Tierschützer in Österreich vor Gericht: Aktivisten bekommen Freispruch
Das Wiener Landesgericht wertet Aktivitäten des Vereins gegen Tierfabriken nicht als kriminelle Verschwörung. Greenpeace fordert nun eine Reform des "Mafiaparagrafen".
WIEN taz | Mit einem Freispruch für alle 13 angeklagten Tierrechtsaktivisten endete Montag im Landesgericht Wiener Neustadt der erste Prozess nach dem Mafiaparagrafen 278a. Das Urteil ist eine Blamage für Staatsanwaltschaft und Polizei, die jahrelang versucht hatten, die Aktivitäten der Tierschützer als kriminelle Verschwörung darzustellen. Trotz Ausschöpfung sämtlicher technischer und kriminalistischer Möglichkeiten konnte kein Vorwurf bewiesen werden.
Richterin Sonja Arleth zerpflückte die Klagsschrift des Staatsanwaltes geradezu und wies in ihrer Urteilsbegründung immer wieder darauf hin, wie konstruiert die Vorwürfe waren.
Die Freisprüche im Hauptanklagepunkt kamen nicht mehr überraschend. Deswegen hatte der Staatsanwalt in der Zielgeraden des Verfahrens noch einige konkrete Anklagen nachgereicht: Befreiung von Zuchtnerzen, Sachbeschädigung, erpresserische Drohung. Doch auch in diesen Fällen sah die Richterin keine schlüssigen Beweise.
Die Behörden hatten sich teilweise sogar rechtswidriger Methoden bedient. So wurde entlastendes Material unterdrückt, der Einsatz verdeckter Ermittlerinnen tauchte in den Akten nicht auf, ein Polizeibeamter machte sich einer Falschaussage schuldig. Die Aussage der weiblichen Spitzel, von denen eine anderthalb Jahre beim Verein gegen Tierfabriken (VGT) eingeschleust war, und die Befragung eines Sprachgutachters, der sich ständig widersprach, nahmen kabarettistische Züge an.
Namhafte Juristen und andere Prozessbeobachter stellten die Frage, warum überhaupt angeklagt wurde. Der Mafiaparagraf wurde gegen Menschenhändlerringe und anderes organisiertes Verbrechen geschaffen. Amnesty International und Greenpeace stellten nach der Urteilsverkündung in einer gemeinsamen Erklärung fest, durch die missbräuchliche Anwendung der Bestimmung "wurde eine NGO mehrere Jahre an ihrer legitimen Arbeit gehindert.
Zudem wurden Aktivisten in den privaten Konkurs getrieben, weil sie eine kritische Kampagne gegen ein Unternehmen führten. Der Paragraph 278a StGB gefährdet so das Engagement von allen Umwelt-, Tierschutz- und Menschenrechtsgruppen und muss reformiert werden."
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