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Tagebuch-Notizen aus GazaDie Nacht, in der mein Freund starb

Unser Autor hat miterlebt, wie Israel nach zwei Monaten der Waffenruhe wieder mit der Bombardierung des Gazastreifens begann. Er fragt sich: Warum?

Der getötete Künstler und Freund des Autors, Durgham Qreigeh, von Kindern in Gaza umringt Foto: artists at risk

U m 2 Uhr morgens lag ich in meinem Bett und tat nichts – ich zählte nur die Tage, die vergehen, während ich hier bleibe und nichts mit meinem Leben anfange. Das Leben in Gaza ist immer anstrengender geworden, und ich kann es nicht mehr ertragen – mehr Tod, mehr Zerstörung. Gaza hat sein Leben verloren.

Ich blieb stundenlang in dieser Position, bis tief in die Nacht, und dachte über alles nach – sogar über das Zimmer, in dem ich schlief, und wie sich seine Wände von Beton in Nylon verwandelt haben. Während ich in Gedanken versunken war, hörte ich das Geräusch von Explosionen. Ich hob das Nylon leicht an und schaute, woher sie kamen. Sie waren ganz in der Nähe. Ich sah es brennen – Rauch und Flammen stiegen vor meinen Augen in den Himmel, während die Menschen in ihren Häusern und Zelten schliefen.

Das Geräusch der Explosionen hielt stundenlang an. Ich schnappte mir mein Handy und versuchte, ins Internet zu gehen, um herauszufinden, was passiert war, aber das Netz war ausgefallen. Nach einer Weile gelang es mir, Whatsapp zu öffnen und dem Mann meiner Schwester in Ägypten eine Nachricht zu schicken. Er sagte mir, dass Netanjahu dem Gazastreifen erneut den Krieg erklärt hatte.

Wir wollen nicht so sterben.

Ich blieb bis 6 Uhr morgens wach und lauschte den Geräuschen des Todes, bis ich schließlich einschlief und gegen Mittag aufwachte. Als ich aufwachte, hatte ich ein seltsames Gefühl. Warum geschieht das alles mit uns? Wer ist verantwortlich für all den Tod, der uns heimsucht? Wir wollen nicht so sterben. Eineinhalb Jahre Tod und Vertreibung – das ist ist für mein Herz nicht mehr zu ertragen. Ich ließ mein Telefon aufladen, und eine Stunde später, als ich auf meinem Bett saß, kam mein Bruder ins Zimmer und sagte: „Durgham ist tot.“

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Ich war fassungslos. „Durgham?!“, sagte ich ungläubig. Das Haus, das ich hatte brennen sehen, war das Haus meines Freundes Durgham. Es war mir nicht in den Sinn gekommen, dass ich den Tod meines Freundes in Echtzeit miterlebt hatte. Ich dachte, ein leerer Platz sei getroffen worden. Ich hatte geglaubt, es seien nur gezielte Schläge gewesen, um den Verhandlungsdruck zu erhöhen, zu Netanjahus Gunsten und zu seinen seinen Bedingungen. Ich hätte nie erwartet, dass es die Rückkehr des Krieges sein würde.

Durgham war ein bildender Künstler, der sich selbst und das Leben, wie er es sah, malte. Er versuchte zu leben, zu träumen. Er hat erst vor einem Monat geheiratet. Durgham und seine Frau wurden im Schlaf getötet, ohne dass sie jemand gewarnt hätte, dass sie kaltblütig abgeschlachtet werden würden.

Esam Hani Hajjaj (27) kommt aus Gaza-Stadt und ist Schriftsteller und Dozent für kreatives Schreiben für Kinder. Nach Kriegsausbruch ist er innerhalb des Gazastreifens mehrfach geflohen.

Internationale Jour­na­lis­t*in­nen können seit Beginn des Kriegs nicht in den Gazastreifen reisen und von dort berichten. Im „Gaza-Tagebuch“ holen wir Stimmen von vor Ort ein. Es erscheint meist auf den Auslandsseiten der taz.

