Tunesien sucht neuen Regierungschef: Rücktritt nach nur fünf Monaten
Tunesiens Regierungschef Elyes Fakhfakh ist zurückgetreten. Falls kein Nachfolger eine Mehrheit im Parlament findet, gibt es Neuwahlen.
Vier Wochen hat Said nun Zeit, einen Nachfolger zu bestimmen. Sein Rücktritt erfolge aus nationalem Interesse und solle Tunesien weitere Schwierigkeiten in dem jetzigen Ausnahmezustand ersparen, ließ Fakhfakh am Mittwoch Abend verlautbaren.
Die Regierungskrise trifft das 11-Millionen-Einwohner-Land tatsächlich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Auch nach der Wiedereröffnung der Landesgrenzen vor drei Wochen bleiben die Touristen aus. Zulieferbetriebe der europäischen Automobilindustrie und die Textilindustrie haben viele Aufträge verloren. Der Staat hat kein Geld, um eine für den Herbst erwartete Pleitewelle zu verhindern.
Die Coronabedingte größte Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit könnte zu sozialen Unruhen führen wie derzeit in der südtunesischen Stadt Tataouine, wo sich Tausende Demonstranten in den letzten Wochen Straßenschlachten mit der Polizei lieferten. Eigentlich wollte Fakhfakh in dieser Woche die Lage bei einem Besuch der südtunesischen Krisenregion beruhigen.
Tunesien bleibt ein gespaltenes Land
Der zukünftige Regierungschef wird zunächst die Parlamentsmehrheit für sich gewinnen müssen. Bei den Parlamentswahlen im letzten Oktober waren die etablierten Parteien abgestraft worden. Die Zersplitterung des Parlaments hatte mehrere Versuche einer Regierungsbildung scheitern lassen.
Sollte der von Präsident Kais Saied zu bestimmende Kandidat nicht innerhalb eines Monats die absolute Mehrheit im Parlament erhalten, werden Neuwahlen angesetzt. Eine entscheidende Rolle kommt der Ennahda-Partei zu, die mit 54 von 217 Parlamentssitzen die größte Fraktion stellt.
Ennahda-Parteichef Ghannouchi hatte den ehemaligen Tourismusminister Fakhfakh am 27. Februar akzeptiert, weil er einen Ennahda-nahen Kandidaten nicht durchsetzen konnte.
Im Juni warf ein Abgeordneter Fakhfakh dann vor, Aktien von mehreren Firmen zu besitzen, die Staatsaufträge im Wert von über 13 Millionen Euro erhalten hatten. Fakhfah behauptet, die Firmenanteile verkauft zu haben und wollte Konsequenzen ziehen,wenn ihn die noch laufenden Untersuchungen belasten sollten.
Dass er vor dem Ende der Ermittlungen dem Druck der religiösen Kräfte nachgibt, zeigt, wie gespalten die politische Landschaft Tunesiens auch 10 Jahre nach der Revolution noch ist.
Dabei hatte der siebte Regierungschef nach der Revolution zusammen mit Präsident Saied und dem Ennahda-Chef Ghannouchi mit ihrer gemeinsamen Anti-Corona Kampagne drei Monate lang gezeigt wie gutes Krisenmanagement geht.
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