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Thailands politisches PattNeue Runde in Bangkoks Machtkampf

Die Regierung kündigt die Wiederholung der Wahl an, die Opposition will erneut boykottieren. Premierministerin Shinawatra droht der Amtsverlust.

Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawartra vor der Presse Anfang April. Bild: reuters

BANGKOK taz | Neuwahlen sind nach Meinung von Thailands Regierung und von prodemokratischen Gruppen der einzig verfassungskonforme Weg, um das Land voranzubringen. Premierministerin Yingluck Shinawatra hatte sich vergangene Woche mit der Wahlkommission auf einen neuen Wahltermin am 20. Juli verständigt.

Damit soll die von der Opposition boykottierte Parlamentswahl vom 2. Februar wiederholt werden. Ein entsprechender Erlass muss noch von Thailands König Bhumibol Adulyadej unterzeichnet werden.

Die neue Abstimmung wird nötig, weil das Verfassungsgericht die Februar-Abstimmung für nichtig erklärt hatte. Zur Begründung hieß es, diese habe nicht wie vorgeschrieben an einem einzigen Tag stattgefunden.

Die Protestbewegung PDRC unter Suthep Thaugsuban hatte Wahllokale blockiert und WählerInnen gewaltsam daran gehindert, ihre Stimmen abzugeben. Doch als kürzlich die Pläne für die Juli-Wahl bekannt wurden, kündigte der frühere Vizepremier und einst ranghöchster Strippenzieher der oppositionellen Demokratischen Partei (DP), Suthep, an, weitere Abstimmungen ebenfalls zu blockieren.

Das Ziel der Opposition ist es, den ihr verhassten Shinawatra-Clan politisch ein für allemal kaltzustellen. In ihren Augen ist Yingluck eine Marionette ihres Bruders Thaksin Shinawatra, der 2006 als Regierungschef vom Militär gestürzt wurde. Stattdessen will Suthep, der wiederholt zur „letzten Schlacht“ gegen Yingluck aufgerufen hat, einen demokratisch nicht legitimierten Volksrat einsetzen.

Oppositionschef: Premierministerin soll ihre Macht „opfern“

Auch DP-Chef Abhisit Vejjajiva lehnte Neuwahlen erneut ab und forderte Yinglucks Rücktritt. Sie müsse ihre Macht „opfern“, um den Weg für eine ernannte Übergangsregierung und politische Reformen frei zu machen.

Kritiker bezeichneten den Vorschlag Abhisits, der von Ende 2008 bis Mitte 2011 selbst Premier war, als verfassungswidrig. „Dieser basiert auf der vom PDRC-Mob erzeugten politischen Krise und dem Machtvakuum, das ein Ergebnis der illegalen Behinderung der Februar-Wahl ist“, schreibt der Politologe Kasian Tejapira von der Thammasat-Universität in der Bangkok Post.

Spreche die Opposition von Reformen, meine sie nur solche, die der DP nützten, moniert Pitch Pongsawat von der Chulalongkorn-Universität. Die DP hatte die Februar-Wahl boykottiert und mischt bei Sutheps Protesten massiv mit.

Verfassungsgericht will am Mittwoch über Yinglick urteilen

Doch Yingluck gerät jetzt zunächst viel stärker juristisch unter Druck: Die Antikorruptionsbehörde wirft ihr Verfehlungen bei einem staatlichen Subventionsprogramm für Reis vor. Zudem muss sie sich am Dienstag vor dem Verfassungsgericht rechtfertigen, warum sie nach ihrem Wahlsieg 2011 den damaligen Chef des Nationalen Sicherheitsrats entlassen hatte.

Der Entlassene hatte in der bereits erfolgreich auf seine Wiedereinstellung geklagt. Das schon früher nicht unparteiische Verfassungsrericht will bereits am Mittwoch sein Urteil verkünden. Das könnte sogar auf jene Minister ausgedehnt werden, welche die Entlassung des Sicherheitsratschefs unterstützt hatten.

Längst sprechen die Anhänger der Regierung, die sogenannten Rothemden, von Versuchen eines juristischen Putsches, wie er Ende 2008 gegen die damals regierende Thaksin-treue People Power Party stattgefunden hatte. Sollte ihre Regierung erneut gestürzt werden, wollen die Rothemden direkt nach Bangkok marschieren.

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1 Kommentar

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  • Kann eine Interimspremierministerin noch einmal entlassen werden? Und wozu?

    Folgende Tatsache soll mit erwähnt werden: Seit der Parlamentsauflösung im Dezember 2013 übt Yingluck Shinawatra das Amt der Premierministerin nur übergangsweise (und laut Gesetz bis zur Vereidigung eines neuen Kabinetts gemäß Art. 181) aus. Dies betrifft auch alle übrigen Ministerposten. Daher stellt sich die Frage, warum die Protestbewegung PDRC und ihre Unterstützer auf einen Rücktritt vom Rücktritt Yinglucks drängen. Es sieht danach aus, dass sie so etwas wie ein "politisches Vakum" (keine Regierung, kein Parlament und keine Wahlen) im Sinne haben dürften, damit ein nicht gewählter Regierungschef installiert werden kann. Aber es ist ein juristisches Wagnis auch für das thailändische Verfassungsgericht, dessen demokratische Legitimation für viele Kritiker fragwürdig ist. Denn die Frage, ob Yingluck alleine ihr Amt nierderlegen muss, oder auch ihr Kabinett, ist höchst umstritten. Das Gericht hat in den letzten Jahren in mindestens 2 Fällen (Abhisits Fahnenflucht und Samaks Auftritte bei Kochsendungen) Urteile gefällt, die für das morgige Urteil relevant sind. Ferner würde ein Urteil gegen Yingluck den Eindruck bestätigen, dass Thailand verfassungssystematisch gesehen nicht von einer gewählten Regierung, sondern von der Judikative bzw. den sogenannten unabhängigen, ernannten Verfassungsorganen regiert wird.