Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Massive Einschränkungen des Flugverkehrs erwartet
Verdi will am Montag elf deutsche Flughäfen bestreiken. Diese rechnen mit massiven Auswirkungen auf den Flugbetrieb. Der BER könnte komplett stillstehen.

Der Flughafen Berlin/Brandenburg (BER) will am Montag seinen Betrieb vollständig einstellen. Sämtliche geplanten Abflüge und Ankünfte könnten wegen der Arbeitsniederlegungen nicht stattfinden, wie der Flughafen am Freitag in Schönefeld mitteilte. Fluggästen werde empfohlen, sich bei ihrer Fluggesellschaft oder ihrem Reiseveranstalter über Möglichkeiten zu Umbuchungen und über alternative Reisemöglichkeiten zu informieren.
Auch die Flughäfen München, Frankfurt am Main und Hamburg rechnen wegen der von Verdi angekündigten Warnstreiks mit massiven Auswirkungen auf den Flugbetrieb. Passagiere müssten sich am Montag auf einen sehr stark reduzierten Flugplan und Verspätungen einstellen, teilte der Münchner Flughafen mit. Von den insgesamt rund 820 geplanten Flugbewegungen am Münchner Airport würden die Airlines voraussichtlich den größten Teil annullieren. Derzeit erarbeiteten die Fluggesellschaften Sonderflugpläne.
Druck auf die Arbeitgeberverbände
Mit dem Warnstreiks an den Flughäfen will Verdi den Druck auf die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) in den laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Diensts von Bund und Kommunen erhöhen. Von den Arbeitskämpfen betroffen sind am Montag demnach die Flughäfen München, Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln/Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin/Brandenburg und Leipzig/Halle.
Auch die rund 23.000 Beschäftigten der Bodenverkehrsdienstleister an nahezu allen deutschen Flughäfen, die unter anderem für den Check-in und die Gepäckabfertigung zuständig sind, sollen dann die Arbeit niederlegen. Aufgrund der Schichtsysteme beginnen Verdi zufolge die Arbeitsniederlegungen zum Teil bereits am Sonntagabend oder enden erst am Dienstagmorgen. An mehreren Flughäfen sind Kundgebungen geplant, in Hamburg will Verdi-Chef Frank Werneke zu den Beschäftigten sprechen.
Kein Angebot der Arbeitgeber
Verdi begründete den Flughafenstreik mit dem bislang ausgebliebenen Angebot der Arbeitgeber bei den laufenden Tarifverhandlungen. Da die Arbeitgeber bisher keine Bereitschaft gezeigt hätten, die Forderungen der Gewerkschaften zu erfüllen, sei die Gewerkschaft „zu diesem Warnstreik gezwungen“, erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle.
Die Gewerkschaft bedaure „die Unannehmlichkeiten“ für die Fluggäste. „Doch ohne den Druck durch Arbeitskampfmaßnahmen wird es keine Bewegung in den Verhandlungen geben“, betonte Behle. Bereits im Februar hatten Warnstreiks an den Flughäfen München, Köln/Bonn und Düsseldorf zu hunderten Flugausfällen geführt.
Verband kritisiert Streiks
Der Flughafenverband ADV kritisierte die angekündigten Streiks. Damit werde „ein ganzes Land vom Luftverkehr abgeschnitten“, erklärte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Die Gewerkschaft Verdi nutze ihre „Streikmacht zu Lasten der Reisenden und verursacht gleichzeitig erhebliche Umsatzeinbußen für den Luftverkehr“.
Der Flughafenverband forderte die Gewerkschaft auf, „die Interessen der Passagiere zu berücksichtigen und eine einvernehmliche Lösung am Verhandlungstisch zu suchen“. Grundsätzlich sollten Flughäfen als kritische Infrastruktur vor Streikeskalationen geschützt werden“, mahnte der ADV.
Verhandlungsrunden ohne Ergebnisse
Die zwei bisherigen Verhandlungsrunden für den öffentlichen Dienst waren ergebnislos geblieben. Die dritte Runde der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Diensts von Bund und Kommunen soll von Freitag bis Sonntag kommender Woche in Potsdam stattfinden. Verdi fordert acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat sowie höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Außerdem verlangt die Gewerkschaft drei zusätzliche freie Tage.
Die kommunalen Arbeitgeberverbände wiesen die Gewerkschaftsforderungen erneut zurück. Die Forderung nach acht Prozent mehr Lohn sei angesichts der anhaltenden Rezession „überholt“ und „realitätsfern“, sagte die VKA-Präsidentin und Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) im Bayerischen Rundfunk. Sie betonte zugleich den Willen zu einer schnellen Einigung mit den Arbeitnehmern. Sie halte einen Abschluss „in einer Größenordnung von Inflationsausgleich“ für realistisch.
Warnstreiks seit Wochen
Seit Wochen werden die Tarifverhandlungen von Warnstreiks begleitet. Der Streiktag am Freitag – einen Tag vor dem Internationalen Frauentag – konzentrierte sich auf Frauenberufe und den Bereich Gesundheit und Erziehung. In zahlreichen Städten blieben Kitas bis auf eine Notbetreuung geschlossen. In einer Vielzahl von Kliniken legten Beschäftigte mit Beginn der Frühschicht die Arbeit nieder.
Verdi will damit nach eigenen Angaben für „Lohngerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen“ in Bereichen werben, in denen mehrheitlich Frauen beschäftigt sind und in denen es hohe emotionale und körperliche Belastungen gibt. Bereits am Donnerstag wurden nach Gewerkschaftsangaben rund 200 Gesundheitseinrichtungen, darunter Kliniken, Pflegeheime und Rettungsdienste in ganz Deutschland bestreikt.
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