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Trump und Selenskyj im PetersdomEin wundersamer Trump-Moment

Bernhard Clasen
Kommentar von Bernhard Clasen

Ein vertrautes Gespräch zwischen Trump und Selenskyj ist nur eine Momentaufnahme. Aber mehr Respekt ist in Zeiten von Krieg oder Frieden nicht wenig.

Trump und Selenskyj im Gespräch nach der Trauerfeier für Papst Franziskus im Petersdom Foto: AP/dpa

Z wei Männer auf roten Stühlen unterhalten sich im Petersdom. Sie stecken ihre Köpfe zusammen, tuscheln über etwas, das niemand hören soll. Irgendjemand versucht, einen dritten Stuhl zu den beiden zu stellen. Die winken ab, sie wollen lieber unter sich sein. Sie tuscheln weiter, haben sich offenbar viel zu sagen. Sie wirken wie alte Bekannte, die sich schon lange nicht mehr gesehen haben und nun versuchen, sich in einer Viertelstunde alles zu sagen, was ihnen schon lange auf dem Herzen liegt.

Wenige Minuten später, das ist beiden klar, werden sie in einem Flugzeug sitzen und in entgegengesetzte Richtungen fliegen. Aber dieses Gespräch im imposanten Petersdom bei der Trauerfeier für Papst Franziskus wird niemand so schnell vergessen.

Allen dreien im Petersdom, dem toten Papst und den beiden Männern auf den roten Stühlen, US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, ist eines gemeinsam: Sie haben sich nie leiden können, sich immer wieder öffentlich scharf kritisiert.

Franziskus war Donald Trump wegen dessen Vorgehen gegen MigrantInnen hart angegangen, Selenskyj und Trump hatten sich vor einigen Wochen im Weißen Haus in erhöhter Stimmlage vor der gesamten Weltöffentlichkeit gestritten. Trump hatte Selenskyj einen Diktator genannt. Selenskyj hatte Trumps Umfeld die Verbreitung eines russischen Narrativs vorgeworfen; und er hatte nie verhehlt, dass er lieber Joe Biden als US-Präsidenten gehabt hätte.

Ein ergreifender Augenblick

Nun auf einmal ist das Eis gebrochen. Manchmal passieren Dinge zwischen Himmel und Erde, die man mit dem Verstand nicht erklären kann. Man sagt, der Geist eines Menschen werde nach dem Ableben noch ein paar Tage über uns wehen. Möglich, dass der Geist des toten Papstes über den beiden Politikern schwebte.

Ergreifend, dieser Augenblick, keine Frage. Aber ändern solche emotionalen Momente etwas in der großen Politik? Vielleicht, so ist zu hoffen, wird die abschätzige Art, womit beide den jeweils anderen immer wieder dargestellt haben, vorbei sein.

Trump als Präsident des mächtigsten Staats der Erde hätte die Macht, die Ukraine zu einem erniedrigendem Deal einer rücksichtslosen Ausbeutung der Bodenschätze zu zwingen. Bleibt zu hoffen, dass er dies nun nicht tut und es sich auch zweimal überlegt, ob er die Krim de jure als zu Russland gehörend anerkennen will.

Aber eines ist jetzt schon sicher: Mit diesem Gespräch im Petersdom ist ein kleines Stück mehr Respekt und Achtsamkeit in die internationale Politik eingekehrt. Das ist in Zeiten von Krieg oder Frieden nicht wenig.

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Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
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17 Kommentare

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  • Mir kommen die Tränen.



    Echt jetzt, Herr Clasen? Sie halten es für möglich, dass der Orangene, umweht von der geschichtsträchtigen Atmosphäre in den heiligen Hallen des Vatikans anlässlich der Papst-Beisetzung, sich vom putin-freundlichen Saulus zum die Ukraine vorbehaltlos unterstützenden Paulus wandelt?



    Ich würde da eher von geschickt inszenierter Aufmerksamkeitsökonomie sprechen - zwei begnadete Selbstdarsteller haben sich da getroffen. Das war’s auch schon. Warten wir’s mal ab, in welche Richtung das Pendel ausschlägt, wenn sich Trump erst persönlich mit Putin getroffen hat.



    Sollen wir als Europäer aus diesem Schmierentheater wirklich unsere außenpolitischen Prämissen ableiten (das gleiche habe ich hier übrigens schon Herrn Johnson gefragt)?

  • Jetzt wird schon Normales bejubelt.



    Trump ist auch da in der Sackgasse, und manche Gesprächspartner scheinen ihn da herausholen zu wollen.

  • Die Frage ist bei Trump: wie nachhaltig ist der Moment des Innehaltens. Er schreibt ja, es könne sein, dass Putin gar nicht wirklich Frieden möchte und ihn nur hinhält. Ach.



    Morgen flüstert ihm wieder jemand etwas anderes ein und der Wind dreht sich wieder.



    Ein überfordertes Kind in seinen 80ern regiert die einzige verbliebene Weltmacht, auf konsistente und logische Politik wird man bis zum Ende der Ära Trump warten müssen.

  • Der Fehler der Biden-Administration war: erst militärisch unter Druck setzen, dann verhandeln. Das funktioniert nur, wenn man sehr viel gegen eine Atommacht riskiert, genauer soviel, dass sie eventuell auch vernichtet werden kann.



    Wer kann das schon verantworten.



    Auch wenn alle über den unmöglichen Trump herfallen, im Fall des Angriffskrieg gegen die Ukraine bringt er Bewegung dadurch, dass er redet.Mehr eine Chance, als wenn er und damit amerikanische Waffenunterstützung einfach gehen.

