TV-Debatte der US-Demokraten: Attacke auf den Jüngsten
Der Präsidentschaftsbewerber Pete Buttigieg scheint die parteiinterne Konkurrenz nervös zu machen. Besonders die Senatorin Warren ging ihn heftig an.
Buttigieg wehrte sich und gab zurück, er habe anders als Warren und weitere Mitstreiter kein großes persönliches Vermögen und könne jede Unterstützung gebrauchen. Auch andere Parteikollegen griffen ihn an. Hintergrund ist Buttigiegs zunehmende Stärke in Umfragen.
Der Bürgermeister aus South Bend im US-Staat Indiana ist mit 37 Jahren der Jüngste unter den demokratischen Präsidentschaftsbewerbern. Die derzeit in Umfragen Führenden – Ex-US-Vizepräsident Joe Biden sowie die Senatoren Bernie Sanders und Warren – haben alle ihren 70. Geburtstag bereits hinter sich.
Zum Jahresbeginn war Buttigieg auf nationaler Ebene in den USA noch weitgehend unbekannt gewesen, doch der Demokrat zog mit seiner Wahlkampagne nach und nach viel Aufmerksamkeit auf sich und fuhr zwischendurch immer wieder erstaunliche Umfragewerte ein. Im Schnitt aller Umfragen liegt Buttigieg derzeit zwar mit klarem Abstand hinter der Führungsriege – Biden, Sanders, Warren – auf Platz vier.
Im wichtigen Bundesstaat Iowa führt Buttigieg
In jenem wichtigen Bundesstaat Iowa, in dem Anfang Februar die Vorwahlen der Demokraten beginnen, bei denen die Partei ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im November 2020 festlegt, hatte Buttigieg vor wenigen Wochen in Umfragen aber die Führung übernommen. Auch beim Spendensammeln mischt er vorne mit. Das scheint bei der internen Konkurrenz für Unruhe zu sorgen.
Warren warf Buttigieg vor, er habe kürzlich eine schicke Spendensammel-Veranstaltung hinter verschlossenen Türen abgehalten, bei der Wein für mehrere Hundert Dollar pro Flasche ausgeschenkt worden sei. „Es sollten nicht Milliardäre in Weinkellern den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten auswählen“, mahnte sie. Buttigieg wehrte sich. Er sei der einzige Kandidat auf der Bühne, der nicht Millionär oder Milliardär sei, entgegnete er und warf Warren vor, in ihrer politischen Karriere habe auch sie Geld von Großspendern angenommen.
Sanders verwies ebenfalls auf die Zuwendungen von Milliardären für Buttigiegs Kampagne, allerdings weniger offensiv als Warren. Sanders und Warren rühmen sich beide damit, ihre Wahlkampfbudgets vor allem auf kleine Spenden zu gründen – davon aber in großer Zahl.
Auch die Senatorin Amy Klobuchar knöpfte sich Buttigieg vor, stellte dessen bisherige politische Bilanz in Frage und beschuldigte ihn, die Erfahrung älterer Mitstreiter nicht ausreichend zu respektieren. Buttigieg wehrte sich auch hier schlagfertig und hielt dagegen, man solle mal versuchen, „als schwuler Typ“ in einem Indiana unter dem damaligen Gouverneur, dem heutigen US-Vizepräsidenten Mike Pence, als Bürgermeister wiedergewählt zu werden. Pence ist erzkonservativ.
Er wäre der erste offen schwul lebende US-Regierungschef
Buttigieg hat einen Vorzeige-Lebenslauf, studierte an renommierten Universitäten, war als Soldat in Afghanistan im Einsatz, spricht diverse Sprachen. Doch er hat – seinem Alter entsprechend – weit weniger politische Erfahrung als seine Mitstreiter. Würde er gewählt, wäre er der jüngste Präsident in der US-Geschichte – und im Übrigen auch der erste offen schwule Regierungschef des Landes.
Obwohl andere in Umfragen insgesamt weit vor Buttigieg liegen, scheint dessen Stärke in Iowa die Konkurrenz nervös zu machen. Bei der Debatte in Los Angeles geriet er erstmals in derart geballter Form unter Beschuss seiner Parteikollegen.
Die Debatte hatte zunächst vergleichsweise friedlich begonnen – unter anderem mit einem einmütigen Konter gegen US-Präsident Donald Trump. Nach dem historischen Impeachment-Votum im US-Repräsentantenhaus forderten mehrere Demokraten auf der Fernsehbühne einhellig eine Amtsenthebung Trumps am Ende des anstehenden Verfahrens. Sie beklagten, Trump sei höchst korrupt und moralisch untauglich für das Amt.
Für die Debatte in Los Angeles hatten sich nur sieben Demokraten qualifiziert. Aus dem Bewerberfeld von insgesamt fast 30 Demokraten sind nach und nach diverse Anwärter ausgestiegen. Noch immer bemühen sich aber mehr als ein Dutzend Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei, um Trump 2020 herauszufordern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste