Tötung von palästinensischer Journalistin: Der Bilderkrieg auf Twitter
Eine Journalistin wird im Westjordanland erschossen, Israelis und Palästinenser weisen sich gegenseitig die Schuld zu – ein Zerrbild entsteht.
Wir sehen die Videos, wir sind nicht dumm.“ Tweets wie die des palästinensischen Dichters und Aktivisten Mohammed El-Kurd überwuchern seit der Ermordung der Journalistin Shireen Abu Aklehs das Internet. Immer wieder wird den etablierten Medien eine Komplizenschaft mit dem Staat Israel vorgeworfen.
Auf israelischer Seite zirkuliert ein Alternativ-Video: Junge Palästinenser hätten die Polizei während des Trauerzugs mit Steinen beworfen, wogegen sich die Beamt*innen mit Schlagstöcken gewehrt hätten. Medien würden diesen Bezug ausblenden, so die Kritik. Inwiefern das das Niederprügeln eines Sargs rechtfertigen soll, sei dahingestellt.
In einem Aspekt sind sich israelische und palästinensische Internet-Aktivist*innen eins: Journalist*innen würden unseriös arbeiten und verzerrten die Realität. Dabei tragen sie selbst dazu bei, dass der Konflikt zu einer Karikatur pervertiert wird, bei der man letzten Endes nur von der Brutalität des Gegenübers überzeugt werden kann.
Schon vor der Entstehung erster Internetforen war der israel-palästinensische Konflikt ein Bilder-Krieg. Das Foto eines palästinensischen Junges, der einen israelischen Panzer mit Steinen bewirft, wurde im Jahr 2000 zur Ikone der zweiten Intifada. Damals wurden Pressebilder jedoch selten ohne kontextualisierenden Beitrag veröffentlicht. Das kann über Twitter, Instagram, Facebook und co nicht behauptet werden. Hier werden hauptsächlich emotionalisierende Stellungnahmen mit Likes beschert.
Es fehlt an Mut: vielen Israelis, Jud*innen und ihren Verbündeten, wenn es darum geht, das Eingreifen der israelischen Polizei zu kritisieren; vielen Palästinenser*innen, Araber*innen und ihren Verbündeten, wenn es darum geht, die Terroranschläge der Hamas als solche zu verachten.
Stattdessen wird ein wichtiger Aspekt des israel-palästinensischen Konflikts unter einer Lawine von Hass-Tweets vergraben: Mehrheitlich sehnt sich die Bevölkerung ein Ende der ständigen Auseinandersetzungen herbei. Doch das kann mit Bildern schlecht vermittelt werden.
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