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Trotz Protesten von Bauern gegen AldiButterpreis sinkt stark

Molkereien und Händler einigen sich auf minus 17 Prozent für ein Kilo Butter. Viele Bauern kritisieren, dass sie so ihre Kosten nicht decken könnten.

Stark gesunken: Der Kilopreis für Butter Foto: imago

Berlin taz | Trotz vehementer Proteste von Bauern haben die Molkereien und Lebensmittelhändler deutlich niedrigere Butterpreise vereinbart. Die bundesweit maßgebliche Butter- und Käsebörse Kempten veröffentlichte am Dienstag Notierungen von 3,24 bis 3,34 Euro pro Kilogramm Markenbutter – etwa 17 Prozent weniger als bei der letzten Notierung Ende Dezember. Viele Landwirte klagen, dass sie schon jetzt weniger als ihre Kosten für die Rohmilch bekämen.

Die absolute Preissenkung in Höhe von 56 bis 66 Cent ist höher als die 40 Cent, um die Gerüchten zufolge der Discounter Aldi seine Einkaufskosten ursprünglich drücken wollte. Das war für Bauern der Anlass, um Weihnachten mehrere Lager des Discounters mit Traktoren zuzustellen und vor einer Filiale einen Misthaufen abzuladen. Erst als die Kette auf die Forderung nach Gesprächen bis zum 11. Januar einging, zogen die Landwirte wieder ab. Angeblich sagte Aldi auch zu, die im Januar übliche Preissenkung dieses Jahr in Grenzen zu halten. In der Regel orientieren sich die anderen Supermarktketten an den Preisen des Discounters.

Aldi dementierte am Donnerstag in einer E-Mail an die taz, die Preise ebenfalls um 56 Cent gesenkt zu haben, nannte aber keine andere Zahl. „Die Größenordnung dürfte stimmen“, sagte Hans-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer beim Verband der Milcherzeuger Bayern. Die größte Menge sei zu diesem Preis an die Händler verkauft worden.

Jann-Harro Petersen, Sprecher der Milchgruppe in der Bauernprotestbewegung „Land schafft Verbindung Deutschland“ (LsV), nannte es „unverantwortlich“, dass die Molkereien auf die Forderung der Ketten eingegangen sind. „Dieser Abschlag bedeutet einen Milchpreisrückgang für die Landwirte von 2,5 bis 3 Cent pro Kilogramm Rohmilch“, sagte Petersen der taz. Spätestens im Februar werde ein Großteil der Molkereien weniger als 30 Cent für diese Menge zahlen. So könnten die Bauern ihre Kosten nicht decken.

„Preis unter Weltmarktniveau“

Die Abschläge würden „das Weltmarktniveau deutlich unterlaufen, da sind wir nicht bei marktgerechten Preisen“, so Petersen. Der internationale Butterpreis würde umgerechnet bei 3,66 Euro pro Kilogramm liegen.

Der Landwirt kritisierte, dass in einer Vereinbarung der Supermarktketten und der LsV-Führung der Punkt fehlt, die Kontrakte zwischen Händlern und Molkereien neu zu verhandeln und so schnell höhere Preise für die Bauern zu erreichen. „Die Landwirte müssen sich besser bündeln im Auftritt, auch dem Lebensmitteleinzelhandel gegenüber“, so Petersen.

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11 Kommentare

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  • 2G
    27871 (Profil gelöscht)

    Ich weiß nicht, was marktgerechte Preise für Milch und Butter sind, da die Kalkulationen dafür nicht offengelegt werden.



    Aber ich glaube der destatis.de-Seite, dernach der pro-Kopf-Butterverbrauch, wie übrigens auch derder Pflanzenmagarine, in D. sinkt. Es scheint also eine Diskrepanz zw. der Gewinnerwartung und der Nachfrage zu geben.

  • Der, bewusst, hohe Abschlag von Aldi bei Butter, stellvertretend auch für die anderen Handelsriesen, ist der mehr als deutliche Fingerzeig dieser Heuschrecken an die Landwirte wer die Macht über die Preise in Deutschland hat. Es ist mehr als Blauäugig wenn jetzt noch Journalisten meinen das sich die Landwirte nur besser Organisieren müssten um beim Preis mitreden zu können. Diese Preisabschläge sind ein weiterer Beitrag zur Totenmesse für die Deutsche Landwirtschaft.

    • @Günter Witte:

      Alle Marktmacht der "Heuschrecken" wird aber nicht ausreichen um dauerhaft eine Marktsituation aufrecht zu erhalten in der die Preise unter den Herstellungskosten liegen. Dass das aktuell möglich ist dürfte deshalb viel eher durch die Überkapazitäten auf der Angebotsseite bedingt sein. Die aber gehen nicht auf das Konto der Handelsriesen und daran ließe sich tatsächlich organisatorisch - etwa durch genossenschaftliche Molkereien in Bauernhand - nichts ändern, sondern nur durch eine Marktbereinigung.