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16 Kommentare

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  • Mein tiefes Beileid an alle, die in diesem grausamen Krieg Angehörige und Freund*innen verloren haben und verlieren.

    Die Posts der anderen schockieren mich. Menschen aus dem Gazastreifen verdienen offensichtlich kein Mitleid. Das ist Rassismus pur.

    Zum Warum: Benjamin Neranyahu verliert seine Immunität, sobald der Krieg endet und eine gewisse Normalität eintritt. Zynismus und Menschenverachtung pur.

  • Und ich will nur dies



    Nur dieses Eine:



    Einen einfachen ruhigen Tod



    An einem Tag wie diesem



    Im versteckten Winkel der Lilien



    Vielleicht entschädigt er mich ein wenig



    Für ein Leben, das ich zählte



    Minute für Minute



    Weggang um Weggang



    Nur einen Tod im Garten will ich



    Nicht mehr und nicht weniger

    Mahmoud Darwish

  • die Antwort liegt doch auf der Hand!

    Die hamas hat immer noch Geiseln die sie nicht rausgibt und allen Anschein nach auch foltert, wer kann da etwas anderes erwarten!



    Jetzt muss der erste Schritt von der Hamas kommen, wenn der Friedensprozess weitergehen soll.



    und immer daran denken wer wenn überfallen hat!

  • "Unser Autor hat miterlebt, wie Israel nach zwei Monaten der Waffenruhe wieder mit der Bombardierung des Gazastreifens begann. Er fragt sich: Warum?"

    Die Antwort erhalten Sie von der Regierung des Gazastreifens, der Hamas.



    Die Hamas schafft es, die eigene Amoral und verbrecherische Grundhaltung zu toppen, wie sie bei den Geiselübergaben regelmäßig zur Schau gestellt hat.



    Ich fürchte, die Zeiten, wo man nach ein paar Wochen Krieg wieder zur Normalität zurückkehrt, sind vorbei. Ich glaube nicht, dass Israel einen Gazastreifen unter Hamas-Kontrolle weiter tolerieren kann und will.



    Free Gaza from Hamas, auch und insbesondere im Interesse aller friedliebenden Palästinenser.

  • Der Krieg fragt nicht nach Opfern, das Narrativ zählt. Und offenbar gibt es hier keine Proteste gegen Israels Tötungsaktionen.

  • Waffenruhe?

    Es sind immer noch die verschleppten Geiseln in Gaza, minütlich gefoltert, umgebracht, weggesperrt wie die Kinder von Omelas.

    So wie Le Guin uns mahnt zu gehen, so müssten die Menschen in Gaza sich der Hamas abwenden und nicht so tun als wäre es eine Waffenruhe, wenn die Gesellschaft in Gaza die Folter von Geiseln, von Kindern mitträgt.

    Das tut sie, wenn sie diese Kinder von Omelas verschweigen und auch dieser Artikel tut dies.

    Also ist die Antwort auf „wer ist Schuld an all dem Tod der uns heimsucht?“ gegeben. Hamas und ihre Verbrecher Doktrin.

    • @AlHozo Hoto:

      Nun, Folter gibt es doch wohl auch in Zeiten, in denen keine Bomben fallen. Insofern verstehe ich Sie nicht. Als Murat Kurnaz gefoltert wurde, hätten Sie dafür plädiert den USA den Krieg zu erklären? Noch immer wird in Guantanamo gefoltert.



      Die Folter an den aus Gaza verschleppten Palästinensern durch Israelis rechtfertigt Ihnen zu Folge dann wohl auch weitere Gewalt gegenüber Israel?



      Für Leser, die nicht auf einem Auge blind sind dazu:



      www.timesofisrael....al-neglect-report/

    • @AlHozo Hoto:

      "so müssten die Menschen in Gaza sich der Hamas abwenden"

      Das ist doch ausgemachter Blödsinn.

      Die Hamas hatte bevor die Tötung von Zehntausenden Zivilisten und die Flächenhafte Zerstörung von Siedlungen und Landwirtschaft durch Israel begann, nur noch wenig Rückhalt in der Bevölkerung.

