Türkische Politiker in Deutschland: Bozdağ-Rede in Gaggenau untersagt
Eine Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister darf aus Sicherheitsgründen nicht stattfinden. Der hat daraufhin ein Treffen mit Heiko Maas abgesagt.
Es sei keine politische Entscheidung. Vielmehr sei zu befürchten, dass wegen des umstrittenen Wahlkampfauftritts von Bozdağ mehr Menschen in die Stadt kämen als die Kulturhalle fassen könne. Der Justizminister wollte um Zustimmung für ein Präsidialsystem beim bevorstehenden Referendum in der Türkei werben.
Aus Protest gegen die Verhinderung seines Auftritts in Deutschland hat der türkische Justizminister Bekir Bozdag ein geplantes Treffen mit Bundesjustizminister Heiko Maas abgesagt. Er werde stattdessen direkt in die Türkei zurückkehren, sagte Bozdag am Donnerstag bei einem Besuch in Straßburg. Der türkische Minister übte scharfe Kritik daran, dass sein Auftritt in Gaggenau gestoppt wurde. Meinungs- und Versammlungsfreiheit würden ignoriert, sagte er. „Was ist das für eine Demokratie?“
Nach Angaben der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu hatte Maas um ein Treffen mit Bozdag gebeten gehabt, das am Donnerstagabend in Karlsruhe stattfinden sollte. Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara sind derzeit wegen der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel schwer belastet. Maas wollte mit Bozdag über die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel sprechen, wie ein Ministeriumssprecher der dpa in berlin sagte.
Der Gaggenauer Bürgermeister sagte: Der Beschluss, die Veranstaltung abzusagen, sei nicht mit höheren politischen Ebenen abgesprochen. „Das ist unsere Entscheidung.“ Unklar ist, ob die Veranstalter vor Gericht ziehen, um den Beschluss rückgängig zu machen. Nach den Worten von Pfeiffer wird mindestens eine Hundertschaft der Polizei eingesetzt, um die Halle zu sichern, falls die Veranstaltung doch stattfinde oder den Verkehr wegen erhöhtem Aufkommen umzuleiten.
Kritik von Riexinger und Guido Wolf
Der für Donnerstagabend geplante Auftritt hatte zuvor parteiübergreifend für Kritik gesorgt. Vertreter von Union und Linke wandten sich am Donnerstag gegen den umstrittenen Wahlkampftermin im baden-württembergischen Gaggenau. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte die schwarz-grüne Landesregierung in Stuttgart auf, die Veranstaltung zu verhindern.
Riexinger kritisierte, dass nur fünf Tage nach der Rede des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yıldırım in Oberhausen das nächste Regierungsmitglied auf Stimmenfang für die „Allmachtsphantasien“ von Präsident Recep Tayyip Erdoğan gehen wolle. Die baden-württembergische Landesregierung müsse sich dafür einsetzen, „dass die nächste Werbeshow für Erdoğan nicht stattfindet“. Und die Bundesregierung müsse unmissverständlich klar machen, „dass in Deutschland nicht Stimmung für die Einrichtung einer Diktatur gemacht werden darf“.
Die Debatte um die Auftritte hatte sich wegen der Affäre um den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel verschärft, der in Istanbul in Untersuchungshaft genommen wurde. Vor dem Hintergrund kritisierte auch der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) den Auftritt von Bozdağ. „Wenn der türkische Justizminister sich Zeit für einen Termin in Deutschland nimmt, dann wäre es sinnvoller gewesen, statt innertürkischen Wahlkampf zu machen, sich mit uns über Grundrechte und Rechtstaatlichkeit zu unterhalten“, sagte Wolf der Heilbronner Stimme und dem Mannheimer Morgen vom Freitag.
Auch Wirtschaftsminister Zeybekçi will kommen
Am Sonntag plant auch der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi einen Wahlkampfauftritt in Köln. Das geht aus dem Kalender des Koordinationszentrums für die Auslandswähler der türkischen Regierungspartei AKP hervor. Zeybekçi hatte nach der Niederschlagung des Putsches in der Türkei im Juli 2016 für Irritationen gesorgt, als er den Putschisten gedroht hatte: „In 1,5 bis 2 Quadratmeter großen Räumen werden sie wie Kanalratten krepieren.“
Die Stadt Köln hat diesen Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci allerdings dementiert. „Es gibt keinen Mietvertrag für diese Veranstaltung am 5. März und es wird auch keinen geben“, sagte eine Sprecherin am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Im August 2016 sei ein Saal im Bezirksrathaus Köln-Porz von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) für eine Theaterveranstaltung angefragt worden. „Daraufhin haben wir monatelang nichts mehr gehört. Also haben wir das von unserer Agenda gestrichen“, sagte die Sprecherin.
Erst am Mittwoch habe es erneut eine Anfrage gegeben. Bei der sei erstmalig zur Sprache gekommen, dass es sich um einen Informationsabend mit „derart prominenter Besetzung“ handeln soll, so die Sprecherin. Die UETD steht der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP nahe. Die Deutschland- und Europa-Zentrale sitzt in Köln.
Ministerpräsident Binali Yıldırım hatte am Samstag in Oberhausen gesprochen. Die türkischen Regierungsvertreter werben für eine umstrittene Verfassungsreform zur Stärkung der Befugnisse des türkischen Präsidenten Erdogan. Bei dem für den 16. April geplanten Referendum sind auch rund 1,4 Millionen Türken in Deutschland wahlberechtigt.
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