsumme erhöht werden – das Geld, auf das bei Turbulenzen zurückgegriffen werden kann. Außerdem müsste ein Sicherungssystem nach US-Vorbild her, das die Einlagen der BürgerInnen ausreichend schützt – bezahlt nicht etwa vom Staat, sondern von den Banken selbst.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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15 Kommentare

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  • Und in einem ist die Lage tatsächlich fundamental anders als z.B. 1929: Wir müssen tatsächlich umfangreiche Investitionen einstampfen, nämlich die in fossile Infrastruktur. Auch eben öffentliche Investitionen wie den BER, aber eben auch die ganzen Investoren, die auf "weiter so" und "Business as usual" gezockt haben, als wenn nichts wäre. Also letztlich gegen die Realität gewettet haben.

  • > Die tieferen Ursachen der derzeitigen Unsicherheit liegen in der globalen Zinswende – die durch sie veränderten Rahmenbedingungen könnten noch weitere Geldhäuser bedrohen.

    Das dürfte für ziemlich viele andere Leute auch ein Problem werden. Nicht zuletzt, weil Leute irgendwie Immobilien zum Wohnen mit Geldanlagen verwechselt haben.

  • Wenn ich von einer neuen Krise im Zusammenhang mit Banken lese, dann hoffe ich nicht auf Regulierung, sondern einfach nur, dass diese Banken net wieder mit Steuergeld gerettet werden, während man bei Bildung, Soziales, den erneuerbaren Energien und dem ÖPNV immer davon erzählt, dass man net genug Geld habe

    • @Karim Abidi:

      Dann würde man allerdings zwangsläufig herausfinden ob die Diagnose 'too big to fail' tatsächlich stimmt und dabei riskieren, dass das Resultat eher 1929 entspricht als 2008 weil dann die Kettenreaktion von Vertrauensverlust, abgezogenen Geldern und Insolvenzen auf die Realwirtschaft übergreift. Ob das die volkswirtschaftlich klügere Variante ist und sich auf diesem Wege ÖPNV und Energiewende finanzieren lassen würde ich eher bezweifeln.

      • @Ingo Bernable:

        Ganz ehrlich, ich hätte nichts gegen ein Scheitern der Banken - klar hätte dies ökonomische Folgen, aber wenn die Banken kein Vertrauen verdient haben, dann sind sie selbst schuld und sollten keines mehr bekommen. Ausserdem muss die Vergesellschaftigung von Verlusten der Reichen endlich mal aufhören - oder man rettet Reiche, Banken und Großkonzerne mit Steuergeld, verlangt aber im Gegenzug, dass sich diese genannten Gruppen auch für die Gesellschaft einsetzen, und zwar nicht mit iwelchen Pseudo-Slogans und Galas, sondern indem man sie im großen Stil bei der Bezahlung von notwenigen Projekten mit einbezieht. Wieso sollten die mit Steuergeld gerettet werden ohne etwas im Gegenzug zu leisten? Wenn die Banken den Ausbau der Erneuerbaren und den Ausbau vom ÖPNV finanzieren, dann kann man ihnen helfen, sonst nicht

        • @Karim Abidi:

          "Wieso sollten die mit Steuergeld gerettet werden ohne etwas im Gegenzug zu leisten?"



          Weil es - zumindest war das 2008 der Fall - volkswirtschaftlich immer noch günstiger kommt als es nicht zu tun. Bei der Bankenrettung ging es eben nicht darum eine oder ein paar Banken zu retten, sondern darum das Übergreifen der Krise auf die Realwirtschaft und auch deren Kollaps, mit Folgen wie Massenarbeitslosigkeit und der Verelendung breiter Bevölkerungsschichten zu verhindern. Und klar, natürlich kann und sollte man über den Kapitalismus streiten und die Systemfrage stellen, aber dabei die akuten Probleme und deren potentiellen Folgen lapidar beiseite zu wischen verkennt den Ernst einer solchen Lage schon ziemlich.

