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Trumps Plan für den GazasteifenBedrohliche Perspektiven

Serena Bilanceri
Kommentar von Serena Bilanceri

Eine Zwangsumsiedlung hunderttausender Menschen nach Jordanien hätte für die Monarchie schlimme Folgen. Der Gazastreifen muss palästinensisch bleiben.

Donald Trump während des Gesprächs mit König Abdullah von Jordanien Foto: Nathan Howard/reuters

D as Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem jordanischen König Abdullah war keineswegs ein angenehmer Smalltalk-Höflichkeitsbesuch. Die Zusammenkunft ähnelte schon eher einem gepflegten Showdown bei sehr ungleichen Kräfteverhältnissen. Als erster arabischer Staatschef betrat der jordanische König den Präsidentenpalast in Washington zur Zeit der zweiten Trump-Legislatur. Das ist kein Zufall.

Erst vor wenigen Tagen hatte sich der US-Präsident mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu getroffen und seine Pläne für eine dauerhafte Friedenslösung vorgestellt: die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen nach Jordanien und Ägypten umzusiedeln, den Gazastreifen zu übernehmen und zur „Riviera des Nahen Ostens“ zu machen. Trump schlägt vor, Jordanien lehnt ab. Und hat dafür gute Gründe.

Ein Massenzustrom von palästinensischen Geflüchteten würde das Land, in dem die Menschen mit palästinensischen Wurzeln ohnehin schon mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung stellen, demografisch aus dem Gleichgewicht bringen. Trumps Plan einer Massenumsiedlung würde die spärlichen Ressourcen Jordaniens überbeanspruchen. Er würde das Ende einer Zweistaatenlösung bedeuten, an der der König unverändert festhält.

Die Zustimmung zu dem irrsinnigen Vorhaben des US-Präsidenten würde die innere Sicherheit Jordaniens bedrohen. Völlig unklar bleibt schon, wie eine Umsiedlung konkret ablaufen sollte. Freiwillig will kaum jemand den Gazastreifen verlassen, wie man Reaktionen entnehmen kann. Eine Zwangsumsiedlung würde sich nicht gut machen in der Weltöffentlichkeit. Doch so abstrus Trumps Plan auch klingen mag, unterschätzen sollte man den Präsidenten nicht.

Auch Konsequenzen für den Westen

Denn er hat mehrere Hebel parat, um ein Land wie Jordanien zur Kooperation zu zwingen, in erster Linie die riesigen finanziellen Hilfen, die die USA jedes Jahr an Jordanien weiterleiten. Gutes würde dabei nicht herauskommen: Nicht für den Nahen Osten, der dadurch noch explosiver werden könnte, als er ohnehin schon ist; und auch nicht für den Westen. Denn Jordanien trägt massiv zur Extremismusbekämpfung in der Region bei und beherbergt hunderttausende Geflüchtete, von denen ein Teil schon jetzt weiter nach Europa flieht.

Sollte die einzige Friedensoase in der Region ihren Frieden verlieren, wäre dies nicht nur für das Königreich schlecht. Und das ist vielleicht Jordaniens einzige Waffe im Schlagabtausch um Trumps Riviera-Fantasien. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese bloß strategisches Gerede und keine ernsten Absichten sind.

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Serena Bilanceri
Autorin
Freie Auslandskorrespondentin für Jordanien und den Nahen Osten. Jahrgang 1983, lebt in Bremen und Amman. 2020 erhielt sie ein IJP-Stipendium. Seitdem berichtet sie u.a. über soziale Themen, Menschenrechte und Politik in Nahost. Geboren in Pisa, hat sie in Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien studiert.
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10 Kommentare

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  • Die Hamas und andere militante Gruppen/Terroristen sind allerdings auch noch ein Faktor. Die zu vertreiben, hat Israel nicht geschafft, warum sollten das Jordanien, Ägypten oder gar Trump schaffen?



    Ich vermute mal, Trump hatte Hamas und Co. bei seinem Gerede nicht mal auf dem Schirm. Oder will er mit denen auch einen Deal machen, von dem wir nur noch nichts wissen?

  • "Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt" und ewig grüßt das Murmeltier ...

