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Tod von Ziad RahbaniEr war die Revolution

Ziad Rahbani erfand den Oriental Jazz. Auf dem libanesischen Musiker konnten sich ausnahmsweise alle im Land einigen. Nun verstarb er mit 69 Jahren.

Der libanesische Musiker und Komponist Ziad Rahbani ist tot Foto: Ali Hashisho/reuters

Beirut taz | Normalerweise setzen libanesische Politiker auf Klientelismus statt auf nationale Einheit. Doch bei einer Ikone wie Ziad Rahbani, Musiker, Komponist und Theatermacher, der am vergangenen Samstag mit 69 Jahren verstarb, sind sie sich ausnahmsweise einig. Der sunnitische Ministerpräsident Nawaf Salam lobte, Rahbani habe der „nationalen Kultur neues Bewusstsein verliehen“. Gebran Bassil, Chef der christlichen Freien Patriotischen Bewegung, erklärte: „Seine Melodien werden lebendig bleiben. “ Samir Geagea von den rivalisierenden Libanesischen Kräften nannte ihn einen „außergewöhnlichen Künstler“.

Am Montag begleiteten Familienmitglieder und Freunde den Sarg durch die überfüllten Straßen Beiruts. Applaus, Jubel, Kirchen­glocken sowie kommunistische und palästinensische Flaggen prägten die Szenerie. Rahbanis Lieder hallten durch die Gassen, während Menschen weiße Rosenblätter warfen. Angeführt von Motorrädern der internen Sicherheitskräfte fuhr der Konvoi in das Heimatdorf Bikfaya, wo der Künstler begraben wurde.

Als Komponist, Dramatiker, Pianist und scharfer politischer Kommentator genoss er Kultstatus im Libanon – auch dank seines Familiennamens. Seine Mutter ist Fairouz, die unsterbliche Stimme des Libanon. Sein Vater Assi Rahbani komponierte gemeinsam mit dessen Bruder ihre Lieder. Sie mischten arabische Musik mit westlicher, russischer oder südamerikanischer Musik.

Kein Wunder, dass Ziad schon mit sechs Jahren zu komponieren begann. Viele Klassiker seiner Mutter stammen aus seiner Feder. Mit nicht einmal 20 Jahren wurde er durch das Theaterstück „Sahriyeh“ (abendliche Zusammenkunft) berühmt.

Er verstand sich als Revolutionär

Sein 1978 veröffentlichtes Stück „Benesbe La Boukra Shou?“ (Was ist wegen morgen?) spielt in einer Bar, während draußen ein ­Bürgerkrieg tobt. Rahbani soll darin den Ausbruch des ­Krieges im Libanon vorhergesagt haben. Filmmaterial einer improvisierten Probe lief 2016 in libanesischen Kinos. Am ersten Tag ­sahen über 28.000 Menschen den Film, der zu einem der erfolgreichsten des Landes wurde.

Er schaffte es sogar, aus den riesigen Fußstapfen seiner Mutter hervorzutreten: Ziad Rahbani revolutionierte die arabische Musik, indem er klassische orientalische Melodien mit Jazz, Funk und Blues mischte. Der Oriental Jazz war geboren. „Meine Musik ist nicht westlich, sondern libanesisch mit einer anderen Ausdrucksweise“, stellte Rahbani mal in ­einem Interview klar.

Als Kommunist rebellierte er gegen das Image seiner christlich-orthodoxen Herkunft. Er verstand sich als Revolutionär. Während seine Mutter sich politisch zurückhielt, verteidigte Ziad das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Dass er zwei Mal den ehemaligen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah traf, brachte ihm Kritik ein.

Rahbani hatte etwas gegen politische Ignoranz. Seine Musik und besonders Theaterstücke sind mit linkspolitischer Überzeugung verbunden. „Ziad selbst ist eine Revolution!“, schreibt die libanesisch-kanadische Sängerin Lara Rain, die gemeinsam mit ihm auf Bühnen gesungen hat. Seinen Charakter beschrieb sie als „verrückt, hyperintelligent, unberechenbar, stur, sehr sensibel, mit einem einzigartigen Sinn für Humor. Ein Mann mit dem Herzen eines Kindes.“

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