Tatort „Tyrannenmord“: Wieder ein Mord im Eliteinternat
Ein 17-Jähriger verschwindet aus einem Internat, er ist Sohn eines Diktators. Könnte eine gute Geschichte sein, versuppt aber im Gefühlsduseligem.
Gut, ist ja verständlich, wie inspirierend die Klassiker der Kriminalliteratur für neue Storys sind. Sind ja schließlich Klassiker. Wie etwa alles von Agatha Christie, der Königin der Kammerspielszenarien. Ein Mordfall auf einem Schiff, nach einer Fete, im Zug – der Kreis der Verdächtigen ist klar: Potenziell alle. Wer das heute adaptiert, verlässt sich auf den erprobten Thrill dieses Baukastenprinzips, aber wirklich originell, na ja.
Und so findet sich das Ganze eben im neuen NDR-„Tatort“ „Tyrannenmord“ wieder: José verschwindet, 17 Jahre alt, Botschaftersohn des fiktiven Landes Orinaca. Heißt: Alle im Eliteinternat Rosenhag in dem Kaff bei Hannover könnten involviert sein. Der Leibwächter, Josés Freundin, ein Lehrer, der Schulkumpel, jemand aus der weißen deutschen Elternschaft, die sowieso dagegen sind, dass Kinder der Machtelite einer Diktatur mit ihren Sprösslingen zur Schule gehen.
Bald stellt sich heraus, dass der Junge nicht verschwunden, sondern tot ist. Und dass er nicht der Sohn des Botschafters, sondern des Diktators ist. Was den Kreis der Verdächtigen etwas erweitert. Denn just jener Potentat ist gerade unterwegs zu einem Staatsbesuch in Hamburg, warum auch immer, und Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) ist abkommandiert, das Sicherheitsteam rund um das Ereignis samt Protestdemo zu koordinieren.
Schwer, etwas Positives zu finden
Derweil cruist also Falke (Wotan Wilke Möhring) mit lautem Punk durch die Pampa und hat zu Recht keinen Bock auf das Gelaber des Dorfpolizisten, der ihm helfen soll, den Mord aufzuklären. Wohlgemerkt, den an dem Teenager, nicht dem Tyrannen, siehe Filmtitel.
„Tatort“: „Tyrannenmord“, So., 20.3., 20.15 Uhr, ARD und in der ARD-Mediathek
Nun ist die Großwetterlage, die Drehbuchautor Jochen Bitzer da skizziert, auch aus aktuellen Gründen zugegeben nicht ganz uninteressant – und Sie merken, doppelte Verneinung, es ist echt schwer, dieser „Tatort“-Folge (Regie: Christoph Stark) etwas Positives abzugewinnen. Aber: Manche Kinder von durchgeknallten Diktatoren, die in Demokratien aufwachsen, haben vermutlich keinen Bock auf den Scheiß ihrer Eltern. Ihnen bleibt nur, abzuhauen, sich mit der Opposition zu verbünden, mit dem Risiko, dass die Chose nach hinten losgeht. Das ist eine Geschichte. Das ist relevant. Aber hier versuppt wieder mal alles in gefühlsduseligem, provinziellem, hanebüchenen Klein-Kein, das wirklich, absolut, echt kein Mensch braucht.
Vielleicht diese Woche am Sonntagabend statt „Tatort“ gucken doch besser „Die Katze im Taubenschlag“ lesen. Ist ein Internatskrimi von 1959 – Hercule Poirot ermittelt.
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