Trumps Kahlschlagpolitik: Forschende und Studierende protestieren gegen die US-Regierung
In den USA gehen Akademiker:innen wegen der massiven Kürzungen im Wissenschaftsbetrieb auf die Straße. Und im Weißen Haus soll es zu lautem Streit zwischen Marco Rubio und Elon Musk gekommen sein.

Trumps Regierung hat seit dem Amtsantritt des Präsidenten am 20. Januar erhebliche Bundesmittel für Forschung gekürzt und die Entlassung hunderter Behörden- und Regierungsmitarbeiter:innen angeordnet, die vor allem in der medizinischen Forschung und der Klimaforschung tätig sind.
Die Demonstrierenden in Washington trugen Transparente mit Aufschriften wie „Geld für Forschung, nicht für Milliardäre“ und „Amerika wurde auf Wissenschaft erbaut“. Mehrere Protestierende äußerten im Gespräch mit AFP Befürchtungen hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft.
Grover, der nach eigenen Angaben in seinen 50ern ist und als Forscher an einer Universität arbeitet, sprach von einer in 30 Jahren Karriere „nie dagewesenen“ Situation. Sein Arbeitgeber habe Angestellte angewiesen, sich mit öffentlicher Kritik an den Sparplänen zurückzuhalten – aus Furcht davor, die Bundesregierung könnte als Vergeltung Mittel kürzen.
Chelsea Gray, eine 34-jährige Umweltwissenschaftlerin, spielt nach eigenen Angaben bereits mit dem Gedanken an eine Auswanderung nach Europa. Eigentlich habe sie für die Ozean- und Klimabeobachtungsbehörde NOAA arbeiten wollen, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Deren Finanzierung durch Washington steht nun auf der Kippe: „Mein Karriere-Weg ist vor meinen Augen zusammengestürzt.“ Sie wolle zwar bleiben und „als US-Bürgerin den USA dienen“. Sie bemühe sich aber bereits um die irische Staatsbürgerschaft. „Ich muss mir alle Türen offenhalten“, betonte Gray.
Auch wegen Kürzungen bei den Stipendien sind viele Forscher:innen besorgt. Einige Universitäten haben deshalb bereits die Zahl ihrer Student:innen in Promotionsprogrammen oder in der Forschung verringert.
Auch die renommierte Columbia University in New York muss mit deutlich weniger Geld auskommen – die Trump-Regierung kürzte das Geld hier aber wegen angeblichen Versagens beim Schutz jüdischer Studierenden vor antisemitischen Übergriffen. Bundeszuschüsse und Verträge in Höhe von rund 400 Millionen Dollar würden sofort gestrichen, erklärten am Freitag vier Regierungsbehörden. Grund dafür sei „die fortgesetzte Untätigkeit“ der Einrichtung „angesichts der anhaltenden Schikanen gegen jüdische Studenten“.
Die Kürzungen seien „die erste Runde der Maßnahmen“, hieß es in der gemeinsamen Erklärung der Regierungsbehörden weiter. Weitere Kürzungen der staatlichen Unterstützung für die Columbia University, die sich insgesamt auf rund fünf Milliarden Dollar beläuft, waren demnach zu erwarten.
US-Bildungsministerin Linda McMahon warf der Leitung der renommierten Universität vor, bei den gewaltsamen antisemitischen Ausschreitungen auf ihrem Campus zu lange weggeschaut zu haben. Seit dem Tag des Großangriffs der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 seien jüdische Studierende auf dem Uni-Gelände „unaufhörlicher Gewalt, Einschüchterung und antisemitischer Drangsalierung ausgesetzt – und werden von denen, die sie eigentlich schützen sollten, ignoriert“, erklärte McMahon. Universitäten müssten „alle Bundesgesetze gegen Diskriminierung befolgen, wenn sie staatliche Unterstützung bekommen sollen“, erklärte sie weiter.
Ein Universitätssprecher sagte, die Hochschule sichere zu, „mit der Regierung zusammenzuarbeiten, um die Bundesmittel für die Columbia wiederherzustellen.“ Die Universität nehme ihre rechtlichen Verpflichtungen ernst und sei sich darüber im Klaren, wie „ernst“ die Ankündigung sei.
Trump hatte am Dienstag angekündigt, die staatlichen Gelder für Bildungseinrichtungen zu kürzen, die „illegale Demonstrationen“ zuließen. Ausländischen Teilnehmer:innen an solchen Protesten drohte er mit Abschiebung, US-Bürger:innen mit Exmatrikulation und Haftstrafen.
Trump könnte auch, wie im Wahlkampf versprochen, das Bildungsministerium insgesamt demontieren. Trump kann es zwar nicht ohne die Zustimmung des Kongresses abschaffen, und dass er diese bekommt, ist unwahrscheinlich. US-Medienberichten zufolge könnte er das Ministerium aber per Dekrete letztlich aushöhlen.
Bericht: Musk soll auch mit dem Verkehrsminister gestritten haben
Unterdessen sollen bei einem Treffen im Weißen Haus einem Medienbericht zufolge US-Außenminister Marco Rubio und der Tech-Milliardär und Präsidentenberater Elon Musk aneinandergeraten sein. Wie die New York Times berichtete, soll sich der Zwist bei einer Kabinettssitzung am Donnerstag am Vorwurf Musks entzündet haben, Rubio habe kein Personal in seinem Ministerium entlassen. Musk habe zudem auch mit Verkehrsminister Sean Duffy gestritten.
Trump dementierte den Bericht auf Nachfrage eines Journalisten. Musk und Außenminister Rubio verstünden sich „fabelhaft gut“ miteinander, fügte er an.
Nach dem besagten Treffen hatte Trump allerdings erstmals Kritik an Musks Vorgehen beim Personalabbau in US-Bundesbehörden erkennen lassen. Musk solle mit dem „Skalpell“ statt mit der „Axt“ vorgehen, schrieb Trump in seinem Onlinedienst Truth Social.
Wie die New York Times berichtete, soll Musk zuvor in dem Treffen Rubio zunächst vorgeworfen haben, dieser habe in seinem Ministerium seit Trumps Amtsantritt noch „niemanden“ gefeuert. Rubio entgegnete demnach darauf, 1500 Mitarbeiter:innen seien bereits vorzeitig in Rente gegangen – und fragte Musk sarkastisch zurück, ob er diese Menschen denn nun wieder einstellen solle, um sie dann öffentlichkeitswirksam zu entlassen.
Verkehrsminister Duffy warf Musk bei dem Treffen der Zeitung zufolge vor, die von ihm faktisch geleitete Abteilung für staatliche Effizienz (Doge) habe versucht, Fluglots:innen zu entlassen. Fluglots:innen haben eine zentrale Bedeutung für die Sicherheit des Luftverkehrs, in den USA war es in den vergangenen Wochen zu mehreren Flugunfällen gekommen. Musk habe Duffy entgegnet, sein Vorwurf sei eine „Lüge“, schrieb die „New York Times“.
Trump habe daraufhin in den Streit eingegriffen, schrieb die Zeitung. Der Präsident habe vorgeschlagen, neue Fluglots:innen sollten künftig unter den „Genies“ gefunden werden, die an der prestigeträchtigen technischen Universität Massachusetts Institute of Technology (MIT) studierten.
Zuvor hatten bereits mehrere US-Medien über Spannungen zwischen Musk und hochrangigen Mitarbeiter:innen von Regierung und Bundesverwaltung berichtet. Diese warfen den Doge-Leuten demnach vor, ihre Befugnisse zu überschreiten.
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