      • @Ingo Bernable:

        Vergessen Sie bitte das Ammenmärchen das der Preis irgendwas mit der erzeugten Menge zutun hat. Demzufolge müssten alle Produkte, wo wir zu wenig erzeugen ( Obst, Gemüse, einzelne Getreidesorten, alle Bioprodukte ) exorbitante Preise erzielen.



        Solange Lebensmittel dem Handel nur als Köder dienen, damit er Kunden in sein Geschäft locken kann, und den wirklichen Gewinn über seine andere Ware macht, wird sich nichts am Preiskampf ändern.



        Landwirtschaft ist in Deutschland nur noch ein geduldetes Überbleibsel früherer ( schlechten ) Zeiten, weil was nicht in Deutschland erzeugt wird, erzeugt das Ausland.

        • @Günter Witte:

          sie erzielen den preis um die menge an produkten loszuwerden.



          oder stehen sie vor leeren regalen für bestimmte produkte? dann müssen sie zum nächsten handler der hat es noch aber halt etwas teurer.



          gerade alles was nicht lagerbar ist drückt bei überangebot sofort den preis nächste woche ist es bloss noch müll......

        • @Günter Witte:

          Warum der Umstand, dass mittlerweile auch die Märkte für Agrarprodukte international sind dazu führen sollte, dass der Zusammenhang von Angebot und Nachfrage nicht mehr gilt müssten sie schon näher erklären.



          Als vor zwei Jahren in Folge der Trockenheit die Kartoffelernte schlecht ausfiel schlug das sofort auf die Preise durch. Ähnliches konnte letztes Jahr bei den Gurken beobachtet werden, während die Schweinefleischpreise wegen der in Folge der Schweinepest weggebrochen Nachfrage aus Fernost ins bodenlose fielen. Alles Ammenmärchen?



          www.zeit.de/wirtsc...offeln-verbraucher



          www.abendblatt.de/...-sie-so-teuer.html



          www.ndr.de/nachric...hweinepest418.html

          • @Ingo Bernable:

            Wenn sich Preise, wie bei den Kartoffeln 2018 erhöhen, liegt es nur am Spekulieren mit der Ware an den Handelsbörsen und nicht an der geringeren Menge. Preise für Ware bei uns steigt oder fällt im Preis, wenn z.B. es bei der Aussaat von Kartoffel in Osteuropa gut oder schlechtes Wetter ist.



            Wenn Sie schon die Schweinepest ( bei Wildschweinen ) anführen, dies ist das Paradebeispiel wie sich der Handel die Kassen füllt. Im Einkauf sind die Schweinepreise fast um 50 % gefallen, im Laden ist das Fleisch gleich geblieben oder teilweise sogar gestiegen. Es ist ja auch bei dem Butter jetzt nicht gesagt das der Handel die Abschläge an den Verbraucher weitergibt.



            Und wenn wir schon über Internationale Märkte reden, auf dessen Niveau Deutsche Landwirte produzieren sollen und müssen, MUSS auch erwähnt werden das sich die Auflagen und Produktionskosten in Deutschland Weltweit am höchsten sind.



            Da Deutschland ein ( Industrie ) Exportland ist, und viele Länder im Gegenzug Landwirtschaftliche Produkte anbringen möchten, stören Deutsche Produkte nur den Handel.



            Das sich das Ausland bei seiner Produktion nicht kontrollieren lässt, werden wir erst merken, wenn es keinen Deutschen Landwirt mehr gibt.

  • Hmm, als Deutschland in die EWG eintrat und es keine definierten Einzugsgebiete mehr gab, verkaufte der Bauer an die Molkerei, welche den höchsten Preis zahlte. Die lokalen kleineren Molkereien blieben auf der Strecke.



    Es fand nun eine Markbereinigung statt. In deren Zuge die verbliebenen Molkereien mächtiger wurde und irgendwann das Kräfteverhältnis kippte.



    Das Ergebnis sehen wir jetzt.



    Wer ist nun der böse?

    • @rollef:

      Gut formuliert. Wir Bauern haben damals unsere kleinen Genossenschaften verlassen weil wir unternehmerisch gehandelt haben und mehr verdienen wollten.



      Nun müssen die Landwirte sich wieder als Unternehmer beweisen und die Menge drosseln....

    • @rollef:

      Wer ist nun der böse?



      aus der sicht der rinder sind es alle die sich an ihrer kommerziellen profitmaximalen ausbeutung beteiligen

      für butter sollte es gar keinen preis geben

    • @rollef:

      Sehr guter Punkt... Nun vergisst man in Deutschland schnell solchen historischen Verlauf.. Manchmal absichtlich, manchmal nicht..