          • @Ingo Bernable:

            Wenn die Banken sich nicht selbst helfen können und lediglich die Volkswirtschaft riskieren, dann gehören sie in staatliche Hand oder abgeschafft. Ganz ehrlich: lass sie scheitern und zeig den Menschen, was Kapitalismus bedeutet

      • @Ingo Bernable:

        Stimme vollumfänglich zu. Eine Weltwirtschaftskrise und sei sie auch nur halb so schlimm wie 1929 wäre fatal und die Energiewende wäre für einige Jahre tot.

        Zudem: Dieses Mal zahlt ja der Schweizer Steuerzahler und da die Schweiz von dem Bankensystem prächtig Steuern erhält, finde ich es nicht ganz so schlimm...

        • @Strolch:

          Wenn das selbstverschuldete Failen von Banken zu einer derartigen Krise führt, wirds Zeit, das System zu überarbeiten. Wahrer Klimaschutz und Umweltschutz muss immer auch mit der Systemfrage einhergehen.

          • @Karim Abidi:

            Was ist den "Wahrer" Klimaschutz? Zunächst: Klimaschutz kostet Geld. Erdöl ist billig und kann viel billiger werden, wenn das Kartell (Opec) die Preise senkt/senken muss. Die Transformation zu Erneuerbaren Energien kostet ein Haufen Arbeit und damit Geld. Wenn wir eine Wirtschaftskrise haben, wird schnell auf die billige Energie zurückgegriffen. Zur Systemfrage: Der Kapitalismus hat mehr für den Umweltschutz getan als der Sozialismus. Die Kläranlagen standen in Westdeutschland nicht in Ostdeutschland, wo die Umweltgifte eingeleitet wurden....

            • @Strolch:

              Zur Finanzierung der erneuerbaren Energien: Geld kann ja auch im Sozialismus weiterhin existieren und klar wäre eine Wirtschaftskrise hierbei verheerend aber man hätte bereits damals aus der Krise lernen sollen und Banken überwachen sollen oder komplett verstaatlichen. Aber lieber diskutieren unsere Politiker über noch mehr Überwachung vom einfachen Bürger...

            • @Strolch:

              Die DDR war eine Diktatur, man sollte die Schuld des Scheiterns der DDR und all die Verbrechen gegen Umwelt und Menschen nicht auf das angebliche System schieben, welches ja auch nur lieblos umgesetzt wurde.



              Wahrer Klimaschutz ist im Kapitalismus unmöglich, da der Kapitalismus auf Ausbeutung ausbaut, egal ob die Ausbeutung von Menschen, Tieren oder Umwelt. Das Überleben und die Lebensqualität sind im Kapitalismus nicht wichtig, es geht nur ums Geld, und dafür geht man über Leichen und will immer mehr und immer mehr - unsere Ressourcen jedoch sind endlich und wir können net weiter machen wie bisher

          • @Karim Abidi:

            Wie es mal jemand um 2008 formuliert hat: "Wir leihen uns mit Krediten, die wir nicht zurück zahlen können, Geld, das wir nicht haben, um Energie zu fördern, die nicht nachhaltig tragbar ist, um Dinge zu kaufen, die wir uns nicht leisten können."

            Tatsächlich hatte die 2008er Finanzkrise einiges mit hohen Energiepreisen zu tun. Und die Strategie, sie zu lösen, war weiter zu machen wie bisher, z.B. mit der Abwrackprämie, also einer Subvention für den Kauf von fossilen Neuwagen.

            • @jox:

              Ja, so wahr und so traurig. Unser System als kaputt und unlogisch zu bezeichnen wäre noch eine Untertreibung

  • Dieser ganze globale Turbokapitalismus ist für denn Arsch. Insbesondere die Finanzwirtschaft. Viel zu anfällig weil es nicht um Stabilität sondern nur um Profitoptimierung geht.