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TV-Duell zur Wahl in FrankreichMacron und Le Pen beharken sich

Bis zur zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahl sind es nur noch wenige Tage. Bei der Fernsehdebatte ging es weniger um Inhalte.

Zwischen ihnen muss am 7. Mai in Frankreich entschieden werden: Marine Le Pen und Emmanuel Macron Foto: ap

Paris ap | Die beiden französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen haben sich in einer Fernsehdebatte am Mittwochabend einen hitzigen Schlagabtausch geliefert. Le Pen beschuldigte den wirtschaftsliberalen Macron, ein Steigbügelhalter der Großkonzerne zu sein und den Ausverkauf Frankreichs zu wollen. Macron wiederum stellte die Rechtspopulistin als Protestkandidatin ohne eigene Agenda dar und warf ihr vor, Frankreich wegen ihrer Haltung gegen Muslime in einen Bürgerkrieg zu stürzen.

Keiner der beiden Kandidaten konnte den Gegner in der zweieinhalb Stunden dauernden Debatte schachmatt setzen – dass sie es aber nicht versucht hätten, kann Le Pen und Macron nicht vorgeworfen werden. Die gegenseitigen Vorwürfe kamen im Minutentakt. Es wurde klar, dass es zwischen der Rechtspopulistin und dem Mitte-Links-Kandidaten so gut wie keine Gemeinsamkeiten gibt.

Die 48-Jährige lehnte Macrons wirtschaftliche Vorschläge rundweg ab und griff ihn an, als er ihre Wirtschaftsexpertise in Frage stellte. „Sie versuchen mit mir zu spielen wie ein Professor mit einem Schüler“, sagte sie. Sich selbst erklärte Le Pen zur „Kandidatin des Volkes, des Frankreichs, das wir lieben“.

Macron warf Le Pen vor, mit ihrer Haltung gegen Muslime, Islamisten in die Karten zu spielen. „Was die Terroristen erwarten, ist Bürgerkrieg, ist Teilung, ist abscheuliches Gerede“, sagte der 39-Jährige. Die Rechtsaußen-Kandidatin hatte angekündigt, den Verband Union islamischer Organisationen in Frankreich zu schließen. Der mächtige fundamentalistische Verband soll Verbindungen zur in Ägypten verbotenen Muslimbruderschaft haben. Macron sagte, er würde „unbiegsam“ sein und den Terrorismus an jeder Front bekämpfen, ohne das Problem noch zu verschlimmern.

Während der gesamten TV-Debatte stellte Macron Le Pen als eine leere, gefühlslose Hülle dar, die von Hass und Frustration in der Bevölkerung profitiert. Macron nannte Le Pen „die Hohepriesterin der Angst“. Ihre Kampagne bestehe darin, Dreck zu werfen und der französischen Bevölkerung zu sagen „Das ist eine schreckliche Person“. Zudem sei sie auf falschen Tatsachen gebaut. „Sie (die Kampagne) lebt von Angst und Lügen.“

Vom „Parasit“ und „Börsenparkett“

Macron kam dann auf einen wunden Punkt seiner Gegnerin zu sprechen: ihrem Vater, dem Rechtspopulisten Jean-Marie Le Pen, der die Partei Front National gegründet und die Präsidentschaftswahl 2002 verloren hatte. Er war mehrmals wegen Hassreden verurteilt worden. Frankreich müsse sich von diesem System distanzieren. Die Front-National-Chefin sei ein Parasit, so Macron.

Le Pen warf dem ehemaligen Investmentbanker und Wirtschaftsminister der Regierung von Präsident François Hollande vor, Frankreich zum Börsenparkett machen zu wollen. Sie könne Macrons Ansichten nicht nachvollziehen. Zudem sagte sie, dass sich Macron, im Falle eines Wahlsieges, der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beugen würde. Frankreich würde, egal wie es komme, von einer Frau regiert werden. „Entweder von mir oder Frau Merkel“, so Le Pen.

Die Fernsehdebatte ist für die beiden Kandidaten eine der letzten Chancen, vor der Stichwahl am Sonntag noch unentschlossene Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Für diese wurde nach der TV-Debatte zumindest unvermittelt klar, zwischen welch unterschiedlichen Kandidaten sie sich am Sonntag entscheiden müssen.

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12 Kommentare

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  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Die Debatte wirft eindeutig die Demokratiefrage auf. Ist das Präsidialsystem noch haltbar in einer politisch mehrpoligen Gesellschaft, die keine herausragenden Persönlichkeiten mit einer unangefochtenen Autorität mehr hervorbringt oder vielmehr hervorbringen kann?

