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Thema bei Treffen der AgrarministerMindestlohn auch auf dem Lande

Die Agrarminister der rot-grün regierten Länder fordern einen Mindestlohn von 8,50 Euro in der Ernährungsbranche. Das letzte Wort hat jedoch der Bund.

Der Mindestlohn soll auch für Erntehelfer gelten: Hier auf einem Spargelacker in Brandenburg Bild: dpa

HANNOVER dpa | Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer fordert einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro in der Agrar- und Ernährungsbranche. Bei der anstehenden Agrarministerkonferenz in Würzburg will der Grünen-Politiker einen entsprechenden Antrag einreichen, der auch alle Erntehelfer in Deutschland mit einbezieht.

„Hinter dem Antrag stehen die Minister aller rot-grünen Länder“, sagte er der dpa in Hannover. Anlass seien die gravierenden Missstände mit Werkverträgen in der Schlachtindustrie, bei Werften und in der Metallindustrie, die insbesondere in Niedersachsen für Schlagzeilen gesorgt hätten.

„Wir sind der Meinung, dass hier etwas geschehen muss, damit in der Land- und Ernährungswirtschaft wieder humane Arbeits- und Lebensbedingungen herrschen“, betonte Meyer. Er hofft, dass auch seine Ministerkollegen aus den schwarz-gelben Ländern und Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) den Antrag unterstützen werden. Denn wie bei Ministerkonferenzen üblich können auch in Würzburg nur einstimmige Beschlüsse getroffen werden.

„Es wird sehr spannend sein, wie sich die schwarz-gelben Länder auf der Konferenz gegenüber dem Antrag positionieren werden“, sagte Meyer. Auf Bundesebene habe Schwarz-Gelb bislang zwar einen gesetzlichen Mindestlohn blockiert, angesichts der jüngsten Wahlkampfäußerungen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe er aber Hoffnung, dass Bewegung in die Haltung komme. Von der Leyen hatte wiederholt betont, nach der Bundestagswahl am 22. September einen gesetzlichen Mindestlohn beschließen zu wollen.

„Wir als Land können ihn nur fordern, wir sind deshalb auf den Bund angewiesen“, sagte Meyer. Es sei daher an Aigner auf der Agrarministerkonferenz den Worten Taten folgen zu lassen und den Antrag zu unterstützen. „Der Bund muss einsehen, dass die Wirtschaft zu freiwilligen Selbstverpflichtungen offenbar nicht bereit ist.“

Der von Niedersachsen formulierte rot-grüne Antrag fordert den Bund zudem auf, gegenüber der EU darauf hinzuwirken, dass Lohndumping in der Fleischbranche nicht noch mit Steuergeld subventioniert wird. „Großschlachthöfe, die keine Sozialstandards haben und keinen Lohn von 8,50 Euro auch für Werksvertragsarbeiter zahlen, gehören auf eine Negativliste“, so Meyer.

In der aktuellen Subventionsliste der EU stünden auch zahlreiche niedersächsische Schlachtbetriebe, die wegen Missbrauchs von Werkverträgen und Niedriglöhnen in der Diskussion sind, mit teilweise sechsstelligen Fördersummen.

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4 Kommentare

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  • achja, was ich vergessen hatte, Mindestlohn Müllabfuhr netto 50 EUR, Mindestlohn in Schlachthöfen netto 150 EUR...

  • 'unsere' Politiker wissen genau, dass gerade in der Gastronomie den Menschen nur Hungerlöhne bezahlt werden, und was tun sie dagegen? Nichts!

  • Ich habe schon "eingeloggt" einen Beitrag geschrieben, der ist aber nun auch 10 Minuten später noch nicht zu lesen?!?!?!?

     

    Daher versuche ich es so noch einmal ;-)

  • Bitte nicht die Menschen vergessen, die zwar nicht im Schlachthof und auf dem Feld arbeiten, sondern tagtäglich in der Gastronomie. An denen sind viele WählerInnen näher dran, daher wird es wohl nicht gerne thematisiert.

     

    Ich kenne persönlich eine Person, die für 3,30 € brutto 36 Stunden an 6 Tagen die Woche als Angestellte in einem Restaurant arbeitet. Jeden Monat muss sie den Arbeitgeber fragen, ob er an ihren Lohn gedacht hat, erst dann bekommt sie den Lohn ausgezahlt. An (bezahlten) Urlaub ist trotz Arbeitsvertrag nicht zu denken.

     

    Von einer anderen Person weiß ich, dass sie für 5,00 € brutto 40 Stunden die Woche arbeitet. Auch ohne Urlaubsgewährung.

     

    Rechtlich hätten beide Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung, aber dann kommt einfach der nächste Bedürftige, der beschäftigt wird.

     

    Beide Personen haben Kinder zu ernähren, sind Alleinerziehend und arbeiten genau in der Zeit, in der ihre Kinder zuhause sind (nachmittags bis nachts und am Wochenende).

     

    Wo sie arbeiten?

     

    In angesehenen Restaurants, in denen die "Grünen"wähler und andere gerne essen gehen.

     

    Auch bei einer Eis-Franchise-Kette wird angeblich nur ein 3-Euro-Stundenlohn gezahlt (Janny's Eis).

     

    http://www.jannys-eis.com/index.htm#!/home

     

    Allen, die sich das Essen gehen noch leisten können, wünsche ich einen guten Appetit und schönes Wählen!