  • "Ein wundersamer Trump-Moment" ?



    Der Artikel und und die Headline scheinen mir eher ein wundersamer taz-Moment zu sein.



    Was soll das Gerede von Respect, wo der ausschließlich für einen der größten Politik-Hasardeure auf dem Planeten gelten soll? Der selbst sonst Niemandem und Nichts eben diesen zollt?



    Um Verwechslungen vorzubeugen: bei Schloz hieß es Respect entgegen bringen. Trump fordert ihn bedingungslos ein.

  • „Trump als Präsident des mächtigsten Staats der Erde hätte die Macht, die Ukraine zu einem erniedrigendem Deal einer rücksichtslosen Ausbeutung der Bodenschätze zu zwingen.„



    Nein, hat er nicht. Darum ja das gleichermaßen freundliche wie inszenierte Gespräch.



    Mittlerweile läuft es ja eher auf Landlease mit Sicherheiten hinaus. Daran ist nichts erniedrigend. (allenfalls für Trump, wenn man ihn an seinen markigen Ansagen misst).

    • @Barbara Falk:

      Wann hat Trump seinen "Friedensplan" geändert?

  • Lasst es uns bitte einen Hauch nüchternern nehmen. Die Umfragewerte für Trump sind durch seine Zollpolitik mittlerweile auch für ihn als Autokraten so gefährlich grottig geworden für alle weiteren Pläne (nurmehr 41% Zustimmung, schlechteste 100-Tage-Bilanz eines Präsidenten seit Eisenhower), dass er sich den Nebenkriegsschauplatz Ukraine derzeit schlicht nicht mehr leisten kann.



    Die Nachwahlen rücken zudem näher. Insbesondere bei den Republikanern wird derweil die Empörung immer größer, in welch wiederlich unterwürfiger Art sich Trump dem Aggressor zu Füßen wirft. Putin lässt ihn am ausgestreckten Arm verhungern und macht ihn, wo er nur kann, lächerlich. Trump wird schlicht der Boden zu heiß unter den Füßen, er steigt aus.

    • @hedele:

      Zelensky lässt Trump auch verhungern. Aber er ist so klug, ihn nicht lächerlich zu machen.

      • @Barbara Falk:

        Vielleicht, aber wie kann denn Zelenskyj Trump verhungern lassen? Er kommt derzeit doch schon ohne die US-Satelittendaten überhaupt nicht mehr zurecht. Es stimmt allerdings, dass Zelenskyj stark auf die Europäer hofft, dass wenigstens sie ihn nicht verlassen. Denn Trump steigt bestimmt nicht nur aus den Friedensgesprächen aus, sondern danach auch aus der militärischem Unterstützung, allerdings nun offenbar möglichst so klammheimlich, dass es in den USA nicht groß auffällt.

        • @hedele:

          Noch steht es auf Messers Scheide, ob Trumps „Friedensplan“ funzt oder die Amis sich zurückziehen werden.



          Und natürlich: Selenskyi spielt dieses Spiel mit, so lange er hoffen kann, für sein Land noch etwas Besseres herauszuschlagen als es dieser Plan vorsieht - so schlecht stehen die Chancen dafür nämlich nicht. Und es hängt nicht nur von Selenskiy ab, sondern auch vom Geschick der Europäer (Macron, Starmer), bei Trump entsprechend Eindruck zu schinden.

  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal in der taz lesen würde, dass möglicherweise der Geist eines Toten herumschwebt und die Politik beeinflusst. Müsst ihr da nicht selbst grinsen?



    Herzliche Grüße Sönke Willms-Heyng

  • Natürlich ist das Treffen besser verlaufen, als das Letzte. Allerdings war wohl selbst Trump klar, dass er Selenskyj während einer Papstbeerdigung nicht mit einen Revolver durch den Petersdom jagen kann. Und viel kann in 15 min nicht besprochen worden sein.

    Schauen wir also mal, ob Trump seine Meinung wirklich geändert hat oder ob er diese Woche Selenskyj wieder zur Reinkarnation des Teufels erklärt...

  • "Möglich, dass der Geist des toten Papstes über den beiden Politikern schwebte."



    Ohne Worte.

    Es ist schon ziemlich naiv, solchen politischen Inszenierungen einen höheren Wert beizumessen.

  • Der Orangene tönt heute so - morgen so. Dem ganzen einen denkwürdigen Bruch des Eises zuzuordnen, halte ich doch für etwas gewagt.....;-))

  • Schonn & I hope too. But.

    Die wissen beide - mit Verlaub - beim



    Trump & Selensky Moment! Wollnich



    Nur zu genau. Daß einen der ⚡️ 🌩️ erschlägt -



    Schon beim bloßen Versuch - in den Petersdom - Zu Fäkalisieren! Brief&Siegel •

    Da ist einfach - Contenance - schon aus -



    Selbstschutzgründen angesagt. Gellewelle



    &



    Erfreulich natürlich - daß selbst einem -



    Betonkopf wie 💨 denn doch noch das eigene - Leben wichtiger ist - als seine Blödfrisur! Gelle



    “Beton - es kommt darauf an, was man daraus macht“ Eben



    Wär doch mal n Ansatz für künftige Fälle. Newahr



    Normal Schonn •

  • "Nun auf einmal ist das Eis gebrochen."



    Warten wir's ab, ob der Orangene das auch so sieht.