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Charismatische Herrschaft ist nun aber gerade *nicht* unbedingt demokratiekonform. In einer Parteiendemokratie mit Parlament sollte es nie um "herausragende Persönlichkeiten" gehen, sondern um politische Programme. Ganz im Gegenteil, Personen sollten austauschbar sein, ansonsten landet man eher in Monarchien oder modernen Diktaturen (die durchaus wohlwollend sein können, nur eben nicht demokratisch).

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @BigRed:

        Genau deshalb fordern ja einige die VI. Republik, die mit der Wahlmonarchie Schluss machen soll.

        • @82236 (Profil gelöscht):

          Jo, sorry, ich hab offensichtlich nicht sorgfältig gelesen - Sie stellten ja das Präsidialsystem in Frage.

  • Jahrzehntelang hat einem die nostalgische französische Politik im Magen gelegen wie ein überfettetes Fleischgericht. Sie tat einem schon beim Zuschauen weh. Eine scharfe Dosis Knoblauch tut jetzt gut, lieber mit einem Apéro (Gentian, Anis, Calvados...) als mit einem Wodka.

    Was mich in der Debatte sehr irritiert, sind die Berührungsängste der unpolitischen Leute gegenüber der Finanzwelt, mit denen Le Pen ihre Scheißpolitik macht und Ressentiments im Stil der NSDAP schürt. Finanzen können für gute und für schlechte Dinge eingesetzt werden, sie sind nicht per se fragwürdig.

    Marx und Engels (mit seiner Fabrik) hatten diese Berührungsängste nicht.

    Dabei gibt es exzellente Finanzexperten auf der Linken und sympathische Liberale ebenso. Mir fallen bei uns gerade Sven Giegold, Ulrike Herrmann und einige Gewerkschaftler ein. Macron muss bald punkten mit praktischen Veränderungen, die jeder spürt. Dafür braucht es dieses kritische Wissen und diese Vorschläge, vor allem viel Druck von unten.

    Nebenbei hat Macrons (relativ kleine) Bank Rothschild die Zeitung Libération vor dem Bankrott gerettet.

    Seien wir also nicht a-finanziell!

    • @Ataraxia:

      Ich bin mir sicher, dass Frau Herrmann eine deutliche Meinung zu Macron hat. :)

  • „Europe first!“ statt „France d‘abord!“ - Supra-Nationalismus statt Nationalismus

     

    Macron setzt dem von Marine Le Pen postulierten französischen Protektionismus einen europäischen entgegen: Er sei für „ein starkes Frankreich in einem starken Europa, das schützt“ („une France forte dans une Europe forte qui protège“), so Macron gestern im Duell. Als ob der Euro-Protektionismus effizienter und moralisch bessere wäre. Im Subtext hieße das also: „Ja, Mme Le Pen, Sie haben ja Recht, Frankreich muß geschützt (protégé) werden. Aber das geht nur in einem starken Europa. Ihr Programm hingegen schwächt unser Frankreich, meins stärkt es unter dem schützenden Dach Lissabon-Europas.“ „Europe first!“ statt „France d‘abord!“ Der Nationalismus wird auf die supra-nationale Ebene der Lissabon-EU gehoben, gleichsam in einen Supra-Nationalismus verwandelt. Nach dieser Logik versteht sich Macron als der bessere Patriot, der Frankreich und seine Kultur und Sprache liebt und unter dem EU-Banner alle französischen Patrioten sammeln will, gleichsam als Teilmenge der Patrioten des Abendlandes...

    • @Reinhardt Gutsche:

      Wenn ich für Europa bin, bin ich KEIN Nationalist, - ähm, vielleicht schon Supra-Nationalist - wenn Supra-Nationalismus nur ein anderes Wort für den-Nationalismus-überwunden ist.

  • "Für diese wurde nach der TV-Debatte zumindest unvermittelt klar, zwischen welch unterschiedlichen Kandidaten sie sich am Sonntag entscheiden müssen."

     

    nämlich die Wahl zwischen Pest und Cholera.

    Es ist frustrierend, das eine Abwahl der herrschenden Politik nur möglich ist, wenn man rechtsradikal wählt.

    Beides verbietet sich, aber was dann?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Buchstaben-Sparwoche bei tazens.

    "Parteifolkore" in der Maizière-Kommentar-Überschrift, heute "behaken", und keine/r merkt's?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Sie sann zu früh wach - Hörens:

       

      Das ist Neusprech - ala taz

      verhaken con beharken - &

      Schwupps - "behaken" - kerr?!

      Vllt - wahrer als wahr - gell!

      Normal.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Das kleine "r" ist drin, das kleine "l" noch nicht. Na, vielleicht liest das mal jemand von den tazens.

        Eh wurscht, gell?