Diplomatische Krise mit der Türkei: Deutscher Botschafter einbestellt

Damit reagierte die türkische Regierung auf das Auftrittsverbot des Justizministers Bozdag in Gaggenau. Auch in Köln soll ein AKP-Minister nicht sprechen dürfen.

Drei Männer, einer in Uniform, zwei im Anzug

Muss im türkischen Außenministerium vorsprechen: Martin Erdmann (Mitte) Foto: dpa

ISTANBUL/BERLIN dpa | Die Krise zwischen Deutschland und der Türkei spitzt sich zu: Der türkische Justizminister Bekir Bozdag ließ am Donnerstag ein Treffen mit Bundesjustizminister Heiko Maas platzen, nachdem unmittelbar zuvor sein Wahlkampfauftritt im baden-württembergischen Gaggenau verhindert wurde. Maas hatte mit Bozdag in Karlsruhe über den in der Türkei inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel sprechen wollen.

Das türkische Außenministerium bestellte nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Abend den deutschen Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, ein.

Bozdag sagte zur Absage seines Auftritts in Gaggenau: „Das kann man mit Demokratie und Meinungsfreiheit nicht erklären. Schon gar nicht schickt es sich für einen Rechtsstaat.“ Der Minister lobte dagegen „das demokratische Klima in der Türkei“. Er sagte: „Heute kann sich in der Türkei jeder versammeln, wie er will, um sich auszudrücken.“ Menschenrechtsexperten teilen die Einschätzung nicht.

Die Stadt Köln lehnte zudem eine Anfrage für einen Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci am Sonntag im Bezirksrathaus Köln-Porz ab. „Es gibt keinen Mietvertrag für diese Veranstaltung am 5. März und es wird auch keinen geben“, sagte eine Sprecherin der Stadt.

Zeybekci will nach Leverkusen ausweichen

In Köln sei im August 2016 sei ein Saal des Rathauses Köln-Porz von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) für eine Theaterveranstaltung angefragt worden, sagte die Stadtsprecherin. „Daraufhin haben wir monatelang nichts mehr gehört. Also haben wir das von unserer Agenda gestrichen.“ Erst am Mittwoch habe es erneut eine Anfrage gegeben. Bei der sei erstmalig zur Sprache gekommen, dass es sich um einen Informationsabend mit „derart prominenter Besetzung“ handeln soll.

Zeybekci will einem Zeitungsbericht zufolge nun am Sonntag eine Veranstaltung eines türkischen Kulturvereins im Forum Leverkusen besuchen, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger online unter Berufung auf das türkische Generalkonsulat.

Der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu von der türkischen Regierungspartei AKP nannte die Absage Gaggenaus einen „Skandal“. „Diese Absage stellt die deutsch-türkischen Verhältnisse auf eine weitere harte Belastungsprobe und ist durch und durch von Populismus geprägt.“ Die Türkische Gemeinde kritisierte die kurzfristige Absage. Die Stadt hätte mit den Veranstaltern darüber sprechen müssen, wie die Sicherheit gewährleistet werden könne, sagte der Vorsitzende Göky Sofuoglu der Rheinischen Post. „Diese Entscheidung hilft am Ende Präsident Erdogan.“

Gaggenau im Alleingang

Michael Pfeiffer, der parteilose Bürgermeister Gaggenaus, sagte zur Absage, der Schritt der Kommune sei keine politische Entscheidung. Es sei zunächst nicht bekannt gewesen, dass der türkische Minister kommen solle. Es sei nun aber zu befürchten, dass wegen seines umstrittenen Wahlkampfauftritts mehr Menschen kämen, als die Halle mit ihren 500 Plätzen fassen könne. Der Beschluss sei nicht mit höheren politischen Ebenen abgesprochen. „Das ist unsere Entscheidung.“

Der Bürgermeister hat sich nach eigenen Worten getäuscht gefühlt, weil die UETD die Veranstaltung als Vereinstreffen mit 400 Personen deklariert habe, aber gewusst habe, dass sie politischen Charakter habe und mehr kommen könnten. Die UETD wollte die Gründung eines Kreisverbandes zum Anlass für die Einladung Bozdags nehmen. „Es wurde zumindest nicht die ganze Wahrheit gesagt“, klagte der Bürgermeister. Der Veranstalter habe den geplanten Ministerbesuch erst eingeräumt, als die Stadt ihn mit den entsprechenden Informationen konfrontiert habe.

Bozdag und Zeybekci wollten bei den Veranstaltungen für ein Ja bei der Volksabstimmung über das von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem werben. Bei dem für den 16. April geplanten Referendum sind auch rund 1,4 Millionen Türken in Deutschland wahlberechtigt. Unter dem Präsidialsystem würde Erdogan mit deutlich mehr Macht ausgestattet. Weite Teile der türkischen Opposition befürchten eine Ein-Mann-Herrschaft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.