piwik no script img

Treffen in Frankreich(Anti-)Migrationsgipfel in Paris

Europäische Staats- und Regierungschefs beraten mit afrikanischen Kollegen über Flüchtlinge. Ziel der Zusammenarbeit: Die Menschen sollen in Afrika bleiben.

Die Kontrolle von „Flüchtlingsströmen“ steht im Mittelpunkt der Beratungen Foto: ap

Paris afp | Bei einem Gipfeltreffen in Paris hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Staats- und Regierungschefs mehrerer europäischer und afrikanischer Länder über die Flüchtlingskrise beraten. Dabei ging es am Montag insbesondere um Hilfen für die afrikanischen Transitländer Libyen, Tschad und Niger. Die Europäer erhoffen sich, dass die afrikanischen Staaten mehr tun, um Flüchtlinge von der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer abzuhalten.

An den Beratungen nahmen von europäischer Seite neben Merkel der französische Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni, der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini teil. Sie berieten mit den Staatschefs des Tschad und des Niger, Idriss Déby und Mahamadou Issoufou, sowie dem libyschen Ministerpräsidenten Fajes al-Sarradsch.

Bei dem Treffen sollte den drei afrikanischen Staaten nach Angaben der französischen Präsidentschaft die Unterstützung Europas bei der Kontrolle von „Flüchtlingsströmen“ erneuert werden. Wichtig seien unter anderem bessere Kontrollen an den libyschen Grenzen und eine Bekämpfung von Schlepperbanden.

Merkel hatte am Wochenende gesagt, es gehe darum, „Schritt für Schritt die illegale Migration zu reduzieren, damit Menschen sich nicht in die Hände der Schlepper begeben müssen“. Sie will unter anderem die libysche Küstenwache weiter unterstützen.

Die EU will die afrikanischen Staaten in der Flüchtlingskrise mit sogenannten Migrationspartnerschaften stärken. Diese umfassen neben wirtschaftlicher Unterstützung und Bildungsprogrammen vielfach auch Hilfe zum Aufbau eines wirksamen Grenzschutzes.

Hotspots in Libyen?

Frankreich drängt zudem darauf, eine erste Registrierung von Flüchtlingen schon auf dem afrikanischen Kontinent vorzunehmen. Zuletzt sorgte Macron Ende Juli mit der Ankündigung für Wirbel, noch in diesem Sommer sogenannte Hotspots in Libyen einrichten zu wollen. Später ruderte das Präsidentenbüro aber zurück und erklärte, wegen der großen Sicherheitsprobleme in dem Krisenstaat seien solche Registrierungsstellen dort derzeit nicht möglich.

Paris will aber französische Beamten möglicherweise bald in den Tschad und den Niger entsenden. Dann soll es eine erste Prüfung der Asylchancen von Flüchtlingen geben – und Migranten ohne Chancen sollen davon abgehalten werden, die Fahrt über das Mittelmeer zu wagen.

„Folter und Vergewaltigung an der Tagesordnung“

Von Libyen aus sind in den vergangenen Jahren mehr als 600.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien gelangt. Zuletzt sind die Ankunftszahlen aber deutlich gesunken: Im Juli kamen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 11.461 Migranten in Italien an und damit nur noch halb so viele wie im Vorjahresmonat. Im laufenden Monat trafen bis zum 25. August sogar weniger als 3000 Flüchtlinge ein – nach 21.294 im gesamten August 2016.

Dieser Rückgang dürfte teilweise auf eine Verstärkung der libyschen Küstenwache zurückgehen, die genauen Gründe sind aber unklar. Derweil wächst die Sorge um das Schicksal von Flüchtlingen in Libyen – Schätzungen zufolge hunderttausende Menschen. Die Organisation Pro Asyl kritisierte am Wochenende, in den Flüchtlingslagern des Landes seien „Folter, Vergewaltigung und schwerste Menschenrechtsverletzungen“ an der Tagesordnung.

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth warnte mit Blick auf das Pariser Treffen zur Flüchtlingspolitik davor, „die Festung Europa in möglichst ferne Krisenstaaten vorzuverlegen und Menschen dort ihrem Schicksal zu überlassen“. Dies sei das „Gegenteil einer verantwortungsvollen Flüchtlingspolitik“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Und mal wieder kein Wort davon, dass der andere, der ökonomische europäische Protektionismus im Gegenzug vielleicht gelockert wird. Da hängt ja vielleicht was zusammen.

  • Ich glaube mit der Flüchtlingspolitik ist politisch nichts zu gewinnen. Praktisch niemand will Flüchtlinge, die Trennlinie verläuft eher zwischen trotzdem helfen oder eben CSU/AfD Ansichten.

     

    Aber ich habe nicht dass Gefühl dass hier in Deutschland jemand gewählt wird weil er mehr Flüchtlinge ins Land holt.

     

    Ich denke will man das Problem wirklich fair angehen muss man es international lösen - als Weltengemeinschaft.

    Afrika leistet da für mich schon erstaunlich gute Arbeit und verteilt einen Großteil der Flüchtlinge auf dem Kontinent.

     

    Die EU lässt das krisengebeutelte Italien da leider bisher sehr allein. Von daher ist der Gipfel durchaus verständlich, man will Italien entlasten kann aber innenpolitisch keine neuen Flüchtlinge aufnehmen.

    Schuld ist nicht Merkel oder Macron sondern der Wähler!

  • "Menschen dort ihrem Schicksal zu überlassen". Frau Roth, wir sind für das Schicksal der Menschen in anderen Ländern nicht zuständig. Eine verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik muss sich daher insbesondere an den Realitäten im Inland messen. Erst hier beginnt unser ausschließlicher Einflussbereich und unsere Zuständigkeit.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Wenn man von Lagern in Libyen absieht, ist die Idee Menschen die sowieso keine Chance auf Asyl haben abzuhalten eine selbstmörderische Fahrt zu versuchen eine gute.

    Dies könnte das Sterben auf dem Mittlemeer beenden.