      Die Kriegsverbrechen der in Teilen rechtsextremen Regierung unter Netanjahu snd ein Booster für die Hamas und alle weltweit weiteren Feinde Israel gewesen. Deren Politik ist das Schlimmste, was Israel passieren konnte und führte zu weltweiten Anfeindungen von Juden.

      Es ist dringend eine breite internationale Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung notwenig um zumindest die gröbsten Bedrohungen Israels einzudämmen.

    • @AlHozo Hoto:

      Jeder, der sich im Gaza-Streifen von der Hamas abwendet, unterschreibt sein Todesurteil. Die Hamas hat in den letzten Jahren jedes Jahr dutzende von Palästinensern exekutiert, die versuchten so etwas wie eine Opposition zu bilden. So übel es ist, aber ohne ausländisches Eingreifen hat der Gaza-Streifen keine Chance, sich aus dem Würgegriff der Hamas zu befreien.

  • Warum?



    Weil die Hamas sich weigert die Geiseln freizulassen die sie seit Monaten gefangen hält und teilweise foltert.



    Nicht dass ich Israels rücksichtsloses Vorgehen gutheisse, aber das würde nicht passieren wenn die Hamas die Geiseln freigelassen hätte.

    • @WasistnurlosindiesemLand:

      Befürchte das ist zu kurz gedacht. Der einzig mögliche Deal aus Sicht der Hamas ist Freilassung aller Geiseln gegen Abzug aller isr. Truppen. Will die israelische Regierung nicht, deren Ziel nach wie vor die vollständige Auslöschung und/ oder Vertreibung der Hamas ist. Der Glaube, die Hamas lässt alle Geiseln frei und dann gibt's auch keinen Krieg mehr, scheint mir recht naiv.

    • @WasistnurlosindiesemLand:

      Netanyahu hat gesagt, oberstes Kriegsziel ist die Zerstörung der Hamas, mit oder ohne Geiseln.

  • Das Warum ist einfach: Weil sie es können. Weil sie keiner aufhält. Weil sie nichts zu befürchten haben. Neben den vielen normalen Menschen überall, gibt es leider genug Irre, die sich nur im Zaum halten, weil sie sonst negative Auswirkungen befürchten müssen. Die immer wieder morden würden, müsste man danb nicht ins Gefängnis. Die Lügen würden, würden sich die Menschen dann nicht von ihnen abwenden. Nimmt man solchen Menschen das soziale Korrektiv, entfesselt man sie. Wer genug Geld und/oder genug Macht hat, muss nichts fürchten. Darum kann Trumpsky auch illegale Handlungen befehlen. Und Benni Menschen töten. Weil sie niemand aufhält. Und sie es wollen.



    Ich weiß auch nicht, warum solche Menschen an die Macht gewählt werden. Wir sind wohl einfach zu dumm. Und die nutzen das aus. In diesen Kreisen herrscht Anarchie. Nur wenn Du stärker bist, kannst Du den anderen zu etwas bringen. Das ist die einzige Sprache, die sie verstehen. Und man kann nicht mal auf einen schnellen Tod hoffen, denn der Nachfolger macht es nicht besser. Man kann nur auf Einsicht und Moral bei deren Gefolgsleuten hoffen, aber da kann man lange warten....

    • @Hefra1957:

      Das erschreckende ist, welche Koalitionen sich da bilden:



      Israel stimmt mit USA und Russland gegen die Ukraine www.juedische-allg...gegen-die-ukraine/

      Es wird von Außen kein starker Staat im Nahostkonflikt Frieden bringen. Im Gegenteil. Israel hat eine Card blanche und kann gegen die Palästinenser förmlich durchstarten mit noch mehr Kriegsverbrechen.

  • Danke für den Beitrag.



    Das war auch etwas das mich schockiert hat, das die Angriffe mitten in der Nacht und ohne Ankündigung stattgefunden haben. Nicht das man sich irgendwie darauf vorbereiten könnte, aber das ist... mittlerweile gibt es sowieso kaum noch Worte um das zu beschreiben was dort geschieht.

  • Hamas.