  • Wenn es zur Vertreibung kommt wird das die ganze Region in Brand setzen. Nicht jeder mag die Hamas unterstützen, die absolute Mehrheit aber die Palästinenser. Die Huthis haben sich ja auch schon dazu geäußert. Und es scheint mir der ägyptische Präsident hat schon gar keine Lust mehr mit Trump zu reden. Laut amerikanischen Medien heißt es, das er nicht in die USA reisen will, wenn die Vertreibung der Palästinenser auf dem Plan stehen sollte. Der hat seine Position ja auch mehr als deutlich gemacht. Es kam sogar Stimmen aus der Regierung die sagten, das eine Vertreibung das Ende des Friedensabkommens mit Israel bedeutet. Und Unterstützung in der Bevölkerung hat er dafür allemal.



    Aber eins muss man Trump lassen, im Gegensatz zu anderen US-Präsidenten zeigt er offen für alle wie die USA schon immer ihre Außenpolitik betrieben haben. Südamerika kann ein Lied davon singen. Ein wenig drohen hier, etwas erpressen da und wenn das nicht hilft auch mal Unterstützung oder Durchführung eines Regimewechsels- von politischer Souveränität von Staaten haben sie ja noch nie viel gehalten, außer natürlich es geht um sie selbst. Und Europa hat immer schweigend zugeschaut.

  • "Sollte die einzige Friedensoase in der Region ihren Frieden verlieren, wäre dies nicht nur für das Königreich schlecht."

    Die Folgen würden, außer die Region selbst, vor allem Europa treffen. Also sind sie Trump völlig schnuppe. Ich würde deshalb nicht darauf setzen, dass er nicht ernst macht.

    "Eine Zwangsumsiedlung würde sich nicht gut machen in der Weltöffentlichkeit."

    "Die Weltöffentlichkeit" hat Übung im wegschauen. Bei Armenier hat das erst vor kurzem sehr gut funktioniert.

  • "Die Zustimmung zu dem irrsinnigen Vorhaben des US-Präsidenten würde die innere Sicherheit Jordaniens bedrohen."



    Das hat historische Wurzeln, speziell bei d. Inauguration als Königshaus u. Regionalmacht mit geschmälerten Aussichten auf Machtzuwachs nach d. Zerfall d. osmanischen Reiches.



    "André Bank vom GIGA-Institut für Nahoststudien in Hamburg:



    „Bereits nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war es ja so, dass klassische Kolonien im Zeitalter des Imperialismus verschrien waren, und die britische Reaktion war es ja, die so genannten Mandatsgebiete im Nahen Osten zu etablieren, Transjordanien ist ja auch eins davon, also dort lokale Herrscher zu etablieren, mit denen die Krone sehr eng zusammenarbeitet, aber dann sukzessive, indem man sie im Grunde sozusagen modernisiert und entwickelt, dann perspektivisch in die Unabhängigkeit entlässt.“



    deutschlandfunk.de



    Weiter dort:



    “„Die Haschemiten sind ja eigentlich eine Dynastie, die aus dem Hedschas kommt, also aus dem westlichen Teil von heute Saudi-Arabien, wo die heiligen Stätten des Islams, Mekka und Medina, liegen. In der sogenannten großen arabischen Revolte, also im arabischen Aufstand zusammen mit Großbritannien..."



    Sie wollten mehr!

  • Mal abgesehen von der verbrecherischen Natur dieses Vorschlages*, das würde Jordanien und Ägypten massiv destabilisieren. Wenn diese Staaten in Schieflage geraten könnte es zu einer Massenflucht in Richtung Europa führen, die noch mehr Rechte Regierungen bescherrt und zum Zusammenbruch der EU führt.



    Europa muss endlich selber in der Region aktiv werden und Staaten wie den Libanon, Syrien, Jordanien stützen. Ägypten ist ein schwieriger Partner aber auch hier muss man aktiv werden. Europa ist ein wichtiger Handelspartner, und Europa hat eine Menge Hebel.

    *was nicht heißt das Europa nicht desto trotz Schulter-zuckend zuschauen würde, wie sich das ja auch viele bei der Ukraine gewünscht haben/wünschen.

    • @Machiavelli:

      "Schulterzucken" oder Kriegsmaterial. Dazwischen: Nichts.



      Ähnliche Rhetorik hat man auch zum Irak und zu Afghanistan gehört. Krieg hieß da immer "Verantwortung übernehmen". Wer will schon verantwortungslos sein oder schulterzuckend.

    • @Machiavelli:

      Theoretisch guter Vorschlag. Fragt sich nur mit was. Und gegen die Führungsmacht der NATO?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Mit Fähigkeiten die man entwickeln muss am besten vor zehn Jahren, am zweitbesten heute. Oder wir werden gnadenlos untergehen.

        • @Machiavelli:

          Also aktuell ist es unrealistisch.