Transparency-Chefin über Immobilien: „Geldwäsche zielt nicht auf Rendite“
Der Immobilienmarkt in Deutschland bietet gewaltiges Potenzial, die Herkunft von Geld zu verschleiern, sagt Transparency International. Was heißt das für Mieter?
taz: Frau Müller, Transparency International vermutet, dass mehr als zehn Prozent der Immobiliengeschäfte in Deutschland mit Geld unklarer Herkunft finanziert werden. Sie sprechen von 30 Milliarden Euro allein 2017. Damit hätte die Branche einen starken Anteil an der globalen Geldwäsche. Treibt dies nicht auch Kaufpreise und Mieten weiter nach oben?
Edda Müller: Die Fachleute gehen davon aus, dass Geldwäscher nicht unbedingt auf eine hohe Rendite zielen. Ihre Annahme können wir daher nicht bestätigen.
Haben Immobilienkäufe aus schwarzen Kassen also keine Folgen für die Mieter?
Doch. Denn wir haben das Problem, dass Mieter in so einem Fall den rechtlich Verantwortlichen für ihre Anliegen nicht identifizieren können. Sie können dies nicht einmal über Anwälte, die in das Grundbuch Einblick nehmen dürfen. Darin werden irgendwelche Fonds benannt oder die Geschäftsführer einer ganzen Sammlung von verschiedenen Geldgebern. Das bedeutet, dass Mieter sich gegen Gesetzesverstöße des Vermieters nicht wehren können. Es geht bei der Geldwäsche nicht nur um das große Geschäft, sondern dringt auch in das Leben der kleine Leute hinein.
Edda Müller ist seit 2010 Vorsitzende der Organisation Transparency International. Davor arbeitete sie unter anderem im Vorstand der Europäischen Umweltagentur und des Verbraucherzentrale Bundesverband.
Wie können sich Mieter verhalten, wenn sie feststellen, dass sie plötzlich keinen verantwortlichen Vermieter mehr ausfindig machen können?
Der Mieterbund hilft in diesem Fall. Dessen Anwälte können solche Recherchen anstellen. Aber wir brauchen auch zusätzliche gesetzliche Regelungen. Die 5. Geldwäscherichtlinie auf EU-Ebene muss in Deutschland jetzt umgesetzt werden. Damit wird es auch hierzulande verpflichtend, dass der wahre Eigentümer genannt wird.
Fehlt der deutschen Politik und den Behörden der Ehrgeiz, Geldwäschern das Handwerk zu legen?
Das hat sich geändert. Früher nannten Staatsanwälte Deutschland ein El Dorado der Geldwäsche. Durch Vorschriften der EU hat sich dies verändert. Jetzt geht es darum, die Ermittlungsbehörden mit ausreichenden Ressourcen auszustatten.
Nimmt die vielgescholtende Stadt Berlin hier eine Vorreiterrolle ein?
Berlin ist in der Tat aufgewacht. Das Personal bei den Ermittlungsbehörden wurde aufgestockt. Aufgrund einiger sehr spektakulären Fälle hat man wohl gemerkt, dass man etwas tun muss. Insofern hat Berlin hier tatsächlich einmal die Nase vorn.
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